TWENTY TWO

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Mit zittrigen Fingern stand ich vor Yugyeoms Haustür. Ich hatte bereits geklingelt. Keine Reaktion. Keine Geräusche. Kein gar nichts.

Ein weiteres Mal klingelte ich.
Wieder Fehlanzeige.

Immer wieder und wieder versuchte ich mein Glück, in der Hoffnung, dass diese gottverdammte Tür aufgehen würde.

"BamBam"

Ich drehte mich um und sah in das Gesicht von Jaebum, der ein wenig außer Atem war. Meine Nervosität besaß zu diesem Zeitpunkt keine Grenzen und Angst hatte ich auch. Ich wusste nicht wieso und woher, aber sie war einfach da.

"Wo ist Yugyeom? Ist er zu Hause? Er macht die Tür nicht auf? Gehts ihm gut?"
"Beruhig dich. Ich hab eine Ahnung, wo er ist"
"Wo?"

Er griff nach meinem Handgelenk und zog mich mit sich. Am Liebsten hätte ich seine Hand weggeschlagen, ihn aufgefordert, mir einfach nur zu sagen, wo der Junge steckte, ob es ihm gut ginge und wieso er weg war. Doch er schwieg und ich ließ mich einfach von ihm mit aus dem Treppenaufgang ziehen. Kurz darauf drückte er mich in den Beifahrersitz seines vermutlichen Autos. Ich hätte einfach schreien und um mich schlagen können.

"Wohin verschleppst du mich? Rede endlich!", wurde ich aufgebrachter. Er kicherte leicht, sagte: "Zu Yugyeom. Beruhig dich, es ist halb so schlimm, wie du dich gerade aufführst."
"Aufführen? Weißt du was in der Schule los war? Die sagen alle, dass er der Sohn einer Mörderin ist und-" Vor Schock hielt ich die Hand vor den Mund, um meinen Redewall zu unterdrücken. Vielleicht ginge es Jaebum auch gar nichts an, da er davon selbst nichts wusste. Doch dann viel mir ein, dass sie gute Freunde waren, so jedenfalls mein Eindruck. Und davon müsste er dann doch wissen.

"Das stimmt. Aber ich denk, dass Gyeom dir das selbst erklären soll. Er hat es mir anvertraut und es wäre nicht in Ordnung, wenn du es von mir wüsstest, statt von ihm.", sagte er ruhig, um mich zu besänftigen. Anscheinend war er wirklich die Ruhe in Person in solchen Dinge oder war daran gewöhnt, dass soetwas passierte. Ich kannte ihn nicht sonderlich. Youngjae erzählte mir ein paar Mal etwas über den Älteren und ich verstand auch warum er für ihn schwärmte. Mit Jaebum hatte ich bisher nie viel am Hut gehabt, um ihn ansatzweise einzuschätzen.

"Wir sind da.", weckte er mich aus meinen Gedanken, als wir vor dem Eingang des Friedhofs standen. Laut schluckte ich und spürte wie nervös ich erneut wurde. Vielleicht sollte ich doch nicht hier sein. Schließlich drang ich so ziemlich in Yugyeoms Privatsphäre ein, in seine Vergangenheit. Meine Nase hatte da nichts drinnen zu suchen.

"Hab keine Angst. Ich denk nicht, dass er dir sauer sein wird, nur weil du dir Sorgen um ihn machst.", besänftigte mich der Ältere und schlug mir leicht auf die Schulter. Nervös trat ich weiter nach vorn und Jaebum lief allmählich vor mir, da ich immerhin nicht wusste, wo er hätte sein können.

Als wir dann in die nächste Ecke abbogen, tauchte ein gelber Haarschopf vor meinen Augen auf. Am Liebsten wäre ich hingerannt, hätte ihn umarmt und gesagt, dass alles gut war, dass er nicht allein war. Doch ich hielt diesen Gedanken zurück. Es könnte abschreckend sein.

"Yugyeom", begrüßte Jaebum ihn. Ein leises Schniefen entwich dem Jüngeren. Er schaute nicht einmal auf, sondern stande einfach nur da, rührte sich nicht vom Fleck.

"Du solltest in der Schule sein."
"Wieso? Soll ich mir anhören, dass ich der Sohn eines Mörders bin? Ich verzichte." Seine Stimme war unfassbar abweisend. Abweisender als in der Schule. Ich wusste allerdings, dass er verletzt und das dieser Unterton unvermeidbar war.
"Schule ist wichtig, auch wenn es deine letzten Tage sind."
"Ich sagte, ich verzichte.", wurde er lauter, sackte danach auf seine Knie, sein Gesicht zu Boden gerichtet. Sein Schluchzen stärker werdend. "Ich will das nicht mehr."

𝗗𝗲𝗺𝗶𝘀𝗲𝘅𝘂𝗮𝗹 ✧ YUGBAMWhere stories live. Discover now