Kapitel 37

1K 93 39
                                    

Weiteres Blut tropfte aus Chans Nase und seinen Mund. Seine Lippen waren in leuchtend rotes Blut getränkt. Das Blut an seiner Schläfe trocknete langsam. Solange seine beiden Geschwister mit Anrufen beschäftigt sind, wird er sich weiter den Kopf zertrümmern. Sein Handy liegt nämlich in sein Zimmer und das sind ein paar Sekunden, die er sich für alleine haben konnte. „Meine Pin ist 0325. Geht schon....Hanna und Lucas? Ich hab euch lieb". Ein letztes warmes Lächeln auf Chans verletzten Lippen. Eines was aus seinem Herzen kommt, der letzte Funken, der ihn bis jetzt warm gehalten hatte. Er liebte seine kleinen Geschwister. „Bitte sagt Mom und Dad, dass ich sie auch liebe", sagte Chan. „Verabschiede dich nicht von uns....bitte", wimmerte Hannah, als sie wirklich realisiert hatte, dass sich Chan das Leben nehmen wollte. „Hannah? Du holst sein Handy, ich warte hier". Hannah nickte und rannte los. Wieso konnte Lucas nicht einfach gehen? „Ich gehe hier nicht weg, Chan",sagte er zu seinem Bruder und strich die Badezimmertür. „Ich lasse dich nicht sterben".

Egal. Dann muss Lucas hören, wie er sich den Kopf zertrümmert. Der blonde Junge wollte nicht, doch wenn Lucas nicht das tat, was er wollte, dann wird er eben die Konsequenzen spüren müssen. Er würde seinen großen Bruder beim Sterben zuhören. Chan lies seinen Kopf wieder an die Waschebeckenkante sausen. Lucas hörte den dumpfen Schlag und spürte, wie sein kleines Herz zerbrach. „Hör auf, Chan. Ich bitte dich", schluchzte er gegen die Tür. Er kann es so oft sagen, wie sein Kopf es von ihm verlangte, Chan wird es garantiert nicht machen. Nochmal dieselbe Prozedur und Chan fühlte sich schwindelig. Der Australier lächelte. Bald wird er sterben. Er konnte es spüren.

Hannah kam mit dem Handy in der Hand und gab es Lucas. Er entsperrte es und wollte Hyunjin anrufen, doch er fand ihn nicht. „Hast du seine Nummer gelöscht?", fragte er Chan. „Nein....er steht unter M..."Chan hatte nicht viele Kontakte und unter M stand auch nur einer: My angel <3. Chanhing noch an Hyunjin...Lucas rief die Nummer an und Hyunjin ging ran. „Chan?". Lucas schaute immer noch auf die Badezimmertür. „Nein, hier ist Lucas...Chan will sich gerade umbringen..bitte komm schnell her. Wir können ihn nicht davon abhalten..bitte ruf nicht den Notdienst.....nur komm bitte". „Bin schon dabei".

So gerne Hyunjin den Notdienst alarmiert hätte und er womöglich so Chan beim Sterben half, machte er es nicht. Er weckte seine Tante auf, die immer früh ins Bett geht und bat sie, ihn zu Chan zu fahren. Sie fragte nicht nach, als Hyunjin erzählte, dass sein Exfreund versucht sich das Leben zunehmen. Sofort musste sie an ihren Neffen denken, der auch mal in der Situation war. Deswegen rannte sie im Nachthemd mit Hyunjin zum Auto und fuhr los. Jetzt zählten Sekunden. Chan könnte jeden Moment sterben. Hyunjin hatte große Angst um ihn. „Fahr schneller, Chunhei", bat Hyunjin seine Tante. Er bettelte sie an, wollte Chan bloß nicht an den Tod verlieren. Nicht den Jungen, den er so sehr liebte. 

Dann endlich erreichten sie Chans Haus und Hyunjin rannte los, stolperte fast, weil er so schnell war und klingelte sturm. Weitere Sekunden verstrichen, wo Chan alleine gegen sich kämpfte. Lucas machte die Tür auf. Kaum offen, rannte Hyunjin rein und dann die Treppen hoch. Berry lag an der Tür und winselte. „Chan? Komm bitte da raus, sonst rufe ich den Notdienst an!" Das war der eigentliche Grund, wieso Hyunjin erst gar nicht den Notdienst zuhause angerufen hatte. Damit er ihn erpressen konnte. Hyunjin wusste, dass Chan sonst nicht aus dem Badezimmer kam. Würde er auch nicht, wenn er in Chans Zustand wäre. Damals hatte es Ewigkeiten gedauert, bis er die Tür für seine Tante geöffnet hatte und sie das ganze Blut am Körper ihres Neffen gesehen hatte. Daran will Hyunjin nicht denken. „Ich schwöre dir, ich rufe nicht nur den Notdienst an, ich rufe deine Eltern auch an, wenn du nicht sofort aufmachst..und ich trete die Tür ein!". Hannah schaute ihn geschockt an. Würde Hyunjin wirklich die Tür eintreten? „Jagiya...bitte", sagte Hyunjin sanft.

Dann endlich machte Chan die Tür auf.

„Bleibt bitte draußen, okay? Ich rette Chan, versprochen." Die beiden Geschwister hofften, dass dieser Junge Chan von seinem Selbstmordversuch aufhalten konnte. Lucas musste an das denken, was Chan gesagt hatte. Seine letzten Worte. Nein, es werden nicht seine letzten Worte sein. Er wird sich noch so viel mit Chan unterhalten. Tage. Wochen. Monate. Jahre. Es wird hier nicht enden.

Hyunjin sah, dass Chan ganz wackelig auf den Beinen war. Sein Kopf blutete und seine braunen Augen waren nur noch halb geöffnet. „Ich will sterben", brachte Chan kraftlos hervor. Seine Körper sackte in sich zusammen. Bevor er zu Boden stürzte fing Hyunjin ihn auf. „Ich will sterben". Der schwarzhaarige Junge fiel mit Chan auf die Knie und drückte ihn fest an sich. „Alles wird gut, Jagiya". Hyunjin küsste ihn sanft auf die blonden Haare. „Ich will nicht mehr hier sein", wimmerte Chan, während die ersten Tränen flossen. Zitternd legte er die Arme um seinen Engel. Hyunjin küsste Chans Tränen weg. „Bitte bring mich um", flehte Chan ihn an. Er wird ihn garantiert nicht umbringen. Er wird ihn nicht gehen lassen. Nie wieder. Egal was kommt. Er wird bei ihm bleiben.„Bitte...Hyunjin". Chan drückte seinen blutenden Kopf an Hyunjins Brust. Er konnte spüren, wie sehr Chan zitterte. Weitere Tränen verließen Chans geschwollene Augen. „Nein, ich lasse dich nicht gehen, Jagiya...ich liebe dich, okay? Ich liebe dich zu sehr, um dich gehen zu lassen. Ich will noch mehr Zeit mit dir verbringen, dich küssen, dich umarmen, dich glücklich machen also bitte, bleib bei mir". 

Chan weinte immer noch an Hyunjins Brust und es hörte nicht auf. Er weinte weil er mit dieser beschissenen Krankheit namens Depression lebte. Er weinte, weil er seiner Familie und Hyunjin so viel Leid angetan hatte. Er weinte auch, weil er sich nicht helfen lassen wollte und so gegen seine Krankheit ankämpfte anstatt sich davon fertig machen zu lassen. Er weinte aber vor allem, weil er Hyunjin liebte. Er liebte diesen Jungen, seinen Engel, so sehr, dass er um ihn weinte. Er schenkte ihm seine ganzen Tränen, weil er wusste, dass Hyunjin dann bei ihm bleiben wird und ihn tröstet. „Es tut mir Leid", wimmerte Chan und schaute Hyunjin an. Schaute in die Augen, die auch einmal tot und leblos waren. Wie seine jetzt. In Hyunjins Augen durchflutete Leben und Hoffnung. Chan wollte nicht länger auf diese Monster in seinem Kopf hören. Er will wie Hyunjin gegen sie ankämpfen, damit er wie Hyunjin sein kann. Ein Kämpfer.

„Ich liebe dich auch....", sagte Chan leise während er Hyunjin einen zerbrechlichen  Kuss auf den Mund gab.

Mein Lieblingskapitel <3 *-*

Cry for me, Chan (Hyunchan FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt