Teil 24

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Kato Johnson:

Es war noch früh am Morgen, als mich das Krähen eines Hahns aufweckte. Lindsay war eng an mich gekuschelt und sofort genoss ich ihre Nähe. Behutsam strich ich ihr durch die Haare.

Je länger wir hier waren, desto mehr bekam ich Angst, dass es das letzte Mal sein würde, dass ich dies tat. Es war schwerer als gedacht, Geheimnisse zu behalten. Ich war mir ziemlich sicher, dass mein Vater keinen Verdacht geschöpft hatte. Es wäre für ihn viel zu abwegig, dass ich mich nicht wie der perfekte Sohn verhalten würde. Außerdem ging das, was Lindsay und ich hatten, eindeutig gegen sein engstirnig aufgebautes Weltbild. Er würde also niemals auf die Idee kommen, genauer hinzusehen. Bei Marion verhielt es sich jedoch anders. Schon bei unserer ersten Begegnung hatte ich sie als warmherzig und feinfühlig eingestuft. Bei ihr hatte ich nicht das Gefühl, dass sie alles glaubte, was wir ihr vorspielten. Wenn sie uns musterte, hatte ich manchmal eher das Gefühl, sie würde uns durchschauen. Sie beobachtete uns und bekam unsere Neckereien mit und Marion war nicht dumm.

Frustriert strich ich mir durch die Haare. Das Verheerendste war jedoch nicht, dass es schwierig war unser Geheimnis zu wahren. Manchmal ertappte ich mich sogar bei dem Gedanken, dass ich mir wünschte, Marion würde es herausfinden, denn das Schlimmste war, wie schwer das Ganze Lindsay fiel. Sie hatte zu mir gesagt, es wäre okay, aber ich sah den Schmerz in ihren Augen und wusste, nichts war okay. Sie tat vielleicht meinetwegen so, aber es ging ihr nicht gut dabei. Ich spürte, wie sie bei jeder Lüge, die sie ihrer Familie auftischte, in sich zusammenschrumpfte.

Ich war es gewohnt meinem Dad nicht alles zu sagen und vieles vor ihm geheim zu halten. Lindsay nicht.

Sie war kein Mensch für Lügen und es schmerzet mich innerlich dabei zusehen zu müssen, wie diese sie langsam auffraßen. Auf Dauer würde Lindsay daran kaputt gehen und das wollte ich nicht. Mir musste irgendetwas einfallen! Nur was???

Ich spürte, wie Verzweiflung in mir aufstieg, konnte es aber nicht verhindern. Ich hatte solche Panik sie zu verlieren! Ergeben zog ich Lindsay näher und atmete ihren Duft ein. Sie schlief immer noch. Ich schluckte und kniff meine Augen zusammen, versuchte einfach zu genießen, dass ich sie jetzt noch halten konnte.

Ich bemühte mich einfach noch einmal einzuschlafen.

Allerdings hatte ich damit wenig Erfolg. Der Hahn krähte wie verrückt, sodass ich mir am liebsten die Ohren zu geklebt hätte. Ich hatte keine Ahnung, wie Lindsay bei diesem Krach schlafen konnte. Ich konnte es jedenfalls nicht. Nach zwei Stunden frustrierenden Gedankengängen und Hahn - Gekreische, gab ich es schließlich auf. Vorsichtig, um Lindsay nicht zu wecken, stand ich auf und machte mich auf den Weg in die Küche.

Ich war überrascht, als ich Anna schon antraf, die mich freudig begrüßte: „Guten Morgen, Kati!" Sofort huschte ein Lächeln über mein Gesicht. Eigentlich mochte ich keine Kinder und zu viele davon wie im Kindergarten überforderten mich maßlos, aber Anna mochte ich irgendwie. Sie war unglaublich süß und erinnerte mich an eine Miniaturausgabe von Lindsay.

„Morgen, kleine Nervensäge", scherzte ich. Anna kicherte los und umarmte meine Beine. „Du bist die Nervensäge!" „Ach ja?" Ich strich ihr über den Lockenschopf.

„Spielst du mit mir?", fragte Anna schließlich bettelnd.

Da ich sonst nichts weiter zu tun hatte, stimmte ich zu und ließ mich von ihr ins Wohnzimmer zerren. Dort war eine kleine Spielküche aufgebaut. Keine Ahnung, wie lange wir damit spielten, aber irgendwann verlor ich die Zeit. Es hatte etwas ungemein Befreiendes einfach mal nicht an irgendwelche Probleme und Erwachsenenkram zu denken.

Ich wusste nicht genau wie viel Zeit vergangen war, aber irgendwann hörte ich Schritte im Wohnzimmer. Ich fuhr herum.

Lindsay ging auf uns zu. Sie trug immer noch ihr kurzes Schlafgewand, woraufhin mir sofort Hitze in die Wangen strömte.

Kato & LindsayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt