Chapter 22

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10 Jahre zuvor
Aiden POV

Ich saß an meinem Schreibtisch in dem kaum beleuchteten Raum und baumelte gelangweilt mit meinen Füßen.

Die weiterführende Schule war der größte Mist überhaupt. Die Lehrer waren strenger und die Mitschüler waren gemeiner. Dabei war ich gerade erst 11.

Brummend klappte ich das Matheheft zu und ließ es zurück in meine Tasche fallen. Das alles ist doch nicht notwendig.
Anstatt etwas anständiges zu lehren vergolde ich meine Zeit mit irgendwelchen Arten von Diagrammen.

Ich stand auf und öffnete das Fenster.
Die Luft war stickig in meinem Raum, denn er war nicht sonderlich groß, und durch die grauen Wände kam es mir vor wie in einem Gefängnis.

Das Fenster schien wie der einzige Kontakt mit der Freiheit, die da draußen auf mich wartete.
Doch so leicht bekam man sie nicht.

Wir wohnten im 5. Stock eines abgeranzten Blocks und ich hatte noch keinen Weg gefunden, all die Stockwerke unter mir herunter zu klettern.

Gerade als ich mich in meinen Gedanken verlor, hörte ich einen lauten Rums.
Sofort zuckte mein Körper zusammen und ich wandte meinen Blick zur Tür.

Im Gang waren Schritte zu hören, die lauter und lauter wurden und an meinem Zimmer vorbei ins Wohnzimmer polterten.

Ich wusste, was jetzt folgte. Mir war diese Routine durchaus bekannt, doch noch nie hatte ich mich getraut, einen Schritt rauszuwagen.
Noch nie hatte ich mich getraut, etwas zu unternehmen.
Doch wie soll es nur weitergehen, wenn man sich einfach diesem gnadenlosen Alltag hingibt?
Wenn man sich einfach anpasst und nicht weiter auffällt?

Ich spürte die Tränen, die sich in meinen Augen sammelten.
Sie liefen vereinzelt meine Wange runter, als ich seine Stimme durch die Wohnung schallen hörte.
Er schrie.
Ich verstand nicht, was er schrie, denn er leierte aufgrund seines Alkoholkonsums sehr, doch ich wusste, auf was es hinaus lief.

Das Wimmern meiner Mom drang in mein Ohr und riss mein Herz erneut in zwei. Vor meinem inneren Auge sah ich, wie seine Hand aufblitze und in der Realität hörte ich, wie sie auf meine Mom traf.

Ich zuckte erneut zusammen.
Mein Herz quälte sich mit der Angst, mein Verstand mit der Unwissenheit.
Was soll ich tun?
Wenn mir doch nur einer eine Antwort darauf geben könnte.
Wenn mir doch nur einer sagen könnte, was verdammt nochmal ich tun soll.

Meine Beine ließen nach und ich sank auf den harten Boden. Ein weiterer Schlag folgte, ein weiterer Schrei schallte und eine weitere Träne fiel.
Ich betrachtete meine zitternden Hände.
Sie waren so klein, so schwach, doch das durfte ich nicht sein.

Ich musste stark sein, für Mom. Für meine hilflose und diesem Monster verfallende Mom.
Mühselig raffte ich mich auf und schlich zur Tür, die ich einen Spalt weit öffnete.
Das Geschrei wurde lauter, genauso wie das Getrampel und die Schläge.

Stark sein, wisperte mein Unterbewusstsein. Ich griff nach der Lampe, die gegenüber auf der Kommode stand.
Nur einmal stark sein.

Schritt für Schritt schlich ich den Flur entlang, mein Herz schlug mir bis zum Hals.
Als ich im Türrahmen stand erkannte ich meine Mom, die weinend und flehend vor meinem Dad kniete.

Weitere Tränen liefen meine Wange herunter.
Wo ist meine Mom? Wo ist diese Frau, die sonst so stark wirkte?
Wie kann sie einem Monster wie ihm verfallen, welches so grausam und demütigend ist?

Mein Dad holte erneut aus, doch ich konnte es nicht länger ertragen.
Meine Angst zog all meinen Mut mit sich und ich schleuderte die Lampe gegen den Kopf meines Vaters. Meines persönlichen Monsters.

Es reichte nicht, um groß etwas auszurichten, doch es verschaffte Zeit.
Ich rannte zu meiner Mom, flehte sie an, uns zu retten.
Und in Kürze griff sie meine Hand und zog mich mit sich.

Ich sah verschwommen, alles um mich herum war verschwommen. Ich rannte und rannte, wohin auch immer.
Doch auch wenn ich die eine Hölle verließ, musste mich das Leben schon in die nächste schicken.

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Das Kapitel widme ich @ein_hoernchen, weil sie mich seit ziemlich langer Zeit supportet und ich dafür sehr dankbar bin

Ich hoffe, es hat euch gefallen, auch wenn mein Buch zunehmend düster und traurig ist.

Daddy's  Home 2 *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt