He is Ironman.

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Ich wusste nicht, ob er mich gehört hatte, denn mein Dad wandte sich nun seinerseits Thanos zu.

Alles in mir zog sich zusammen.
Ich spürte physischen Schmerz aufgrund der Anspannung, die sich plötzlich in mir breit machte.
Es war dieser Moment, in dem ich realisiert hatte, was es bedeutete, wenn wir verlören – wenn Thanos uns alle zerstörte, und niemand übrig blieb, um einen Plan B auszuführen.
Es war der Moment, in dem unsere mächtigsten Helden im Zweikampf gegen Thanos chancenlos waren: Thor und Cap hatten gemeinsam mit Stormbreaker und Mjölnir gegen ihn gefochten, Captain Marvel – die als mächtigste Heldin galt oder sich zumindest dafür hielt – wurde genauso zur Seite geworfen wie mein Dad.

Die Kämpfe waren episch, keine Frage. Energiegeladen. Dramatisch.
Aber diese Energie, die in den letzten Stunden durch meine Adern pulsiert war, fraß mich von innen auf. Es war zu viel...
Ich kam mir tatsächlich vor wie in einem Drama, und wir waren hier im letzten Akt. Im Endgame.

Was war Bruce' Snap schon gewesen im Vergleich zum Unheil hier vor mir? Nichts mehr als ein retardierendes Moment. Wir hatten Thanos aufhalten können, seinen Sieg verzögern, aber hier und jetzt – in der grauen Realität – sah es schlecht aus für uns. Ich war die Möglichkeiten so oft durchgegangen, hatte mir Gedankenkonstrukte zurechtgelegt, und doch wurde ich von diesem tauben Gefühl der Hilflosigkeit übermannt, als wir nun tatsächlich auf dem Schlachtfeld waren.
Als mein Blick über die Kampfhandlungen schweifte, kam nur ein einziges Wort in meinen Kopf, das es annähernd beschreiben konnte: Massaker.
Ich war Augenzeuge eines Massenmords, und wir waren Mörder und Opfer zugleich.

Beinahe wäre ich eingeknickt. Ich war so kurz davor...
Und ich war nicht einmal in die Kämpfe verwickelt.
Nein, das übernahmen die wahren Helden, von denen nur noch einer vor Thanos stand: Mein Dad.

Ich war nicht anders als die meisten Mädchen: Ich war überzeugt, mein Vater konnte alles.
Aber Thanos wischte ihn beiseite wie eine lästige Fliege.

Es schien, als sei es Zufall, dass Thanos' Blick kurz über mich streifte, bevor er zu den Infinity-Steinen an seiner Hand zurückkehrte.
Es stand keiner von uns, nichts und niemand, mehr zwischen ihnen...

Die Zeit schien wie verlangsamt.
Es musste klirren, als mein Katana zu Boden fiel, doch ich hörte nichts mehr. Meine Muskeln waren erschlafft, ich hielt mich kaum noch auf den Beinen... und dann ergab ich mich.

Vergesst mein stures Beharren auf einen Sieg, vergesst die Euphorie über meine vereinte Familie.
Thanos würde uns alle zerstören...
Aber es war seltsam okay.

Wenigstens würden wir nicht zusehen müssen, wie alles zerstört wurde.
Snap, und weg.
Es wäre keiner übrig, den das Entsetzen zerriss. Wenn wir schon verloren, dann würden wir wenigstens nicht uns gegenseitig verlieren.
Wie der alte Mann gesagt hatte... Together.

„Ich bin unvermeidbar."

Ich sah auf.
Ergeben.
Resignierend.

Aber es war nicht Thanos, der meinen Blick auffing... Es war mein Dad.
Und dessen Augen funkelten noch.
Der Titan hatte vielleicht meinen Sturkopf zu Kleinholz verarbeitet, aber nicht den Starkschen Dickschädel.

Mein Dad.
Stur. Arrogant. Risikofreudig. Stark.
Stark.
Er war Ironman...
Und ich seine Tochter.

Ich schloss kurz meine Augen.
Meine Hände ballten sich zu Fäusten, und ich atmete ruhig durch.
Sauerstoff strömte zuverlässig durch meine Lungen, die Panikattacke hatte ich hinter mir gelassen.
Und als meine Lider sich wieder hoben, blitzte es auch aus meinem Blick wieder.

„Ich bin seine Tochter."

Ich trat einen Schritt vor, hatte nun wieder Augenkontakt zu meinem Dad.
Er funkelte mich an, mit einem halben, sarkastischen Lächeln auf dem Gesicht.
Kopf hoch, Kid, sagten die blitzenden braunen Augen, Ich bin einzigartig. An mir kann Frankenberry nicht vorbei.

Ich zog die Augenbrauen hoch.
Er hatte sich letzten Endes nicht doch ein Beispiel an mir genommen? Einen Plan B kreiert?
Meine Augen weiteten sich, als die Erkenntnis durchsickerte. Er hatte nicht nur mit Muskelkraft gegen Thanos gekämpft. Dafür war Tony Stark viel zu klug. Und eben jene Intelligenz hatte tatsächlich für einen Plan B gesorgt... Er hob nun seinerseits die Hand, an der die sechs Infinity-Steine funkelten.

„Und ich..."

Wie?!

„...bin..."

Moment, er-

„...Ironman."

NEIN!

Snap.

***

Thanos löste sich in Staub auf.
Vier Schritte, ich war bei meinem Dad.

Die Black Order löste sich in Staub auf.
Drei Atemzüge, er taumelte zur Seite.

Die Chitauri, Outrider, alle dunklen Kreaturen... lösten sich in Staub auf.
Zwei verzweifelte Versuche, aufzustehen, und er sank zu Boden.

Meine Welt löste sich in Staub auf.
Ein Wort: „Kid..."

***

Er lehnte an irgendwelchen Bruchstücken.
Sie stützten ihn.
Bruchstücke wie in meinem Inneren, wo mein Herz noch schlug.

Wenn ich es nur gekonnt hätte, ich hätte ohne zu zögern die Zeit zurück gedreht und Thanos gewinnen lassen.
Alles war besser als – das hier.
Egoistisch?
Na meinetwegen.
Ich wollte meinen Dad wiederhaben.

Er war noch am Leben.
Er lag schon im Sterben.

Er sah mich an.
Tat einen letzten Versuch, sich mir zu nähern.
Erfolglos. Kraftlos. Leblos.

Daddys können alles?
Konnten sie nicht.
Ihr sitzt einer Lüge auf, Mädels.
Ich dachte, du würdest mich nicht belügen, Dad? Ich dachte, du wärst so anders als Mom?
Du sollst keine Lügen erzählen.
Er konnte nicht alles.
Er konnte das hier nicht.

Ich lag in Trümmern.
Und er kam nicht.

***

Peter kam.
Verzweifelt Worte formend...
Sie erreichten ihn, ja.
Aber sie erreichten nichts.

Pepper kam.
Sie redete nicht viel.
Sah ihn nur an.

Und sie sahen auch mich an, mitleidig, entsetzt.
Aber es war mir egal.
Ich war leer.

Meine Welt war zu Staub zerfallen.

Dad.

Ich wollte das nicht mehr.
Meinen Schmerz, meinen... Dad.

Lieber Waise als... das hier.
Nein, lieber gar nicht existent.

Danke, Mom – diesmal waren die Gedanken nicht ehrlich, sie waren bitter.
Du hast die falsche Wahl getroffen. 

***

Tief durchatmen. Seid mir nicht böse...  Mir fällt das hier genauso schwer wie euch, und... es tut mir leid.😥

Iron Kid ~ Plan BWhere stories live. Discover now