Teil 31

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Lindsay Evans:

Der Regen wurde nicht besser. Eher im Gegenteil! Je näher ich meinem Ziel kam, desto mehr schienen die Wolken aufzuplatzen. Inzwischen schüttete es wie aus Kübeln, während ich die kurvigen Landstraßen entlangfuhr.

Zum Glück hatte ich nicht mehr weit. Nur noch vereinzelt kamen mir andere Autos entgegen, weshalb ich ab und zu das Fernlicht anschalten konnte. So sah ich zumindest etwas in der Dunkelheit und dem Regen. Verschwommen konnte ich einzelne Felder erkennen und ein kleines Waldstück auf meiner rechten Seite. Die Umgebung kam mir immer bekannter vor. Zwar wusste ich nicht, ob ich mich darauf freuen sollte, das Wochenende allein auf der alten Farm zu verbringen, aber ich freute mich auf jeden Fall von dieser Straße runter zu kommen.

Das Fahren war anstrengend und ich kam aufgrund der schlechten Sicht nur sehr langsam voran. Manchmal kam es mir auch so vor, als würden die Reifen auf der nassen Straße zum Rutschen kommen, aber ich hielt das Auto immer gerade.

Neben den äußeren Umständen machte mir auch meine Konzentration zu schaffen. Immer wieder drifteten meinen Gedanken ab und ich fragte mich zum wiederholten Mal, warum mich Kato nicht angerufen hatte. Ich wusste, es war bescheuert, aber ich konnte nicht anders, als ein Stechen in meinem Brustkorb zu verspüren. Gott, warum war das so? Warum konnte ich nicht eine Sekunde damit verbringen, nicht an ihn zu denken? Nicht an seine eindringlichen, blauen Augen! Nicht an die Art, wie er mir sagte er sei verrückt nach mir! Nicht an die Art, wie er mich beim Tanzen an sich zog!

Natürlich bewirkten diese Gedanken genau das Gegenteil und, anstatt meine Vorstellungen von Kato abzubringen, tauchte Bild um Bild vor meinem inneren Auge auf. Das war doch nicht normal! Warum ging mir Kato nicht aus dem Kopf?

Frustriert krallte ich meine Finger um das Lenkrad und starrte durch die Windschutzscheibe, um irgendwie zu versuchen meinen Kopf auszutricksen. Ich betrachtete angestrengt die nasse Straße vor mir. Beobachtete, wie die Scheibenwischer auf und ab fuhren. Auf. Ab. Auf. Ab. Immer wieder. Immer weiter.

Warum fühlte ich mich so betrogen und verletzt? Ich hätte es doch eigentlich besser wissen müssen! Hatten mich Emma und Kylie nicht am Anfang noch gewarnt, wie gemein das Trio wirklich war? Gott, warum war ich so dumm gewesen?

Nein! Nein! Nein, unterbrach ich meinen eigenen Gedankengang. Ich wollte doch an nichts denken und nun tat ich es schon wieder! Was um Himmels willen lief falsch mit mir?

Seufzend atmete ich einmal tief durch. Statt auf die Scheibenwischer, versuchte ich mich nun auf die Musik im Radio zu konzentrieren. Dies funktionierte eine Weile. Zumindest bis das dritte Lied zu Ende ging...

Dann verkündete der Radiosprecher, sie würden als nächstes einen berühmten Oldie spielen. Noch bevor mir ein „Oh, nein!", durch den Kopf schießen konnte, spielten sie schon Queen an und, als ob das nicht schon genug wäre, klang aus den Lautsprechern nicht irgendein Lied, sondern genau We will roch you!

Genau das Lied, das ich und Kato in seinem Auto auf und ab gesungen hatten. Genau das Lied, das wir als erstes zusammen in seinem Auto gegrölt hatten, als er mich zu unserem ersten Stadtausflug mitgenommen hatte. Seitdem hatten wir es bei so gut wie jeder Autofahrt gehört.

Soweit ich mich erinnern konnte, war es nicht nur das erste Lied gewesen, das wir zusammen gesungen hatten, sondern auch das Letzte...

Ohne es verhindern zu können, dachte ich an Kato, wie er am Anfang so langsam und schüchtern mitgesungen hatte und im Laufe der letzten Wochen so viel mutiger geworden war. Ich dachte an sein lautes Lachen, an mein eigenes Kichern. An seine Lippen, die so schöne Worte formen konnten. An seine Augen, die verschmitzt funkelten. An seine Hände, die im Takt aufs Lenkrad trommelten oder mich in die Seite stießen, um mich zum Quietschen zu bringen, sodass er mir später sagen konnte, wie viel besser er doch mitgesungen hatte. An unsere gemeinsamen Lachkrämpfe deswegen. An seinen verrückten Fahrstiel und wie ich ihn immer dafür aufgezogen hatte und daran, wie ihn das nicht im Geringsten gestört, sondern eher amüsiert hatte. Und ich dachte daran, wie gerne ich jetzt das Ruckeln des Autos fühlen würde oder mich an der Halterung festhalten würde, weil er wieder eine Kurve viel zu eng nahm.

Kato & LindsayWhere stories live. Discover now