Schachmatt - und Ross ist die Dame

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Wir waren in einer Pattsituation. Ross hatte vier Geiseln, die Gefahr war viel zu hoch, dass er doch jemanden erschießen ließ.
Ich brauchte mehr Zeit...

„Nat... Natasha, bitte." Obwohl Clint leise sprach, durchdrang seine Stimme den kompletten Raum. Ich sah etwas in Natashas Augen blitzen, und in einer plötzlichen Bewegung fuhr sie herum und setzte zu einem Ellenbogenschlag auf Clints Schläfe an. Der aber fing ihren Arm ab und blinzelte ruhig. „Das bringt doch nichts."
„Wir haben lang genug gebraucht, um uns wiederzufinden", sagte sie aufgewühlt, „Ich lasse dich jetzt nicht wieder gehen."
„Du..." Clint unterbrach sich selbst, seine Augen huschten wieder zu uns herüber. „Du musst für mich auf sie aufpassen."
„Das machst du schön selbst!" Natasha stieß ihr Knie dahin, wo es Clint besonders wehtat, und er ging in die Knie – nur, um einen Selbstfallwurf zu versuchen, den die Black Widow aber mit ihrer berühmten Scherentechnik verhinderte.

Laura hatte sich die Hand vor den Mund geschlagen, und ihre Kinder beobachteten den Vorgang entsetzt. Schluckend sah ich zu, wie Clint seine Finger in den Nervendruckpunkt an der Innenseite von Natashas Oberschenkel bohrte, und dann – wieder frei – herumwirbelte. Auf Knien stürzte er auf die Black Widow zu, die sich aber blitzschnell nach hinten rollte und selbst zu einem harten Tritt ansetzte. Hawkeye fing ihn ab und riss Natasha wieder zu Boden, und er hätte wohl zum finalen Schlag angesetzt, wenn nicht in diesem Moment einer von Ross' Agents eine plötzliche Bewegung gemacht hätte. Sie wussten wohl alle nicht, was sie von dem plötzlichen Kampf halten sollten, doch Ross winkte ab und betrachtete das Schauspiel mit Genugtuung.

Ich fuhr wieder zu den beiden Avengers herum, als ein dumpfer Schlag ertönte.
Natasha war wohl die einzige, die sich nicht hatte ablenken lassen, und Clints Kopf war – mal wieder – mit dem Boden kollidiert. Besinnungslos blieb er liegen, doch auch Nat stand nicht auf, sondern blieb dicht bei ihm.
Jetzt gab Ross doch ein Handzeichen: „Beendet es."

„Okay, stopp!", griff ich hastig ein, und redete weiter, bevor der Außenminister noch einen Befehl geben konnte: „Was soll das? Das ist nicht das amerikanische Gesetz, was aus ihm spricht." Ich wendete mich nun direkt an die Agents. „Ich weiß nicht, was mit Ross passiert ist, aber sein Geisteszustand ist doch nicht normal. Das hier sind Kinder, und er ist ihr Vater!" Beinahe hilflos deutete ich auf die Bartons. „Bitte... Tut ihnen das nicht an. Ich bin mir sicher, wir können das anders regeln."
Ich hätte beinahe aufgeseufzt vor Erleichterung, als tatsächlich einige der Agents zögerten. „Nathaniel ist vier, Leute. Er ist fast noch ein Baby. Seit wann bedroht Amerika Unschuldige in diesem Ausmaß?"

„Deine Bemühungen sind umsonst, Stark", lächelte Ross, „Selbst wenn du jemanden zur Meuterei überredest, wird er niedergeschossen."
„Deine eigenen Männer, Ross? Was kommt noch?" Mein Blick wurde eindringlicher. „Gemeinsam schaffen wir das. Alles." Ich zählte fünf Agents, die sich mir zugewandt hatten. Das waren mir schon genug. „Okay, Klappe halten jetzt, Stark", knurrte der Außenminister, doch es war schon zu spät.
Ich stellte sicher, auch zu jedem der fünf noch einmal kurz Blickkontakt zu haben, dann ballte ich meine linke Hand neben meinem Körper – gut sichtbar für Cooper und Lila – zur Faust. „JETZT!"

Damit brach Chaos aus.
Ich stürzte mich auf den Agenten zu meiner Rechten und duckte mich unter seiner Pistole weg, aus der sich ein Schuss löste, der aber glücklicherweise ins Nichts ging. Bevor ich einen Treffer landen konnte, kam mir schon ein Schwinger von seinem anderen Arm entgegen, aber ich wich wieder aus und donnerte ihm von hinten den Griff meines Messers gegen die Schläfe.
Kurz orientierte ich mich und sprang dann von hinten einen Agenten an, der es auf Laura und Nathaniel abgesehen hatte. Er stand mit dem Rücken zu mir und war demnach auch rasch ausgeschaltet, doch es gab genug andere Bedrohungen...

Ich machte Lila wenige Meter vor mir aus und zog sie rasch zu ihrer Mutter, nicht vergessend, dass sie keine Schutzkleidung trug.
Überall hallten Schüsse und Schreie, und ich musste erst einmal Freund von Feind unterscheiden. Es lag mittlerweile ein Dutzend Agents am Boden, und gerade, als ich mich auf den nächsten stürzen wollte, ging er durch einen Schuss Lilas nieder.
Dann ließ ein Ruf mich erstarren: „Keine weitere Bewegung, oder er stirbt!"
Ross. Natürlich. Und er hatte eine Hand um Coopers Kehle geschlossen – dessen Messer außer Reichweite auf dem Boden lag...

„Schachmatt, Stark", knurrte der Außenminister, „Ganz nettes Spielchen, aber du hast jemanden vergessen, der nicht deine Schachfigur ist... Mich." Damit zog er eine Pistole aus dem Jackett und entsicherte sie im selben Atemzug – auf Clint zielend.
„Und wage es dir, mir in den Weg zu kommen... Denn du hast einen weiteren Fehler gemacht, Stark." Ross nickte mit dem Kopf zum Monitor in der Ecke.
Er zeigte das Kamerabild der Tür, durch die wir schon gekommen waren... Und sie zeigte einen Menschen, der sich näherte.
Einen mir nur zu bekannten Mann...
„Durch deine nette Schleife hast du dir selbst den Zugriff auf die Kameras verwehrt. Nur gut, dass du nicht der einzige Hacker hier bist. Aber ich denke, du weißt trotzdem, wer dieser Mann ist: Nach deinem kleinen Besuch hat Zemo sich befreien können", grinste Ross höhnisch.
Ich schluckte und wusste, wenn ich jetzt meinen Schlüsselbund kontrollierte, würde ein Dietrich fehlen...

Ich fing Natashas Blick auf, deren Augen sich erneut geweitet hatten. Ich sah sie eindringlich an und nickte zu Clint, und sie verstand sofort.
Die Black Widow stürzte vor und zog den schlaffen Körper ihres besten Freundes an sich, Arme und Beine um ihn schlingend, ihren Rücken wandte sie Ross zu.
Sie war bereit, alles zu riskieren... und alles zu akzeptieren. Schmerz, Folter, Tod... für Clint. Es war ihr egal, dass die Agenten einfach erst sie und dann ihren besten Freund umbringen könnten... Aber Nat würde nicht zusehen, wie Clint getötet wurde.
Sie lehnte ihre Schläfe seitlich an seine Stirn, schirmte ihn ab. Ergeben gegenüber allem, was kommen mochte.

Hoffnungslos glitt mein Blick über die beiden Avengers, verzweifelt nach Hilfe suchend.
An Natashas Kragen blitzte wieder die Kette auf, die das Sinnbild für die unglaublich starke Verbindung zwischen Black Widow und Hawkeye war. Nichts würde sie so schnell trennen, Ross nicht und... und der Tod auch nicht.
Ich zitterte.

Ross' Augen blitzten.
Mein Fokus kehrte zum Bildschirm zurück, wo Zemo die Tür fast erreicht hatte...
Ross' Finger am Trigger zuckte, dann knallte es, als die Tür aufflog – und ein weiteres Mal, als der Außenminister die Kugel abfeuerte.

***

Okay, an dieser Stelle sage ich nicht viel, abgesehen von 'I'm sorry'...😥

Iron Kid ~ Plan BOù les histoires vivent. Découvrez maintenant