Kapitel 22 - lüg nicht

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Eigentlich wollte ich gleich in der ersten Pause zu Kageyama rüberschlendern, um ihn nochmal klar und deutlich zu machen, dass er lieber die Finger von Camilla lassen sollte. Sie würde ihn nur mit ihrem miesen Charakter beschmutzen.
Leider war er aber zu beschäftigt mit ihr, weshalb ich beschloss, es nach dem Training zu versuchen.

Nachdem wir hart trainiert haben und in die Umkleide gehuscht sind, zog ich mich blitzschnell um, während Kageyama neben mir sich Zeit lässt. Als ich fertig war, setzte ich mich auf die Bank und beobachtete ihn.
"Wollen wir zusammen nach Hause laufen?", fragte ich ihn vorsichtig, wollte aber trotzdem gelassen wirken. "Warum", fragte er und zog seinen Pullover drüber, sodass ich nicht mehr seinen Oberkörper betrachten konnte. Er nahm eine Kette aus seiner Tasche und legte sie sich um den Hals. Ich schätze mal, dass ist die Kette, die Camilla ihm am Samstag gekauft hatte. Die Kette war silber und hatte einen kleinen Anhänger, welcher rundlich war. Ein 'C' wurde in diesen Kreis eingraviert, was höchstwahrscheinlich den Anfangsbuchstaben von Camilla darstellen soll.

Ich zuckte mit den Schultern. "Bisschen reden", murmelte ich. Kageyama gab ein lautes Seufzen von sich, welches man als 'du bist nervig' interpretieren konnte.
Doch er lehnte es nicht ab, weshalb ich den Beschluss zog, dass er mit mir laufen würde.
Ich wartete bis er fertig war und schließlich liefen wir dann gemeinsam los mit meinem Fahrrad daneben.

Es herrschte ein stilles, unangenehmes Schweigen. Man hörte nur die Vögel zwitschern und den leichten Wind wehen. Man konnte keine Autos und Menschen weit und breit sehen, da wir gerade durch eine enge Gasse liefen, was als kleine Abkürzung diente.
"Wie läuft es so mit Camilla?", fragte ich vorsichtig, um erstmal in das Gespräch reinzukommen, damit ich nachher meine Meinung sagen konnte.
"Gut", murmelte er nur gelassen. Er hatte wahrscheinlich nicht gerade große Lust mit mir zu reden, aber das interessierte mich nicht im Geringsten.
"Weißt du, Camilla kam heute morgen zu mir und wollte mit mir reden", sagte ich.
"Aha", gab er desinteressiert von sich.
Ich redete weiter:" sie hat mich geküsst".
Als erstes gab Kageyama keine Reaktion von sich, doch dann fing er lauthals an zu lachen. Ich schaute ihn mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an und verstand die Welt nicht mehr.
"Spar dir diese Lüge", sagte er und wischte sich eine Träne weg, die beim Lachen entschanden ist.
Sofort blieb ich stehen. "Ich lüge nicht", fauchte ich ihn an, doch man konnte von seinem Gesicht aus deuten, dass er mir nicht glaubte.
"Du willst mich und Camilla doch nur auseinander bringen", sagte er und blieb vor mir stehen. Ich blickte ihn direkt ins Gesicht, was er gleich tat.
"Das stimmt wirklich, aber das heißt immer noch nicht, dass ich lüge!", zischte ich ihn an.
Er verschränkte seine Arme vor seiner Brust. "Ach ja?", sagte er nur.
Ich wurde sofort sauer. Er glaubt einer Nutte, mit der er gerade mal paar Tage zusammen ist, mehr, als seinem Freund und Partner im Volleyball.
Ich packte ihn nicht gerade sanft am Kragen und fauchte:" Hör auf, dich wie ein Blinder zu verhalten und öffne endlich deine Augen, um der Wahrheit ins Gesicht zu blicken! Camilla ist nicht die unschuldige, unter der du sie vorstellst".
Er schüttelte meine Hand ab und richtete seinen Pullover. "Auf jeden Fall unschuldiger als du", sagte er sauer.
Meine Brust zog sich zusammen und ich musste mich zurückhalten, nicht loszuheulen.
Ich schaute ihn nochmal mit einem traurigeren Blick an und sagte:" Echt schade, dass du ihr mehr glaubst, als deinem Freund". Die erste Träne lief meine Wange herunter, aber ich wischte sie schnell wieder weg.
Schließlich stieg ich auf mein Fahrrad und fuhr schnell weg.
Ich ließ Kageyama alleine da stehen und suchte schnell das Weite, was mich aber nicht interessierte. Nur an den Schmerz im Herzen und an die Tränen in den Augen, die mir die Sicht verschwommen zeigten, konnte ich denken...

Ein stechender SchmerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt