Chapter 10

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Am nächsten Morgen wache ich ziemlich früh auf. Jace schläft noch tief und fest. Um ihn nicht zu wecken gehe ich schnell ins Badezimmer, putze mir die Zähne, mache kurz Katzenwäsche und ziehe mir dann eine Jeans und ein dunkles Shirt an. Leise gehe ich runter. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es erst sieben Uhr morgens ist.

Wow. Sommerferien und ich bin um sieben Uhr wach. Scheiß innere Uhr! In Erwartung, dass alle noch schlafen, betrete ich die Küche und bin überrascht Magnus dort zu sehen. "Morgen.", begrüße ich ihn, meine Stimme noch etwas rau vom Schlaf. Er dreht sich zu mir und lächelt. "Morgen. Kaffee?", fragt er und ich nicke. Er schenkt mir eine Tasse Kaffee ein und ich nehme sie ihm dankbar ab.

"Innere Uhr?", fragt er und ich nicke lächelnd. Langsam schlürfe ich das heiße Getränk und spüre, wie ich wacher werde. Coffein ist wirklich ein Lebensretter. Schweigend sitzen wir nebeneinander an der Theke und trinken unseren Kaffee. "Habt ihr einen Longierstrick für Shadow?", frage ich ihn irgendwann und er schaut mich neugierig an.

"Du willst Shadow longieren?", fragt er interessiert. Ich nicke. "Das schafft Vertrauen zwischen Reiter und Pferd. Außerdem kann er so wieder Muskeln aufbauen. Wenn er seit längerem in der Box steht, wird er etwas abgebaut haben. Regelmäßiges Training kann das Gemüht eines Pferdes beruhigen, so könnte man ihn zahmer kriegen.", erkläre ich beiläufig und er nickt anerkennend.

"Ja, wir haben so einen Strick für ihn. Ich gebe ihn dir gleich und dann zeige ich dir den Reitplatz, den du dafür benutzen kannst. Er ist etwas abseits, also habt ihr dort eure Ruhe, kein Gekreische von den Ferienkindern die bald kommen.", sagt er und ich nicke langsam.

Es macht mich etwas nervös. Theoretisch weiß ich, was ich tun muss. Praktisch habe ich nur reiten gelernt. Und wenn ich es nicht schaffe, Shadow etwas zu zähmen, wird Jocelyn ihn verkaufen. Ich kann mir nur beim besten Willen niemanden vorstellen, der gutherziger ist als die Fairchild's. Überall anders wird dieses Tier leiden, und ich werde alles tun, um das zu verhindern.

Schnell trinke ich meinen Kaffee aus und folge Magnus zum Stall. Er drückt mir ein Halfter in die Hand und ich hole Shadow aus der Box. Langsam führe ich ihn hinter Magnus her zum Reitplatz. Dort binde ich ihn an einen Querbalken und sehe Magnus an. Dieser stellt eine Box und Putzsachen für Shadow neben den Balken und holt dann einen Longierstrick aus einem nahegelegenen Schuppen.

Vorsichtig fange ich an das Pferd zu striegeln und er bleibt ruhig stehen, seine Fell ist weich und seine Ohren zucken entspannt. "Ich habe ihn noch nie so entspannt gesehen.", murmelt Magnus neben mir und ich lächele. Eine Weile steht Magnus neben mir, dann setzt er sich auf den Holzzaun des Reitplatzes und beobachtet mich.

Ruhig und gleichmäßig putze ich das Tier, murmele immer wieder beruhigende Worte und streiche mit meiner Hand über sein Fell. So vergehen einige stille Minuten, bis ich mit putzen fertig bin. "Was sind eigentlich deine Aufgaben hier, Stallboy?", frage ich und Magnus grinst.

"Naja, Großteils bin ich als Reitlehrer eingestellt. Aber da wir nicht immer Feriengäste hier haben, mache ich alles was grade anfällt. Ich kümmere mich um die Pferde, miste die Ställe aus und saniere hier und da etwas. Durch das Wetter gehen manchmal die Stallwände oder so kaputt, da das Holz vertrocknet. Aber das ist auch eher weniger der Fall.", erklärt er.

Ich verkneife mir ein Lachen und lege die Longe an das Halfter von Shadow an. "Also bist du sozusagen das Mädchen für alles.", stelle ich fest und er grinst leicht. "Angesichts dessen, was ich gestern erfahren habe, bin ich froh, dass ich kein Mädchen bin.", antworte er und ich lächele leicht, spüre gleichzeitig wie mein Gesicht sich erhitzt.

Langsam führe ich den Hengst auf den Reitplatz und stelle mich in die Mitte. Nach ein paar Anläufen, tobt Shadow sich richtig an der Longe aus. Immer wieder kontrolliere ich sein Tempo, lasse ihn mal langsamer und mal schneller laufen. Magnus Blick kann ich deutlich auf mir spüren und das einfache führen des Tieres lässt mich mit meinen Gedanken abschweifen.

Hat Magnus grade wieder mit mir geflirtet? Kann es wirklich sein, dass auch er Interesse an mir hat, wie ich an ihm? Aber bringt das ganze überhaupt etwas, wenn ich in ein paar Wochen wieder nach New York muss? Soll ich es zulassen, dass ich mich wahrscheinlich wirklich in ihn verliebe? Oder soll ich Magnus klar sagen, dass er mir aus dem Weg gehen soll?

So viele Fragen, und keiner kann sie mir beantworten. Was mache ich denn jetzt? Tief in Gedanken habe ich nicht gemerkt, wie Shadow auf mich zugetrabt ist und mich mit seinen Nüstern anstaubst. Liebevoll streiche ich ihm über den Kopf und sehe ihn an. Er neigt seinen Kopf nach unten, bückt sich mit seinen Vorhufen nach unten.

"Darf ich aufsteigen?", flüstere ich und er stößt mit seinen Nüstern gegen mein Bein. Vorsichtig nehme ich die Longe ab und ziehe mich auf seinen Rücken hoch. Ich habe es schon immer genossen ohne Sattel auf dem Pferd zu sitzen. Eine direkte Verbindung zu dem Körper unter mir zu haben. Ich streiche dem Hengst sanft über den Hals und vergrabe meine Hände in seiner Mähne.

Vorsichtig stoße ich meine Versen in die Seite des Tieres um es anzutreiben und gemächlich geht es voran. Ich schließe die Augen und genieße die gleichmäßigen Bewegungen unter mir, streiche immer wieder über Shadow's Fell und murmele beruhigend auf ihn ein. Nach ein paar Runden bleibt er vor Magnus stehen und ich lasse mich von seinem Rücken gleiten.

"Heftig.", haucht Magnus und ich streichele den Hals des Hengstes. "Ich glaube das reicht für heute.", murmele ich und führe ihn vom Reitplatz runter zurück in seine Box. Magnus folgt mir und stellt die Putzbox wieder an Ort und Stelle.

Gemeinsam gehen Magnus und ich über den Hof. "Ist Alec ein Spitzname?", fragt er irgendwann und ich nicke. "Ich heiße eigentlich Alexander. Aber so nennt mich so gut wie niemand.", erkläre ich und er nickt. "Wieso lebst du hier und nicht bei deinen Eltern?", frage ich irgendwann und merke sofort das ich einen wunden Punkt getroffen habe.

Ich bleibe stehen und umfasse sanft sein Handgelenk. Als er mich ansieht glitzern seine Augen und ich bereue es sofort, diese Frage gestellt zu haben.

Das Glück der Erde...Where stories live. Discover now