Diskutiere nie mit einem Potterhead. Niemals.

597 56 73
                                    

Noch Stunden später lagen wir in derselben Konstellation auf den Sofas, und da ich kein großer Freund von Langeweile war – und niemand ein Freund davon war, wenn ich Langeweile hatte – warf ich schließlich in die Runde: „Was ist los, hat jemand Lust auf einen Film?"

Als nur undeutliches Gemurmel von den Männern kam, ließ Nat sich zu einer Antwort herab: „Kommt drauf an, welchen."
Da gab es doch nur eine klare Antwort: „Harry Potter!"
Natasha drehte sich etwas, um mir in die Augen sehen zu können. „Warum habe ich das Gefühl, dass du das schon viel zu oft gesehen hast?"
„Weil es die Wahrheit ist", kam es träge von Loki, und ich warf ihm einen beleidigten Blick zu – den er durch seine geschlossenen Augen natürlich nicht sehen konnte. Das war natürlich der einzige Grund, weshalb ich dieses Grün gern gesehen hätte...
„Man kann nie genug Harry Potter schauen", erklärte ich entrüstet, aber nun sah auch Sam mich schräg an. „Was ist eigentlich so besonders an Harry Potter?"

Entsetzte Stille meinserseits.
Dann ließ ich mich zu einem mitleidigen Blick herab: „Hast du's gesehen?"
„Ja, schon, aber..." „Ich nicht", mischte sich Bucky jetzt ein, und damit war die Diskussion für mich entschieden.
„Um auf Sams Frage zurückzukommen", grinste ich dennoch vorfreudig, „Harry Potter ist-"
„Okay, wir schauen es", richtete Loki sich jetzt plötzlich auf, und fügte auf Falcons Blick entschuldigend hinzu: „Egal, wie surreal es ist, alles ist besser als ihre Harry Potter ist keine Phase, es ist eine Freundschaft fürs Leben-Rede."

Ich überlegte kurz, ob es sich lohnte, eine Diskussion anzufangen, griff dann aber doch blind in die Schublade und zog Teil 1 daraus hervor.
Routiniert fuhr ich den Fernseher aus der Wand und legte die DVD ein, dann suchte ich mir einen Platz zwischen Loki und Bucky.
Ich grinste den Winter Soldier vorfreudig an: „Mach dich bereit für eine Reise... Eine Reise in eine andere Welt, in die Unendlichkeit von JK Rowlings Fantasie, deren Worte Flügel bekommen haben und sich selbstständig machten... Und bis in alle Ewigkeit Inspiration und Quelle der Energie für Menschen jedes Alters sein werden."

Über meinen Kopf warf Bucky meinem Freund einen beunruhigten Blick zu: „Ist das normal?"
Als Loki amüsiert lächelte, zeigten sich seine wundervollen Grübchen. „Beruhigt es dich, wenn ich ‚ja' sage?"
„Nein!" Bucky beäugte mich skeptisch, als sei ich eine neue Spezies, die er absolut nicht verstand. Tja, Potterhead halt.

*

Ein paar Stunden und zweieinhalb Filme später... Standen mir die Tränen in den Augen.
„Now Harry, come and join the big guys! – What are you doing? What's this rubbish? – What's this rubbish, he says-"
„Kannst du jetzt mal die Klappe halten?", fuhr Natasha mich zu Tode genervt an, doch ich gestikulierte ihr hastig, innezuhalten. „I solemny swear that I'm up to no good!"
„Oh-oh...", sah Loki das Unheil schon kommen, und ich klammerte mich tief durchatmend an seine Hand.
„Die Marauders! Moony, Wormtail Padfoot and Prongs... Ich...", ich verstummte.

So entging mir der Blick nicht, den Bucky und Sam tauschten; und letzterer zuckte verständnislos mit den Schultern.
„Was hat sie jetzt wieder?", hakte der Brünette dann doch nach.
„Sie legt eine Schweigeminute ein", erklärte Loki und tätschelte meine Schulter, „Weil die Rumtreiber alle tot sind. Aber das hat auch seine guten Seiten, da sie jetzt wiedervereint sind."
Ich nickte bekräftigend und wischte eine Träne aus meinem Augenwinkel, dann lächelte ich meinem Freund dankbar zu. 

Natasha wusste das weniger zu schätzen: „Das ist doch dämlich. Nichts davon ist annähernd realistisch!"
Loki seufzte. „Lass es einfach im Raum stehen. Sie nennen sich Potterheads, und du kannst mit ihnen nicht diskutieren. Sinnlos."
Ich nickte stolz und grinste, wartete aber weitere fünfzehn Sekunden, ehe ich der Black Widow antwortete: „Sieh es positiv, so kannst du den Kampfstil nicht kritisieren."
Natasha verzog das Gesicht. „Weil deren Gegner umfallen, wenn sie mit Stöckchen wedeln!"
Ich zuckte mit einer Schulter, immer noch lächelnd.
Meine vier Mistreiter waren sowieso verloren – man musste schon die Bücher erst lesen. Sie konnten das Gefühl nicht verstehen... Aber ich warf es ihnen nicht vor. Fandoms konnten schon manchmal hardcore sein.

*

Als wir zwischen viertem und fünftem Film eine kurze Pause einlegten, zückte ich mein Starkphone, das mir eine Nachricht von Dad anzeigte.
Ich grinste, als ich das Foto von Steve sah, der sehr entsetzt auf einen Punkt jenseits der Kamera deutete -'Ich habe ihm nur meine neueste Erfindung gezeigt, keine Ahnung, was er hat!' -, runzelte dann aber leicht die Stirn. Mir fiel nur ein Grund ein, weshalb er jetzt zu meinem Vater fahren würde...
‚Holt er sich jetzt Daddy-Tipps von dir, oder was?😝'

‚Du wusstest es?! Warum erfahre ich es erst jetzt?!'

‚Du kannst halt nicht allwissend sein😘'

‚Schon klar. Aber ja, ich bin ja bekanntlich der beste Daddy der Welt.'

‚Stimmt... 😘'

‚😏
Ich habe ihm gerade gesagt, er soll keine 10 Jahre warten, bis er sein Kind kennenlernt. Ich weiß nicht, warum ihm das nicht gefallen hat...'

Ich grinste und tippte rasch noch ‚Tja, sag ich ja, du bist eben nicht allwissend😉', dann steckte ich das Starkphone wieder weg. „Also dann, Leute, weiter geht's!"
Unendliche Begeisterung in den Gesichtern der anderen vier, ein sadistisches Grinsen in meinem.

„Da-daaa, da-dadadaa, da-daaa-daaa – da-dadadaaa, da-daaa."
„Das Intro, dein Ernst, Gracie?"
„It's just too hot today, isn't it, and-"

Der Abend wurde noch lang.
Und ich fand es großartig.

***

Es war der darauffolgende Tag, der kritisch wurde.
Ich saß mit Natasha – oh Wunder – im Gemeinschaftsraum, da alle anderen ausgeflogen waren. Dad würde erst heute Nachmittag von Morgan und Pepper zurückkommen, Bruce hatte sich mit Thor im Fitnessraum verschanzt, Loki war einkaufen gefahren – die Pancake-Zutaten hatten wir erfolgreich aufgebraucht – und Steve hatte seine beiden Kumpels auf einen „Männertag" geschleppt. Mir war nur zu klar, was sie zu bereden hatte.
Mit geballter Frauenpower langweilten die Black Widow und ich uns also.

In trauter Zweisamkeit lagen wir auf den Sofas, als sie meinen Blick auffing: „Du bist so jung, Gracie."
Okay? Was zum Teufel hatte sie vor?
Mir war zu klar, dass das jetzt der Auftakt zu etwas Größerem werden würde, aber vorerst... verhielt ich mich einfach ganz normal. Ich verdrehte die Augen.

„In meinem Alter hattest du schon einiges mehr durchgemacht. Für einen Avenger ist mein Leben erstaunlich ruhig."
„Und dennoch nicht annähernd so ruhig wie Tony gern hätte." Sie lächelte mich schwach an. „Er hat ziemlich verzweifelt versucht, dich aus diesen Angelegenheiten rauszuhalten."
Ich stützte mich auf den rechten Ellenbogen, um sie besser ansehen zu können. „Ich bin eine Stark. Früher oder später wäre ich sowieso hineingerutscht."
„Und da sind wir vermutlich alle froh drum."
Jetzt runzelte ich meine Stirn. Was wollte sie erreichen?
Mit höchster Aufmerksamkeit beobachtete ich Natasha, und plötzlich spannten sich meine Muskeln an, als ihre Finger wie zufällig zur Kette um ihren Hals wanderten. Genauer gesagt, zum Pfeil-Anhänger daran...

„Natasha, wenn du-"
„Gracie, Thaddeus Ross ruft an", unterbrach uns Oscar.

***

Mit diesem Kapitel sind wir ungefähr bei der Hälfte von Teil 3 angekommen. Schon ein merkwürdiges Gefühl...

Nun aber zu diesem Kapitel, das der Auftakt zu etwas Größerem ist. Natasha, Clint, der Außenminister... Ich bin gespannt auf eure Vermutungen!😉

Iron Kid ~ Plan BWhere stories live. Discover now