Kapitel 6 - die Klamotten

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Kageyama stand auf und wollte gerade zum Schreibtisch laufen, wo er das andere Glas Orangensaft abgestellt hatte, doch dann drehte er sich wieder um, lief zu mir und ging in die Hocke. "Bevor ich das vergesse.. ", sagte er und krallte seine Hand wieder in meine Haare. Er zerquetschte förmlich meinen Kopf. "Auu, es tut mir leid, hab ich auch vorhin schon gesagt", sagte ich quälend hervor. "Dann sag es nochmal", meinte er und quetschte weiter. "Hab ich doch gerade! Wie oft soll ich es noch sagen?!"
"Bis dir die Zunge davon abfällt"
"Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut.."
"Sei still, verdammt nochmal", unterbrach Kageyama mich.
"Aber du hast es doch gesagt", sagte ich.
"Das war nicht ernst gemeint, du idiot"
"Du machst kein Sinn"
"Deine Reaktion vorhin machte keinen Sinn".
Stille.
Er hörte auf, meinen Kopf zu zerdrücken und lief zu dem Glas. Er überreichte es mir, was ich dann auch dankend annahm, obwohl ich nicht mal ansatzweise Durst habe, doch ich hatte keine Lust, auf eine weitere Auseinandersetzung mit ihm. Also trank ich schweigend einen Schluck aus dem Glas. Es schmeckte süßlich und erfrischend. "Ich hol mir auch ein Glas, weil JEMAND schuld daran ist, dass ich keins mehr habe", er betonte das 'jemand' extra und lief Richtung Tür. "Maaan, wie oft willst du noch drauf rumnörgeln", meinte ich. Doch er antwortete nicht, da er schon hinter der Tür verschwunden war. Ich seufzte. Warum muss das Leben nur so anstrengend sein?
Als er zurück kam, setzte er sich mit seinem Glas auf das Bett. Ich saß weiterhin auf dem Boden. Ich spürte seinen Blick auf mir hängen und merkte wie er mich musterte. Plötzlich hörte ich ein leises Lachen. Ich schaute zu ihm rüber und sah, wie er versuchte, sich sein Lachen zu verkneifen. "Was? ", fragte ich nur. Was ist jetzt schon wieder mit ihm los? Erst war er komplett sauer auf mich und jetzt lacht er aus irgendeinem Grund.
"Da du mich vorher echt angepisst hast, habe ich gar nicht gemerkt, wie komisch du eigentlich in meinen Sachen aussiehst", sagte er und lachte diesmal laut auf, "so ein kleiner Zwerg in großen Klamotten".
"Tz, so schlimm sehe ich doch gar nicht aus", murmelte ich und schaute an mir runter. Das schlichte, weiße T-shirt ging mir bis zu den Knien und rutschte ständig an der Schulter runter. Meine Beine konnte man durch die breite Jogginghose nicht mehr erkennen. In diesen Klamotten sah ich förmlich aus wie ein Sack.
Kageyama lachte weiterhin. Es ging mir auf die nerven, wie er sich so über mein Aussehen amüsiert. Also stand ich auf und lief zum Heizkörper, um zu gucken, ob meine Klamotten noch nass sind. Ich fühlte den Stoff mit meiner Hand und merkte, dass es noch etwas feucht ist, aber nicht so extremst wie vorher, was eigentlich klar ist, durch die ganze Wärme, die der Heizkörper ausstrahlte. Behutsam zog ich Kageyamas T-shirt aus und nahm meinen Pulli von der Heizung zur Hand. Kageyama hörte auf zu lachen. "Hey, warte, was machst du", sagte er und schaute mir zu, wie ich meinen Pulli wieder anzog. Ich antwortete nicht.
"Hör auf, es ist noch nicht ganz trocken. Oder willst du etwa eine Erkältung?! ", gab Kageyama von sich und stand auf. Er tastete meinen Pulli am Rücken ab, wodurch ich durch seine plötzliche Berührung zusammenzuckte. "Es ist immer noch nass, lass es noch ein bisschen auf der Heizung liegen", meinte er. Doch ich schüttelte den Kopf und deutete nach draußen. "Es hat aufgehört zu regnen, ich gehe", sagte ich. Kageyama seufzte schon wieder, gefühlt zum tausendsten mal an diesem Tag. "Nicht meine Schuld, wenn du dich erkältest", schnaubte er und ließ mich umziehen. Es ist mir trotzdem unangenehm, mich vor Kageyama umzuziehen, obwohl ich das öfter mache in der Umkleidekabine. Doch das hier ist nicht die Umkleidekabine und ich bin auch der einzige, der sich umziehen tut, vor allem vor jemand, für den ich starke Gefühle empfinde. "Jaja", gab ich zurück.
Schließlich hab ich mich fertig umgezogen und lief die Treppen runter, begleitet von Kageyama. Unten an der Haustür nahm ich meine Tasche, die ich unten stehen lassen habe. Dann drehte ich mich zu Kageyama. "Danke.. Dass du mich da gelassen hast und.. Nochmals, Entschuldigung", sagte ich und verbeugte mich leicht. "Jaja", meinte Kageyama und öffnete mir die Tür, um mir zu deuten, dass ich gehen kann. "Bis morgen", sagte ich und lächelte. Danach lief ich in die frische Luft. Hinter mir hörte ich noch ein leises "bis morgen", ehe sich die Tür schließte.
Ich nahm mein Fahrrad, welcher auch schon etwas trocken war und machte mich auf den Weg nach Hause...

Ein stechender SchmerzWhere stories live. Discover now