Teil 19

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Lindsay Evans:

Kritisch beäugte ich mein rotes, kurzes Schlafgewand. Was um alles in der Welt zog man an, um sich ins Zimmer seines Mitbewohners und Stiefbruders zu schleichen, um rumzumachen? Ich seufzte frustriert auf und wechselte das Oberteil zum gefühlt tausendsten Mal.

Nachdem unsere Gäste gegangen waren, hatten wir uns nach dem Aufräumen alle in unsere Zimmer zurückgezogen. Den ganzen Abend hatte ich mich schrecklich danach gesehnt, dass ich und Kato ungestört waren, damit ich zu ihm kommen konnte. „Komm in mein Zimmer, sobald die anderen gegangen sind!", hatte er mir ins Ohr gewispert. Nur dadurch hatte ich mich zurückhalten können, ihn bei unserem Spieleabend nicht vor allen anderen ungestüm zu küssen.

Den ganzen Abend war eine kaum auszuhaltende Freude durch mich hindurchgerauscht. Kein einziges Mal hatte ich aufgehört zu lächeln, obwohl die Sehnsucht ihn noch näher bei mir zu haben mit jedem Atemzug stärker geworden war. Doch jetzt, als alles ruhig war, unsere Gäste gegangen und unsere Freunde schliefen, jetzt, da ich zu ihm gehen konnte, keimte eine ungezähmte Unruhe in mir auf. Jetzt, wo es soweit war, war ich nervös!

Ich verknotete die Hände ineinander. Sie waren schwitzig. Wenn ich mich nicht langsam beeilte, würde Kato wahrscheinlich glauben, ich hätte es mir anders überlegt. Doch das hatte ich nicht. Ich war nur so schrecklich nervös...

Frustriert zupfte ich an meinem nun blauen, seidigen Top. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete ich mich im Spiegel. Sah ich okay aus? Oder war das zu viel freie Haut an meinen Armen? War das zu offensichtlich?

Stöhnend lehnte ich meine Stirn gegen den Spiegel. Das Glas fühlte sich kalt und hart an meiner erhitzten Haut an. Ich biss mir auf die Lippen. „Jetzt reiß dich zusammen, Lindsay!", sagte ich mir selbst. „Du schaffst das!"

Ich wusste, dass Kato nichts tun würde, was ich nicht auch wollte, das war nicht das Problem. Ich hatte auch durchaus schon andere Liebhaber gehabt, wenn auch nicht viele. Meine größte Sorge war eher, dass ich zu unerfahren war und es Kato nicht gefallen würde. Was, wenn ich irgendetwas falsch machte? Und was, wenn ich das alles nicht richtig interpretiert hatte?

Tief atmete ich durch. Ich würde es nicht herausfinden, wenn ich nicht zu ihm ging...

Plötzlich durchströmte ein warmes Gefühl meinen Körper. Ich vertraute Kato. Mehr als ich jemals jemandem außerhalb meiner Familie vertraut hatte. Ein Flattern machte sich in meiner Brust breit. Ich wollte das! Ich wollte bei ihm sein! Ihn spüren! Ihn noch einmal küssen! Bei diesem Gedanken stieg ein hitziges Verlangen in meinem Körper auf. Mein Herz pochte. Ohne lange weiter zu überlegen, stieß ich mich von dem Spiegel ab und trat aus meinem Zimmer.

Im Gang war es dunkel. Kein Mucks war zu hören. Langsam und möglichst leise schloss ich die Türe wieder hinter mir. Ich versuchte keinen Laut zu machen, als ich den Gang entlang huschte. Zum Glück war Katos Zimmer nur ein paar Schritte von meinem eigenen entfernt.

Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich leise meine Fingerknöchel gegen die Tür schlug. Das Geräusch hallte seltsam laut in unserer Wohnung wider. Ich zuckte zusammen. Schnell griff ich nach der Klinke und schob mich in sein Zimmer.

Drinnen war es fast genauso dunkel wie auf dem Gang. Nur die Nachttischlampe brannte auf dem Nachtkästchen.

Kato war anscheinend im Zimmer auf und ab gelaufen. Als er mich bemerkte, stockte er und blieb mit dem Rücken zu mir stehen. Ich atmete tief aus und lehnte mich gegen seine Zimmertür. Mein Herz machte einen Satz, als er sich zu mir umwandte. Ein Ausdruck stand in seinen Augen, den ich nicht deuten konnte. Das Blau seiner Iris umfing mich. Ich konnte mit einem Mal nicht mehr richtig atmen!

Kato & LindsayWhere stories live. Discover now