Kapitel 11

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Chan schlief in dieser Nacht besser als sonst, vor allem wenn er sich wieder selber geschlagen hatte. Sicherlich liegt es an Hyunjin, dass Chan sofort die Augen schließen konnte, sobald er im Bett lag. Er hatte Angst vor morgen. Hyunjin war trotz der netten Worte ein Fremder und Fremde machen Chan Angst. Naja, er wird es irgendwie schon schaffen. Nach wie vor sehnte sich Chan nach einem Freund, der ihn verstand. Am nächsten Morgen wachte er auf und spürte noch mehr Angst in ihm. Das war irgendwie komisch, weil er keine Angst hatte, Hyunjin anzurufen, als es ihm scheiße ging. Doch jetzt zitterte er, während er kurz duschte. „Alles wird gut werden. Hör' auf Hyunjin", sagte er zu sich selber. „Er wird dich nicht auslachen. Oder doch? Ich weiß es nicht. Ich kenne ihn nicht mal. Er könnte alles sein." Die Gedanken ließen sich auch nicht während des ganzen Frühstückes abstellen. Sein Handy klingelte. Eine Nachricht. Chan bekam nie Nachrichten, seine Kontaktliste war bis auf die Nummern seiner Familie, komplett leer. Das musste also bedeuten, dass es entweder ein Fremder war oder Huynjin. Guten Morgen, Chan. Du hast die Nacht überstanden. Ich bin stolz auf dich :). Hyunjin also. Chan lächelte kurz auf und antwortete zurück.

Am Nachmittag war es dann so weit.Heute würde er auf Hyunjin treffen. Er wusste nicht mal, was er mit ihm machen soll. Was macht man mit anderen Leuten? Chan hatte überhaupt keine Ahnung davon. Bisher lebte er fast nur noch in seinem Zimmer und war nur draußen, um in die Schule zugehen und mit der Familie wegzugehen. Mit Freunden? Nein. Seit Sydney nicht mehr und das ist schon sieben Jahre her. Sieben Jahre ohne irgendjemanden. Sieben Jahre, die andere mit Freunden verbrachten, während er alleine im Zimmer saß und die Dunkelheit ihn langsam holt. Geraubte Jahre. „Was willst du machen?", fragte Chan Hyunjin. Dieser schrieb sofort zurück: „Auf was du immer Lust hast. Wir können auch nur rumlaufen, wenn du willst." Das war doch ein Start oder? Einfach nur herumlaufen und Hyunjin kennen lernen.„Okay, danke. Bis später".

Hyunjin hatte ihm geschrieben, wo sie sich treffen wollten. In der Nähe vom Kino. Chan welchen Platz er meinte. Er war dort ein paar Male mit seinen Geschwistern gewesen. Chan war immer noch ängstlich und nervös. Die Nervosität war aber stärker vertreten. Die Gedanken über sein Selbstbild hörten nach wie vor nicht auf. Er hatte Angst, dass Hyunjin ihn nicht mochte, trotz der Nettigkeit gegenüber ihn. Sowas kann man leicht vorspielen. Trotzdem musste Chan an das denken, was er sonst bei Woojin dachte. Dass er egal wie scheiße man ihn behandelt, versucht weiter nett zu bleiben. Er darf sich nicht kaputt machen lassen, nicht wenn andere Leute das sehen könnten. Und doch sah Hyunjin das sofort. Chan versuchte an nichts zu denken. Dann sah er ihn. Wie Hyunjin locker auf der Bank saß und auf ihn wartete. Er hatte einen schwarzen Oversized Pulli an und blaue ripped Jeans. Als er Chan sah, winkte er ihm zu und stand auf. Von weitem konnte er sehen, dass Chan Angst hatte. Hyunjin musste ihm irgendwie die Angst nehmen. Dieser Junge wollte sich gestern töten....

Bevor Chan etwas sagen konnte, nahm Hyunjin ihn in den Arm. „Hallo Chan", flüstert er sanft. Chan war zu perplex, um zu realisieren, dass er gerade umarmt wurde, dass er endlich Zuneigung von einem Menschen bekam, der nicht zu seiner Familie gehörte. Chan berührte Hyunin leicht, traute sich aber nicht ihn ebenfalls zu umarmen. Hyunjin strich ihm sanft über den Rücken. Chans Körper füllte sich mit Wärme, wo sonst nur Leere existierte. Tiefe, bedrückende Leere. Hyunjins sanften Berührungen brachten ihm Tränen in die Augen. Wieso auch immer jetzt weinen wollte, er konnte es nicht aufhalten. Chans Augen wurden wässrig. Dabei hatte er doch gelernt, nicht vor anderen Leuten zu weinen! Deswegen schniefte er kurz die Tränen weg und lächelte. Hyunjin lies ihn langsam los und schaute ihn an. Er sah wie Chan lächelte, nein, er grinste. Seine Augen sahen glasig aus. „Alles okay?", fragte Hyunjin ihn. Ein Kichern entwich aus seinem Mund. Chan wollte immer noch weinen, deswegen musste er wohl sein Lächeln in Kichern umwandeln. Auch wenn es ihn mehr freakhafter macht. Hyunjin hob die Braue. „Wirklich alles okay?". Chan nickte wild. „Mir geht es super". Er schniefte nochmal. Hyunjins Nähe hatte ihn überwältigt. Chan atmete tief ein und lächelte weiter. „Und wieso willst du dann weinen?", fragte ihn Hyunjin sanft. „Ich will nicht weinen...ich lächel doch". Chan demonstrierte sein falsches Lächeln.

„Deine Augen sind glasig und deine Lippen beben. Wenn du weinen willst, dann weine. Lass es raus." Chan schüttelte den Kopf. „Weinen macht alles schlimmer". „Und wer hat dir das gesagt?", fragte Hyunjin ihn. „Mein Kopf". Hyunjin verstand es so gut. Er wusste wie Chan sich fühlen musste. Immer auf glücklich zu tun. Nie seine Schwäche zu zeigen. Die Tränen zu verhindern,die einen immer in die Augen wollten. Alles runterzuschlucken. „Weinen ist nichts Schlimmes. Es befreit einen, Chan." „Nein". Hyunjin legte seine Hand auf Chans Schulter. „Wenn du nicht für dich weinen willst, dann bitte, weine für mich." Hyunjin besorgter Blick der auf ihn ruhte. „Lass deine Emotionen an mir aus". Nochmal nahm Hyunjin den kaputten Jungen in die Arme.

Cry for me, Chan (Hyunchan FF)Where stories live. Discover now