Loki ist seinem Bruder peinlich

598 45 66
                                    

Thor hatte mittlerweile mehr als die Hälfte geschafft und sah wieder aus wie ein Durchschnittsmensch, weitere drei Wochen und er würde seine alte Stärke wiederhaben.

So kam es, dass von den Avengers eigentlich nur Carol fernblieb, aber ich und Rocket stimmten überein – Loki machte ein Kreuz an den Kalender mit der Begründung, das käme selten genug vor –, dass wir dies nicht sonderlich bedauerten.

Aber vielleicht würden wir gar nicht so lange warten müssen... Shuri hatte mir den Prototypen ihrer Ausarbeitung geschickt, für die Fertigstellung brauchte es die Materie der Infinitysteine... Die ich ja praktischerweise direkt vor Ort hatte.

Dadurch, dass jetzt regelmäßig Besuche von Vision kamen, war meine Motivation für das Projekt entsprechend hoch.
Es war ein kompletter Isolator, aber Shuri hatte Verbindungen zwischen den sechs Mulden gelassen, damit wir die Energie auch kanalisieren konnten. Ich hatte bereits den Vibranium-Elektrolyten in einen Aerogel-Block gebracht und beides in die Vakuumröhre eingeführt, um nun die Teilchen neu zu konfigurieren. 

„Den Scan der Steine hast du ja noch", murmelte ich in dem Wissen, dass Oscar mich hören würde, „Jetzt ordne die Teilchen des Elektrolyten so, dass er die Energie auch leitet... ich habe dir dazu ferromagnetische Stoffe und eine Halbzelle beiseitegelegt, wir ersetzen die hintere Glaswand gleich durch ein Diaphragma..." Kritisch beäugte ich meine rein technische Konstruktion. „Schaffst du es, die Vorgänge so zu koordinieren, dass wir die gewünschte Zusammensetzung bekommen?"
Das Experiment war hochkomplex, da jedes Elektron des Elektrolyten an der richtigen Stelle sitzen musste. „Das Standardpotenzial ist relativ hoch, und die Aktivierungsenergie könnte uns Probleme machen", gab ich zu, „Wir können das nicht einfach herabsetzen, weil das p-Niveau der Valenzschale und vor allem das f-Niveau der n-Schale sonst höher liegen. Also... Wird es gehen?"

„Soll ich das Aerogel einberechnen?"
„Natürlich, wir haben es auch im Handschuh verwendet."
„Dann einen Moment, bitte."
Ich biss mir auf die Unterlippe, als Oscar auf Hochtouren lief. Theoretisch müsste er geeignet sein... musste sogar. Es hing die Sicherheit des Universums davon ab... aber, kein Druck oder so.
In diesem Moment der Stille erklangen Schritte, die wohl an meinem Labor vorbeiliefen, aber ich drehte mich nicht einmal um.
Ich hatte alle aus meiner Nähe verbannt, und sie wussten zu gut, dass sie eine hochkonzentrierte Stark besser nicht unterbrachen.

Dennoch schlug mein Plan fehl: „Tut mir leid, Gracie, meine Kapazitäten reichen dafür nicht aus."
Ich runzelte irritiert die Stirn. Meines Wissens... „Wie kann das sein, Oscar?"
„Ich halte immer noch das Kraftfeld um die Zeitmaschine aufrecht. Würde ich es absenken, könnte ich die Teilchen korrekt anordnen."
Natürlich. Verärgert über mich selbst schüttelte ich kurz meinen Kopf, dann biss ich auf meine Unterlippe. Ich musste abwägen zwischen den beiden Risiken... Aber so knapp vor Vollendung würde ich meinen Plan B nicht aufgeben.
„Wir machen hier gleich weiter, ich gehe nur schnell den Avengers Bescheid sagen. Einer von ihnen soll Wache halten."

Mein Weg führte mich direkt in den Gemeinschaftsraum – wohin auch sonst?
Wanda und Clint unterhielten sich angeregt, Loki – mit Seymour auf dem Schoß – und Thor saßen auf einem der Sofas und hatten die Guardians in ein Gespräch verwickelt, von denen allerdings nur Quill und Nebula anwesend waren. Für den Rest waren menschliche Räume vermutlich eher weniger etwas.

Loki hatte schon aufgesehen, bevor die anderen mich überhaupt bemerkt hatten.
„Dein Vater ist in der Werkstatt mit Scott, Rocket, Bruce und Vision, wenn du ihn brauchst."
Unwillkürlich lächelte ich, winkte aber ab. „Alles gut. Was machen sie denn?"
Loki zog nur die Augenbrauen hoch. „Ich habe keine Ahnung und bin da auch sehr froh drum. Was ist los?"
Ich erklärte knapp: „Ich muss das Kraftfeld um die Zeitmaschine kurz deaktivieren. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass gerade jetzt etwas passiert, aber ich gehe kein Risiko ein. Würde jemand von euch kurz Wache halten?"
Wanda und Clint tauschten einen beunruhigten Blick, aber ich schenkte ihnen ein versicherndes Lächeln. Es würde schon nichts schiefgehen.

Nebula erhob sich jetzt: „Ich übernehme das", und ich nickte ihr dankbar zu – mich schon wieder in Richtung Labor wendend. Aber natürlich hatte ich genug Zeit, um mir noch schnell einen Kuss von Loki zu stehlen... oder auch weniger schnell, als der Gott seine Hände an meine Taille führte und mich kurzerhand auf seinen Schoß zog. Empört maunzend flüchtete mein Kater sich zu Clint, der ihm erstaunlich sympathisch war – wenn Seymour Sympathie für einen Menschen hegte, musste das schon etwas heißen. Thor derweil räusperte sich peinlich berührt, und von Quill kamen Würgegeräusche. Ich spürte gegen Lokis Lippen, dass wir beide zu Grinsen begannen, und einvernehmlich intensivierten wir den Kuss.
Als wir uns nach einer halben Minute wieder voneinander lösten, sah Thor bestimmt in eine andere Richtung, und ich bekam ein letztes Zwinkern von meinem Freund ab.

Dann, wieder in meinem Labor, richtete ich meine volle Aufmerksamkeit auf mein Projekt und befahl Oscar, das Energiefeld herunterzufahren.
„Noch einmal: Befehlsfolge B-6/80,5-3.2 starten."

Gebannt beobachtete ich, wie die winzigen Metallarme das Vakuum durchbrachen und ihre Arbeit begannen.
Funken sprühten, und ab und an gab es einen kurzen Lichtblitz, doch bis auf das langsame Fließen der Elektrolyt-Flüssigkeit zeigte sich wenig von den hochkomplexen Vorgängen.

Aber Fakt war, sie waren tatsächlich vorhanden...
Und dann war er fertig, der Infinity-Handschuh.
Eine Spezialanfertigung, die nur ein einziges Wesen würde nutzen können...

Behutsam nahm ich die Konstruktion unter der Experimentierhaube hervor.
Ich drehte ihn in meinen Händen, und spürte förmlich die Macht, die davon ausging...

Meine Augen blitzten.
Es war soweit – wir würden alles wiedergutmachen können. Die mächtigsten Waffen des Universums zerstören...

Ich hatte Hoffnung.

Allerdings ist ja bekanntlich kein Gefühl schlimmer als zerstörte Hoffnung.
Jene Zerstörung ließ sich davon jedoch nicht abhalten: Es war wie ein Flirren in der Luft, und Oscar gab ein hastiges SOS-Signal von sich, doch bevor ich in irgendeiner Form meine Synapsen zusammenbringen konnte, explodierte das Hauptquartier – und alles wurde dunkel.

***

Nun... Das Schicksal ist nun also doch gekommen. Oder sollte ich sagen: "Er ist gekommen"?😉

Iron Kid ~ Plan BWhere stories live. Discover now