Kapitel 19

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Hyunjin schloss wenig später die kleine Wohnung, die er sich mit seiner Tante teilte, auf. „Hyunjin?", fragte sie. „Ich bin da, Chunhei". Sein Tante trat aus dem Wohnzimmer raus. Der schwarzhaarige Junge konnte den Fernsehr im Hintergrund hören. Er zog die Jacke aus. „Ich war bei einem Freund". Chunhei wusste, dass Hyunjin nur einen Freund hatte. Hyunjins bester Freund Daehwi. Er war bei ihm gewesen. Nachfragen musste er also nicht. Hyunjin lief ins Wohnzimmer und setzte sich auf das kleine Sofa. „Hast du schon gegessen?", fragte sie ihren Neffen.„Ja, hab ich. Musst nichts machen". Er nahm die Fernbedienung und schaltete um. „Hey,ich wollte das anschauen!" Hyunjin seufzte und schaltete wieder auf den Sender zurück, den seine Tante anschauen wollte. „Hat Eomma angerufen?". Seine tägliche Frage und wie immer sagte seine Tante: „Nein". Chunhei setzte sich neben Hyunjin hin. „Ich glaube nicht, dass sie je wieder hier anruft...tut mir Leid, Hyunjin." Es war Hyunjin immer klar gewesen, dass seine Mutter nie wieder was von sich hören lies.

Er sah die das letzte mal vor Jahren, konnte sich aber an sie erinnern. Ihre langen schwarzen Haare, die aufgeweckten Augen. Augen, die ihn letztendlich etwas verleugnen. Durch seine Mutter hatte gelernt unter die Maske der anderen zu schauen. Deswegen sah er Chans Traurigkeit sofort und wusste, was er damals vorhatte, war aber dennoch zu dumm um ihn das Bleichmittel zu verkaufen. Er war wohl zu sehr von Chans Trauer überwältigt, sah sich selber in ihm. Hyunjin war einst auch so wie Chan. Kaputt und zerstört. Gezeichnet von der Dunkelheit in ihm. Er strich über die große Narbe an seinem Hals entlang.

Ein gescheiterter Selbstmordversuch.

Die Szene tauchte auf, wie er diese Narbe bekommen hatte. Das ganze warme Blut. Seine blutbefleckten Hände. Röcheln. Seine Mutter, die ihn wirr ansah. Hyunjin ging in sein Zimmer und legte sich ins Bett. Er darf Chan nie erzählen, dass er sich selbst auch versucht hatte umzubringen. Dann würde Chan ihn vielleicht sogar Vorwürfe machen und ihn fragen, wieso er ihn nicht hätte sterben lassen, wenn er genau wusste, wie Chan sich fühlen musste. Anders als Chan hat er es aber irgendwie geschafft die Dunkelheit in sich zu besiegen. Sie konnte ihn nicht länger zu Fall bringen. Nicht mehr.

Hyunjin wollte sterben. Alles andere war ihm egal. Ihm war egal, ob Daehwi ihn davon abhalten wollte. Er ignorierte jede Nachricht, die ihm vermitteln sollte, dass Selbstmord nichts bringt. Sie wissen gar nichts. Sie kennen dieses Gefühl nicht, wenn alles in einem zerbricht und dich versucht zu erstechen, dir das Leben aus dir aufsaugen wollte. Hyunjins Lehrer bekamen davon Wind, weil Daehwi es ihnen gesagt hat. Hyunjin weiß davon nicht. Sonst würde er ihn hassen. Natürlich bekam Hyunins es Mutter mit. Was niemand weiß, dass es ihr auch nicht gut geht. Sie litt unter etwas, was sie nicht verstand, weil sie sich nicht untersuchen lässt. Hyunjin wusste schon immer, dass was mit ihr nicht stimmte. Er spürte es ganz tief in ihm drinnen. Hyunjin tippte irgendwas auf Schizophrenie oder Wahnvorstellungen. Er wusste es allerdings nicht wirklich. Nur reine Vermutungen. Sie versuchte es nie vor Hyunjin zuzeigen, dass es bergab mit ihr ging, doch Hyujin lernte in der Zeit, wo er mit ihr zusammenlebte, Gesichtsausdrücke richtig zu lernen. Das war überlebenswichtig für ihn ihn. Seine Mutter neigte dazu gewalttätig zu werden. Manchmal auch an ihrem Sohn.

Und heute war wieder so ein Tag. Hyunjin kam gerade von der Schule nach Hause, als seine Mutter wutentbrannt zu ihm lief. „Deine Lehrer denken, dass du dich umbringen willst, stimmt das?" Hyunjin verstand die Welt nicht mehr. Woher wussten sie davon? Hat Daehwi etwa ihn verraten? Wieso? Er hatte keine Zeit sich weiter zu fragen, warum, denn seine Mutter packte ihm am Hand.„Also stimmt das. Wie tief sind wir schon gefallen? Jetzt willst du dich auch noch umbringen? Mein eigener Sohn ist verkorkst". Ein kaputtes aber schadenfreudiges Grinsen. „Hyunjin, du bist verkorkst, genau wie ich." Sie lachte und Hyunjin bekam es mit der Angst zu tun. Das bedeutete er musste schnell in sein Zimmer sonst würde er noch Schläge abbekommen oder so. Er versuchte wegzurennen, doch seine Mutter hielt ihn fest. „Wo willst du hin? Willst du vom Fenster springen? Lass mich das sehen,oh lass mich sehen, wie du fällst". Seine Mutter drehte wieder durch. Sie lebten im vierten Stock, da könnte Hyunjin wirklich springen und er hatte das schon in Erwägung gezogen.

Hyunjin spürte heiße Tränen über seine Wange laufen. Er will nicht weiter leben. Er liebte seine Mutter aber sie tat ihm so weh. Was bringt noch zu leben, wenn man nur noch Schmerzen hat? Gar nichts. Nein, es wäre besser, wenn er diese Welt verlassen würde. Deswegen rannte er in die Küche und holte das schärfste Messer aus der Schublade raus, das er finden konnte. „Eomma, schau her. Ich bringe mich jetzt selber um". Tränen sogen sich in Hyunjins Lippen voll. Salziger Geschmack bevor er nie wieder was anderes schmecken konnte. Er sah seine Mutter in die Küche stolpern. Hyunjin hielt sich das Messer an die Kehle. Er spürte die Kälte des Metalls, die wenige Angst in ihm aber vor allem die Erlösung. „Ich hoffe, du bist froh", sagte er leise, bevor er die Klinge in seine Haut rammte. Sie riss sofort auf und bereitete Hyunjin starke Schmerzen. Er zog die scharfe Klinge quer über den Hals und spürte, dass warmes Blut auf seine Hand kleckerte. Hyunjin zog das Messer weg und starrte auf die blutbefleckten Klinke. Er fing an zur  röcheln, während weiteres Blut aus seiner Halsschlagader trat. Hyunjin wusste, wo er sich schneiden musste, um die lebenswichtige Ader zu treffen. Es tat richtig weh. Hyunjin hat sich gerade den Hals aufgeschnitten. Natürlich tat es weh. Hyunjin rang nach Luft, während er zusammenbrach. Er sah sein Mutter. Das letzte was er spürte, war sein warmes Blut, das sich immer weiter ausbreitete.

Als er aufwachte, war er im Krankenhaus. Alleine. Später kam ein Arzt und erzählte, dass seine Mutter, Hyunjae verschwunden war und dass er ihre Tante, Chunhei kontaktiert hatte. Da Hyunjins Vater auch abgehauen war, lebte Hyunjin ab jetzt bei seiner Tante.

Das ist also Hyunjins Vergangenheit :/ Btw, das nächste Kapitel wird ein Textingkapitel 

Cry for me, Chan (Hyunchan FF)Место, где живут истории. Откройте их для себя