Kapitel 24

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Chan wollte am nächsten Tag in die Schule. Er hielt es nicht länger aus Zuhause bei seinen Eltern und seinen Geschwister zu sein. So sehr er sie liebte, Chan hasste es, wie sie ihn anschauten. So als müsse er mit Samthandschuhen angefasst werden, sonst würde er noch kaputt gehen. Er war schon längst kaputt. Was sollte dann noch passieren ? Scherben kann man nicht nochmal brechen, es sein denn, sie waren groß aber Chan war schon dabei seine Scherben noch kleiner zu machen. Er machte sich weiter kaputt. Er wünschte sich normal zu sein und da gehörte in die Schule zu gehen dazu. Andere würden sich freuen, wenn sie Zuhause bleiben können, wenn es ihnen nicht gut geht, weil die Schule der Auslöser von vielen Problemen ist. Chan stand im Gegenteil. Zwar wird er dort gemobbt aber das ist ihm egal. Er konnte sich zwischen den Blicken seiner Familie und Mobbingattacken entscheiden und wählte das letzte. Niemand würde das wählen wollen, doch wenn die Umstände das zuließen, dann würde man doch die Variante nehmen. Denn die Klassenkameraden waren nicht seine Familie. Klar, sie liebten es ihn weh zu tun, aber nach dem Schuljahr wird er sie nie wieder sehen und hoffentlich die einzelnen Namen der kleinen Monster vergessen. Zeit braucht es, bis die Gesichter verblassen werden. Seine Familie hatte er allerdings sein Leben lang und konnte ihn auch nicht ausweichen, wollte es nicht mal, denn er liebte sie.

„Bist du sicher, dass du gehen willst?", fragte Chans Mutter, als er gerade frühstückte. Sie schnitt das Thema zum zehnten Mal heute an und er war erst seit einer Stunde auf. „Ja, Mom. Keine Sorge", erwiderte Chan und trank aus seinem Saftglas. Nachdem er fertig war, steckte er seine Kopfhörer in den Ohr und lief los. Irgendein Lied, was er so gut wie nie hörte, lief gerade, egal. Chan hatte keine Lust ein anderes Lied zu wählen. Denn bald werden die guten Lieder kommen und der Weg zur Schule dauerte etwas. Heute war es windig draußen. Der Wind pustete ins Chans Gesicht, machte seine blonden Haaren wirr und unordentlich. Eine Nachricht. Hyunjin. Wer auch sonst? Guten Morgen :) <3". Chan schrieb ihm kurz zurück und lies sich wieder in die Welt der Musik fallen. Sanfte Gitarrenreefs, die wilder und kräftiger wurden. Genau richtig für Chan. Während er lief spürte er jeden seiner Knochen.Gestern hatte er sich mal wieder richtig hart geprügelt. Hyunjin wird niemals davon erfahren. Apropos Hyunjin, er hatte sich immer noch nicht entscheiden, ob er mit ihm und seinen Kumpel ins Kino gehen wollte. Einerseits reizte es ihm unter Leute zu kommen und vor allem bei Hyunjin zu sein, anderseits ist da wieder der Selbsthass und die Selbstakzeptanz, die ihn klar machen, dass er bei dem Treffen nichts zu tun hatte. Er würde nur das fünfte Rad am Wagen sein. Lieber nicht, also.

Schnell schrieb Chan ihn seine Entscheidung und lief in die Schule rein, wo er dann zu dem Zimmer lief, wo er als nächstes hatte. Schade :( Ich hab mich gefreut. Mein Kumpel auch :(. Daehwi hatte sich wirklich drauf gefreut den Jungen kennen zu lernen, der Hyunjins Herz für sich beanspruchte.Jetzt würde er sicher traurig sein, dass er ihn doch nicht kennen lernen konnte. Chan setzte sich auf seinen Platz und fühlte sich schlecht. Er zog wieder seinen Egotrip durch. Da hatte er doch ernsthaft Hyunjins Freude zerstört, nur weil er sich von seinen dummen Gedanken leiten lies. Außerdem war da noch sein Kumpel, der sich angeblich auch gefreut hatte. Wie kann er nur so egoistisch sein? „Mach es. Auch wenn es nur für Hyunjin ist. Geh hin", sagte er zu sich selber und erntete dabei verwirrte Blicke der anderen.Obwohl sie es gewohnt waren, dass der Australier mit sich selber redete, gewöhnten sie sich nie daran.

In der Pause schrieb Chan Hyunjin und gab ihm Bescheid, dass er es sich anders überlegt hatte. Am liebsten würde er es ihm sagen, dass er nicht dort willkommen war, dass er sich fühlte, als würde ernicht zu den beiden hinzugehören, aber Hyunjin würde es ihm ausreden wollen. Darauf hatte Chan nicht sonderlich Lust, deswegen lies er es sein. Er wollte niemanden aufregen, auch wenn in ihm alles nach Hyunjins Verständnis und aufbauende Wörter sehnte, denn der Selbsthass lies ihn nie aus den Augen. Er beobachtete Chan, griff nach ihm und strich ihn immer über den Rücken. Manchmal bohrte es seine Krallen in Chan rein und lies ihn bluten. Hyunjin würde ihn davor schützen, ihn vor dem Selbsthassmonster wegziehen. Chan machte einfach weiter. So wie immer. Lies seine Gefühle tief in sich drinnen. Hielt sie in Käfigen fest.

Die nächsten Tage auch. Er lies es sich wie früher nicht anmerken. Die Blutergüssen verschwanden langsam. Es tut auch nicht mehr weh. Nur noch ein leichtes Ziehen an den verletzten Stellen. Gelbe Flecken, die bald verschwanden, doch Chan wusste, dass er die Stellen wieder lila schlagen würde. Aber nicht heute. Heute war Freitag und in einer halben Stunde kam Hyunjin vorbei, um ihn abzuholen. Chan stand vor dem Spiegel und schaute sich an. Konnte er so gehen? Seit wann macht er sich bitteschön Gedanken, wie er aussah? Bis jetzt hatte es ihm nicht gejuckt, wie er das Haus verließ. Sein Unterbewusstsein wollte aber Hyunjin gefallen und so entschied er sich für ein weißes T-Shirt und eine schwarze Lederjacke. An sein Hals baumelte eine Kette. Chan erkannte sich nicht wieder. So würde er sich sonst nie kleiden. Außerdem hatte er sich die Haare ein wenig gerichtet.


Cry for me, Chan (Hyunchan FF)Where stories live. Discover now