Prolog

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Lasst euch niemals ‚Happy Birthday' vom Gott des Unheils, Iron Man und einer (fast) Vierjährigen vorsingen.
Es tut euren Ohren nicht gut, ich spreche aus Erfahrung.
Und ich wünschte, dieser letzte Aspekt entspräche nicht der Wahrheit.

Erstaunlich war, dass Rhodey, der extra aus New York herübergefahren war, die Töne ausnahmslos traf.
Das hätte ich nicht erwartet, aber zugegebenermaßen ging es auch im Jaulen von Loki, Dad und Morgan etwas unter. Singen konnte man das nicht mehr nennen... Aber wenn ich mir so Lokis teuflisches Grinsen ansah, wusste er das nur zu gut.

„Okay, okay", hob ich meine Hände, als sie zur Wiederholung ansetzten, „Ihr müsst mir auch nichts schenken, aber... Das reicht jetzt, ja?"
Morgan sah mich mit großen Augen an: „Hat es dir nicht gefallen?"
Ich schmolz innerlich dahin und hob sie auf meine Arme: „Doch, Maus, du singst wunderbar. Aber Daddy doch nicht!"
Sie kicherte: „Daddy klingt wie Mommy, wenn sie eine Ratte gesehen hat."
„Hey!", ertönte es zweistimmig, als auch Pepper auf die Veranda trat. Sie, mit dem einzig kühlen Kopf dieses Haufens, hatte sich ins Haus gerettet, sobald Dad das Dirigieren angefangen hatte.

Pepper war auch die erste, die mich in eine Umarmung zog: „Einundzwanzig, Gracie, ist das zu glauben?"
„Also, ich glaube es nicht", meinte Rhodey fest, an den ich weitergereicht wurde, „Für mich bist du immer das kleine Mädchen, das beinahe im Rommé gegen mich verloren hätte."
Grinsend lehnte ich mich dichter an ihn. Ich hatte doch erwähnt, dass ich ihn hatte gewinnen lassen, oder?

„Wenigstens das ‚klein' bleibt mir erhalten", machte mein Onkel weiter.
Augenverdrehend wollte ich mich aus seinen Armen herauswinden, aber Rhodey hielt mich weiterhin fest. „Ich weiß, ich hab' dich auch ganz doll lieb", murmelte ich etwas gepresst, da die Luft langsam knapp wurde.
Auch mein Dad empörte sich: „Das ist immer noch meine Tochter, Rhodes!"

War Machine drehte uns, sodass er über meine Schulter jetzt Dad ansehen konnte: „Ein bisschen ist sie doch auch meine, oder? Ein kleines bisschen?"
„Meine, und jetzt gib sie her", ich konnte förmlich sehen, wie er die Arme verschränkte – nur vor meinem inneren Auge, natürlich, Rhodey hielt mich immer noch an seinen Brustkorb gepresst.

Über das Geplänkel der eigentlich erwachsenen Männer musste ich lachen, vor allem, als Rhodey sich sehr zögerlich von mir löste.
Dann sog ich Dads vertrauten Geruch ein, als er mich endlich an sich zog.
„Kid", murmelte er jetzt doch emotional, „Wann bist du so alt geworden? Du darfst jetzt legal Alkohol trinken!"
„Ich trinke nicht, Dad", verdrehte ich meine Augen, doch er wiegte mich nur sanft hin und her: „Mein armes verwirrtes kleines Kid... Wir betrinken uns heute Abend zusammen, ja?"

Mein Blick, auch wenn den gerade niemand sehen konnte, war jetzt einfach nur noch irritiert.
Durch meinen Ellenbogen, der leicht mit Dads Rippen kollidierte, löste ich mich von ihm und flüchtete mich zu Loki, der grinsend am Geländer lehnend gewartet hatte.

„Was ist denn los mit euch?", fragte ich, als Lokis rechter Arm sich um meine Taille schlang. „Mit dem Alkohol habt ihr wohl nicht auf mich gewartet?"
Dad sprang allen Ernstes darauf an: „Jemand musste ausprobieren, ob er schmeckt!"
Fassungslos sah ich ihn an. „Du hast nicht nur eine einundzwanzigjährige Tochter im Haus, sondern auch eine, die erst vier wird!"

Genau Letzterer waren wir Erwachsenen wohl auch zu langweilig geworden, denn sie kam durch die Terrassentür – so viel zur Verantwortung, wir hatten nicht einmal bemerkt, dass sie weg war – heraus und drückte mir ein Blatt Papier in die Hand.
„Für dich!", strahlte sie, „Das hab' ich dir gemalt!"

Ich blickte auf die erstaunlich detailreiche Zeichnung, die natürlich unsere Familie zeigte.
Ich erkannte Dad und Pepper Hand in Hand mit dem kleinsten Strichmännchen, Morgan. Loki und ich befanden uns neben Dad, und Happy und Rhodey am Rand.
Um die Menschen herum hatte Morgan Farbkleckse verteilt... Und ich wusste sofort, dass sie nicht aus Zufall dort waren. Verschwörerisch blinzelte ich meiner Schwester zu, und sie deutete auf das ‚A' ganz unten in der Ecke.
Ich hatte es noch gar nicht entdeckt, aber es war offensichtlich, was Morgan mir damit sagen wollte.
Lächelnd drückte ich ihr einen Kuss auf die Wange und lehnte mich dann wieder an Loki.

Dieser zog mich dichter an sich und hauchte in mein Ohr: „Mein Geschenk bekommst du dann heute Abend, wenn du nichts dagegen hast."
Oh... Nein, ich hatte nichts dagegen. Ganz und gar nicht.

„Gracie soll Geschenke auspacken!", riss Morgan mich aus meinen nicht ganz jugendfreien Fantasien und starrte die Erwachsenen auffordernd an.
Ich lächelte ihr zu: „Du weißt doch, dass die Großen sich nichts schenken. Wenn wir zusammen sind, ist das doch am schönsten." Dad hatte vor Jahren schon den Nagel auf den Kopf getroffen: Er war Geschenk genug.

Diesmal aber hob er seine Hände: „Was das angeht – ich habe etwas für dich, Kid. Gespräch, jetzt, du und ich, unter vier Augen." Damit drehte er sich um und ging.
Okay...

Ich tauschte einen beunruhigten Blick mit Pepper und folgte ihm.
Er stand in einem Arbeitszimmer mit dem Rücken zu mir und warf mir blind etwas über die Schulter zu... Und natürlich fiel es zu Boden. Ich war noch nie gut im Fangen gewesen.

Stirnrunzelnd bückte ich mich nach dem Stück Metall.
Es war ein Schlüssel...
„Du schenkst uns aber kein Haus, oder?", merkte ich skeptisch an, „Wir sind glücklich bei den Avengers."
„Glaub's oder glaub's nicht, Kid, ich habe mich damit abgefunden. Nein, der ist von deiner Mom. Du solltest ihn zum Einundzwanzigsten bekommen."

Ich zog meine Augenbrauen hoch und ließ die Hand mit dem Schlüssel sinken. „Das ist ja mal sowas von stereotyp."
Dad grinste unwillkürlich. „Die Idee kommt nicht von mir, wieso erwartest du dann, dass sie gut ist?"
Wenig überzeugt schaute ich auf die filigrane Metallarbeit. „Wie bist du darangekommen?"
„Ich bin Tony Stark. Ich bekomme alles, was ich will."

Schon klar.
Achtlos mit den Schultern zuckend ließ ich den Schlüssel in meine Hosentasche fallen und beschloss, mich erstmal nicht darum zu kümmern.
„Wie sieht's jetzt aus mit meiner Party?"
Dads Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. Kurzerhand schloss er mich ein zweites Mal in seine Arme und drückte mir einen Kuss auf den Scheitel: „Happy Birthday, Kid."

***

Herzlich willkommen an alle Leser!
Dies ist der dritte Teil der Trilogie um Gracie Stark, und ich wage zu behaupten, dass er am längsten wird.
Ich wünsche euch genauso viel Spaß beim Lesen, wie ich beim Schreiben habe! 🥰

Iron Kid ~ Plan BOnde histórias criam vida. Descubra agora