Ich glaube, ich mache dann einfach Winterschlaf...

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Im Quinjet wieder angekommen ließ ich mich auf meinen Pilotensitz fallen und bewegte mich für ein paar Minuten einfach gar nicht.
Irgendwann nahm ich Oscar ab und rieb mir über meine schmerzenden Augen – ich war seit fast vierundzwanzig Stunden auf den Beinen, so langsam fühlte ich den Tribut, den mein Körper dafür zahlte.

Was war das für ein Tag gewesen?
Hatte ich ernsthaft heute erst Scott befreit?
Es konnte gut sein, dass es uhrzeitmäßig sogar vorgestern war, aber ich hatte von dem Zeitpunkt an, als ich Pyms Notizen richtig eingeordnet hatte, bis jetzt nicht geruht.

Völlig erschöpft ließ ich meinen Kopf auf die Arme fallen und nuschelte undeutlich: „Oscar, ruf' Loki an."
Mein Freund war gerade derjenige, der alles koordinierte, der als einziger einen kühlen Kopf behielt – und das, obwohl seine Seele selbst mehrfach zerfetzt wurde. Ich bewunderte ihn unheimlich für seine Stärke; seinen unbezwingbaren Willen, endlich richtig zu sein... und sein stures Beharren auf ein Wir, auf die Avengers. Ohne Loki wären wir längst auseinandergebrochen. Abgesehen davon, dass sich die Avengers ohne ihn gar nicht erst gebildet hätten.

„Na, Kleines, schläfst du schon?", riss mich die geliebte Stimme aus meiner Trance.
„Bin vollkommen hundertprozentig wach", versicherte ich, ohne aufzusehen. Loki lachte leise, und dieses Geräusch allein machte mich ein wenig munterer. „Kleines, ich verstehe dich nicht, wenn du in deine Arme redest."
Seufzend stützte ich meinen Kopf jetzt doch auf meine Hand und setzte Oscar wieder auf, damit ich das Hologramm vor Augen hatte. „Hey."

„Guten Morgen", schmunzelte der Gott, „Oder für dich eher Nacht... Hast du überhaupt geschlafen?" Er stockte kurz und zog die Augenbrauen hoch, wartete meine Antwort aber gar nicht erst ab. „Natürlich nicht. Ich will dich nicht vor dem späten Nachmittag wieder hier sehen, ist das klar?"
Ich protestierte nur schwach – eigentlich wollte ich durchaus einfach nur hier hängen bleiben, doch schon aus Prinzip musste eine Stark Widerworte geben: „Aber mein Dad... die Maschine..."
„Bruce ist hier und hat sich schon im Labor verschanzt. Ich habe ihn alleingelassen, nachdem er von irgendwelchen Tunneln und Stabilisatoren angefangen hat." Er zwinkerte mir aufmunternd zu. „Wir haben Zeit, wie du so scharfsinnig erkannt hast. Ruhe dich aus und gib deinen Bericht dann einfach hier ab."

Ich konnte nur noch nicken. „Danke, Loki. Ich liebe dich."
„Ich weiß. Ich dich auch."

Er legte auf, und ich wollte einfach... nur noch... schlafen.

***

Ich war mir relativ sicher, dass ich irgendwann auch wieder aufgewacht war und nicht träumte.
„Oscar, sind wir uns sicher über die Kamerabilder?"

Ich befand mich im Quinjet über dem Ozean, hatte aber vorsichtshalber bereits die Überwachung zur Testhalle eingeschalten. Scotts Anblick gefiel mir gar nicht...
„Wir sind uns genauso sicher wie über die Intelligenzbegabung Rockets", war Oscars diplomatische Antwort.
Mein Gott, wann hatte sich meine Ansicht von Normalität so gewendet?
Mittlerweile würde mich nichts mehr überraschen. Klar, ich rechnete immer mit Unvorhersehbarem... Aber mehr als ein Schulterzucken konnte man von mir zu derartigen Dingen nicht mehr erwarten.

Einfach nur resignieren und hinnehmen.
Ich war eine Stark, sozusagen die Definition von impulsiv, exzentrisch und unerwartet.

Ich ließ die Landebahn kurzerhand Landebahn sein, in der Annahme, heute sowieso nochmal loszumüssen, und landete den Jet direkt vor dem Haupteingang.
Noch im Tiefflug begann ich, die Rampe herunterzufahren, und lief Steve in einem hochdramatischen Auftritt direkt in die Arme: 
„Ich habe Informationen, Captain."
„Sorry, Kid, an meine Performance reichst du nicht heran."

„Dad?!" Wie übermüdet war ich denn noch, dass ich weder meinen Vater noch sein Auto bemerkt hatte?!
„Moment. Kid, du willst mir nicht ernsthaft sagen, dass du mich – übersehen hast?"

Ich grinste schwach und reckte mich zu einem Kuss auf seine Wange, dann wanderte mein Blick kritisch zwischen den beiden Männern hin und her. Weitere Spannungen konnte ich heute nicht mehr gebrauchen, sonst würde ich noch im Stehen einschlafen. Ich musste mir dringend wieder Adrenalinspritzen aus Stephens Vorrat holen, obwohl ich dessen Wohnung nur ungern betrat.

Momentan jedenfalls waren keine weiteren Maßnahmen nötig: Die Atmosphäre war angespannt, aber... auf eine positive Art und Weise, irgendwie.
Leicht lächelnd wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Steve zu: „Wie weit seid ihr?"
„Hey, Kid, ich bin hier das Genie", ließ Dad ihn gar nicht erst zu Wort kommen, „Und da ich jetzt hier bin, sind wir sogar sehr weit. Komm schon, wir haben ein paar Milliarden Menschen zu retten!"

Kopfschüttelnd blickte ich ihn nach, als er voran ins Hauptquartier trat.
„Tut ziemlich gut, hm?", fragte ich Steve, der endlich wieder ein Lächeln auf den Lippen hatte. „Ziemlich", bestätigte er.

Wir folgten Dad in den Gemeinschaftsraum, wo Bruce bereits mit Loki wartete.
Der Große begrüßte erfreut meinen Dad, der sich natürlich seinen Kommentar zu Bruce' neuem Aussehen nicht verkneifen konnte, aber Loki nahm als erstes mich in den Arm.

„Wie geht's dir, Kleines?"
„Gut, jetzt", murmelte ich nur und vereinte unsere Lippen. Loki lächelte in den Kuss herein und zog mich an meiner Taille näher an sich, bis Dad uns auseinanderfahren ließ: „Ich bin sicher nicht hierhergekommen, um meiner Tochter bei... sowas zuzusehen."
Ich verdrehte meine Augen und hielt mich dicht bei meinem Freund: „Als ob du und Pepper was anderes tun würdet."
„Wir sind groß, wir dürfen das", meinte er dazu nur, fügte aber auf meine verschränkten Arme hinzu: „Ja, meinst du, anderthalb Meter seien groß?"

Wieder verdrehte ich die Augen – ich hatte in letzter Zeit wenig Gelegenheit dazu gehabt, das musste ich jetzt aufholen. „Ich habe einen Raum in deinem Haus, das ist dir klar, oder? Und da bleibt es nicht bei einem Kuss."
Entsetzt ließ mein Dad seine Hände sinken. „In meinem Haus?!
Grinsend zuckte ich die Schultern, worauf Steve sich einmischte: „Das müsst ihr jetzt vor versammelter Mannschaft ausdiskutieren, ja?"
Zurück bekam er nur ein bestätigendes „Selbstverständlich" – zweistimmig.

***

Tony ist also endlich da, auch wenn Gracies Reaktion wegen Übermüdung eher wenig überrascht ausfiel. Auch die Avengers brauchen ihren Schönheitsschlaf.😉🙃

Iron Kid ~ Plan BWhere stories live. Discover now