Kapitel 5

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Chans Eltern kamen von der Arbeit zurück und fanden ihre Kinder im Wohnzimmer vor. „Danke, dass du dich immer so gut um Hannah und Lucas kümmerst", sagte sein Vater zu ihm. Der blonde Junge lächelte. „Das mache ich doch gerne, das wisst ihr doch". Hannah hatte ihren Kopf auf seine Schulter gelegt und kämpfte mit der Müdigkeit. Sie war während des Filmes so müde geworden und wollte am liebsten schlafen. „Das war ein toller Film", meinte Lucas zu Chan, bevor er aufstand und den Fernseher ausmachte. „Ja, davon gibt es sogar einen zweiten Teil. Wenn du willst, können wir den morgen anschauen." Lucas Augen fingen an zu glänzen. Das hat er überhaupt nicht gewusst.Dann hat er eine Sache über die er sich morgen freuen wird. „Ich mache Abendessen", rief seine Mutter aus der Küche. „Soll ich dir helfen, Mom?", fragte Chan, während er merkte, dass Hannah fast neben ihm einschlief. Sanft strich er über die Haare, worauf Hannah ihre Augen schloss. „Danke aber das brauchst du nicht." Hannah kuschelte sich in ihren Bruder ein. „Mom, ich glaube, ich bringe Hannah ins Bett. Sie schläft mir hier gleich ein". Sanft zog er seine Schwester auf seinen Schoß, um sie in Brautstil hoch zunehmen. Hannah murmelte etwas und machte die Augen auf. „Hm?". Chan lächelte sie an. „Ich bringe dich ins Bett, Honey".

Sie schloss ihre Augen wieder und lächelte. Als seine Mutter die beiden sah, musste sie ebenfalls lächeln. Chan ist ein guter großer Bruder. Wie er sich immer um seine kleinen Geschwister kümmert, ist rührend. Es gibt nicht viele große Brüder, die so waren wie Chan. Viele ignorierten einfach ihre Geschwister oder haben immer Streit mit ihnen. Nicht Chan. Man sah ihm an, dass er seinen Bruder und seine Schwester über alles liebte und das zeigte er ihnen jeden Tag, indem er seine Zeit für die beiden schenkten. „Was ist mit Abendessen?", fragte seine Mutter.„Ich glaube Hannah hat keinen Hunger, ich komme dann gleich". Er spürte wie Hannah die Arme um seinen Hals legte, wie süß sich bei ihm einkuschelte. Chan stieg die Treppen hoch und lief mit seiner kleinen Schwester im Arm in ihr Zimmer. Es war in einem sanften Hellblau gehalten und an den Wänden hingen ganz viele Sterne, die in der Dunkelheit leuchtete. Es war dabei dunkel zu werden und bald würde Hannahs Zimmer von den vielen kleinen Sternen erhellt werden. Chan legte sie sanft in ihr Bett, deckte sie zu und küsste sie auf die Stirn. Er wusste, dass sie später nochmal aufwachen wird, weil sie noch in ihren Klamotten steckte und Zähneputzen musste. Chan ging runter und wartete geduldig, bis das Essen fertig ist und aß dann mit seiner Familie, worauf er dann später selbst ins Bett ging.

Während er sich auszog, sah er wieder seine ganzen heilenden Blutergüsse und die neuen, die er sich in der Nacht hinzugefügt hat. Er fuhr sanft über die verletzte Stelle und zuckte kurz auf. Sie taten weh. Es tat alles weh. Je mehr Chan auf seine Verletztheit an seinen Körper sah, desto mehr dachte er wieder an Selbstmord nach. Würde man auch sterben wenn man sich tot prügelte? Selber? Bei anderen ging es doch auch. Es gab so viele Videos, die das zeigten, wie Leute blutend auf den Boden lagen, ringend um Atem, wie sie langsam sterben wegen den anderen. Das Internet ist voll davon. Man muss nur suchen und das hat Chan gemacht. Er sah andere Leuten beim Sterben zu. Nicht, weil er Gefallen hat, sondern weil er sich mit ihnen identifizieren kann. Dieselben leeren Augen, die er selber auch hatte. Er wollte wie die ganzen Leute einfach sterben. Seine Gedanken ließen ihn nicht schlafen und er plante weiter seinen Selbstmord. Auch wenn er wusste, dass in den Zimmer neben ihm Menschen schliefen, die ihn über alles liebten. Chan blendete alles aus. Er konnte nicht an die anderen denken, nicht, wenn er immer an seinen Tod denken muss.

Verprügeln würde viel zu lange dauern und Chan wollte am liebsten schnell sterben. Schlaftabletten hatte er auch keine. Ersaufen? Nein, es gab keinen See in der Nähe. Wie wäre es mit Bleichmittel? Chan hat im Internet auch gesehen, dass viele Bleichmittel getrunken haben, um zu sterben. Das würde schnell gehen. Wäre zwar sehr schmerzhaft, weil die Organe dank der Chemikalien darin sich auflösen aber Chan riskierte es. Morgen früh wird er in ein Supermarkt gehen und welches kaufen. Er muss ebenfalls etwas anderes kaufen, damit es nicht aussieht, als würde er sich umbringen wollen. Chan würde es auch nicht sofort machen, nachdem er das Bleichmittel gekauft hatte. Er wollte noch eine Weile mit seiner Familie verbringen, bevor es ihm bald nicht mehr gibt.

Bevor die Schule anfing, lief Chan also erstmal in den Supermarkt, der auf dem Weg lag. Chan war nervös und hatte Angst, dass man ihn fragen wird, wieso er Bleichmittel kaufen wird. Er wird dann sagen, dass es für seine Mutter sein. Ja, so wird er es machen. Chan wusste von vorigen Besuchen im Supermarkt, wo die Reinigungssachen standen. Sobald er den Gang erreichte, stieg ihm ein schwacher Duft an Waschmittel in die Nase. Der Australier schaute jedes Regal an.Weichspüler, Duftspray, Spülmittel, Bleichmittel. Da war es. Nervös bückte sich Chan nach unten, um es aus dem untersten Regal rauszuholen. Das Gefäß war weiß und schwer. Es war viel Bleichmittel drinnen. Wie viel davon muss er davon trinken? Chan wird es schon merken, wenn die Schmerzen anfangen werden. Um seinen Plan weiterzuführen, nahm er auch ein Zitronenspülmittel aus dem Regal gegenüber raus, sodass es aussah, als würde er nur Erledigungen von seiner Mutter aus machen.

Chan atmete tief durch und ging mit den Sachen in der Hand durch die Gasse. Es waren nicht viele Leute im Supermarkt aber Chan hatte Angst, dass die wenigen Menschen ihn anschauten. Besser gesagt das Bleichmittel. Wussten sie, dass man sich damit wunderbar umbringen konnte? Hoffentlich nicht. Was auch immer. Nur noch an die Kasse und dann weg. Er muss es dann so schnell wie möglich in seinen Rucksack verstauen, damit niemand es in der Schule sehen wird. Wobei einpaar aus der Klasse schon tuschelten, dass er sich früher oder später umbringen wird. Freaks bringen sich immer um.

Er sah die Kasse schon von weitem. An ihr stand ein junger Mann und scannte gerade Waren ein. Je näher Chan der Kasse kam,desto besser konnte er ihn erkennen. Chan hatte ihn noch nie hier gesehen. Musste wohl erst angefangen haben hier zu arbeiten. Er sah recht jung aus. So jung, dass er eigentlich eher in die Schule reinpasste, anstatt hier im Supermarkt. Dann war Chan an der Reihe und legte die Sachen auf den Tresen. „Hallo", begrüßte ihn der Junge gegenüber ihm und Chan erwiderte es lächelnd. Dann sah er ihm richtig ins Gesicht. Der hübsche Junge hatte strahlend schwarze Haare und große dunkle Augen. Aber das was Chan am meisten auffiel, war die große waagrechte Narbe an seinem Hals. Sie ging seinen ganzen Hals entlang. Der Junge musterte Chan aufmerksam, während er das Bleichmittel und das Spülmittel einscannte und dann den Preis aufsagte. Chan kramte das Geld aus seiner Hosentasche und sah, wie der Junge den fertigen Kassenzettel aus dem Zettelgerät riss und zu einem Kulli griff, um etwas auf den Kassenzettel zu schreiben . War etwas nicht in Ordnung? Chan hob die Braue. Scheinbar schon, denn der Junge schenkte ihm ein warmes Lächeln. „Vielen Dank, für den Einkauf", bedankte er sich und wünschte Chan einen schönen Dank, bevor er ihm den Kassenzettel aushändigte.

Während sich Chan von der Kasse entfernte, konnte er endlich einen Blick auf das geschrieben des Jungens erhaschen. Dort stand:

„Bitte, bring dich nicht um".

Gut, der Cliffhanger ist da. Jetzt kann ich ja für heute mit Hochladen aufhören :) 

Cry for me, Chan (Hyunchan FF)Where stories live. Discover now