Kapitel 18 - Camilla

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Am nächsten Tag schlenderte ich mit gesenktem Kopf zum Training.
Als ich in der Umkleidekabine ankam, merkte ich, dass ich der Erste war. Ich zog mich schnell um und schlüpfte in meine Turnschuhe, nachdem ich die Knieschoner hochzog. Danach nahm ich meine Wasserflasche und lief in die Halle.
Wie gesagt, ich war der Erste, deswegen war niemand da.
Also nahm ich paar Bälle und übte den Aufschlag, da er mir immer noch nicht wie gewollt gut gelang.
Während ich ausholte, stellte ich mir vor, dass der Ball Kageyamas Gesicht wäre. "Idiot", zischte ich und schlug mit voller Kraft auf den Ball, welcher dann mit hohem Bogen über das Netz flog und im Spielfeld landete. Zufrieden nickte ich und lobte mich innerlich, wie schön er doch geflogen sei.
Plötzlich hörte ich jemanden klatschen. Blitzschnell drehte ich mich zur Tür um, wo ich Kageyama und dieses Mädchen von gestern stehen sah. "Das sah voll cool aus!", meinte das Mädchen begeistert und lief auf mich zu, während Kageyama hinten blieb.
Das Mädchen nahm meine Hand und fing sie aufeinmal kräftig an zu schütteln. "Du bist doch im selben Team wie Kageyama. Ebenso hab ich dich gestern auch gesehen, als du Kageyama zu dir gerufen hast. Warte, wie war dein Name noch gleich? Hintana?"
"Hinata.", korrigierte ich sie, immer noch verwirrt, dass sie meine Hand einfach so nahm, ohne das ich das überhaupt wollte.
"Ah ja stimmt! Ich bin Camilla, die Freundin von Kageyama", sagte sie.
Die Freundin von Kageyama. Aha.
Endlich ließ sie meine Hand los, welche sie fast zusammengequetscht hatte. Leicht streichelte ich über meine Hand und sah, wie auch langsam die anderen kamen. Sofort stürmte Camilla zu den anderen und schüttelte jedem die Hand, während sie sich vorstellte.
Sie ist zwar hübsch, aber total energetisch - obwohl ich selber nicht gerade besser bin.
Aber sie passte einfach Null zu Kageyama und am Liebsten würde ich es ihr auch direkt ins Gesicht spucken.
Kageyama wäre sogar besser bei mir aufgehoben.
Eifersucht machte sich in mir breit, mit einer Mischung aus Enttäuschung, Einsamkeit und Traurigkeit.
Er hatte es wirklich getan, wie er es gestern versichert hatte. Er hat ihr eine Chance gegeben und gesagt, es wäre besser für uns beide, was ich einfach überhaupt nicht verstehen kann. Was wäre besser daran, wenn die Person, die du liebst, vor deinen Augen mit jemand anderen zusammen ist?
Dadurch verschlimmert sich der ganze Gefühlswahnsinn in mir umso mehr.

Während dem Training saß Camilla hinten auf einem Klappstuhl und schaute zu. Sie wollte unbedingt dabei sein und zu sehen, wie ihr ach so toller Freund seine ach so tollen Bälle schlägt.
Kageyama schien es nichts auszumachen, während es mir so vorkam, als würde sie uns allen Löcher in die Hinterköpfe starren.
"Hinata!", hörte ich plötzlich Daichis Stimme schreien und keine Sekunde später landete mir ein Volleyball im Gesicht. Als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich viele rote Tröpfchen auf dem Boden. Ich fasste mir an meine geschwollene Nase, welches sehr weh tat, und bemerkte etwas fließen. Blut?

Den Rest des Training durfte ich hinten neben Camilla verbringen, da die Anderen meinten, ich solle mich verschonen, damit nicht noch was geschah. Also saß ich, mit totaler mieser Laune und einem Taschentuch an meiner Nase, neben einem Mädchen, welches ich nicht ausstehen kann, und die mich auch noch mit vielen unnötigen Zeugs vollabern, dass mich einfach null interessiert. Was fällt der eigentlich an, mit mir zu tratschen, während ich andere Probleme im Kopf habe?
"Und dann hat sie mir vorgeworfen, dass ich ihren Nagellack gestohlen habe..", erzählte sie, doch weiter kam sie nicht, denn ich unterbrach sie:" Darf ich dir mal was sagen?".
Sie schaute verwirrt durch die plötzliche Unterbrechung, da ich bis jetzt nichts gesagt habe.
"Eh.. Ja klar", sagte sie. "Das interessiert mich alles nicht", sagte ich, mit einer neutralen Tonlage. Für einen kurzen Moment hielt sie inne, doch dann funkelte sie mich wütend an. "Du egoistischer Zwerg", hauchte sie mir zu. Ich lachte nur auf. "Du bist doch genauso groß wie ich, prinzesschen", warf ich ihr an den Kopf.

Auf einmal kamen meine Teamkameraden auf uns zu, was wohl bedeutet, dass sie eine kurze Pause haben. Kageyama kam auf sie zu und Camilla schmiss sich an seinen Hals. "Hinata war böse zu mir", sagte sie gespielt verletzt. Will die mich komplett verarschen? "Ich hab ihr nur gesagt, dass mich ihr Gelaber nicht interessiert", zischte ich. Kageyama ließ sie los und funkelte mich an. "Du brauchst dich jetzt nicht so aufführen, nur weil du nicht das bekommst, was Camilla hat".
Ein Schlag direkt ins Herz. Damit hat er sich selber gemeint.
Jedes blinde Schwein kann doch sehen, dass sie ihre Beziehung mit Kageyama nicht ernst meint! Sie war wahrscheinlich schon mit so vielen unzähligen Typen im Bett und möchte nun auch Kageyama dahin bekommen.
Camilla merkte wohl meinen entsetzten Gesichtsausdruck, denn sie zog Kageyama am T-shirt zu sich runter und küsste ihn. Kageyama war überrumpelt, von dem plötzlichen Kuss, machte aber dann auch mit, als er realisierte, dass dies normal für Paare war.
Hinter mir hörte ich Tanaka und Nishinoya pfeifen. Egal, wie sehr ich sie alle auch lieb habe, in diesem Moment wollte ich ihnen alle einfach nur ins Gesicht klatschen.
"Sucht euch ein Zimmer", raunte ich nur, nahm meine Wasserflasche und verließ die Halle.
Das Training war zwar noch nicht vorbei, aber ich wollte einfach nur noch nach Hause...

Ein stechender SchmerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt