Teil 28

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Lindsay Evans:

Missmutig lief ich mit Sam den Schotterweg entlang. Wir sprachen nicht und ich war auch sehr froh darüber. Stattdessen konzentrierte ich mich auf das Knirschen des Kieses unter meinen Füßen. Irgendwie war das das Einzige, was ich so richtig wahrnahm.

Plötzlich spürte ich, wie Sam mir auf die Schulter tippte. Mein Kopf schoss nach oben. Er blickte besorgt auf mich hinunter.

„Und du bist dir sicher, dass du wieder in die Vorlesungen willst?", fragte er mich. Ich nickte energisch. „Ja, ich will kein Risiko eingehen, in den nächsten Prüfungen auch durchzufallen oder schlecht abzuschneiden. Nicht wegen ihm."

Sam grinste mich an. „Auf diesen Kampfgeist habe ich gewartet, Lindsay!" Ich erwiderte das Lächeln, aber es war nicht echt.

Meine Worte waren ehrlich gewesen. Ich wollte mir nicht von meinen Gefühlen die Zukunft versauen lassen, aber andererseits fühlte ich mich noch nicht unbedingt bereit wieder in Vorlesungen zu gehen. Doch ich hatte nicht wirklich eine Wahl. Es musste sein! Ich konnte nicht die ganze Zeit Trübsal blasen!

Trotz diesen Gedanken fühlte ich mich innerlich jedoch leer und ausgelaugt. Ich konnte nur sehr wenig schlafen. Wenn überhaupt.

Ich rieb mir meine Augen, um die Müdigkeit zu vertreiben. Sam beäugte mich skeptisch, aber er sagte nichts dazu. Den Rest des Weges verbrachten wir wieder in Schweigen.

In unserem Vorlesungssaal ließ ich mich auf meinen üblichen Platz fallen. Der Stuhl unter mir fühlte sich hart und kalt an.

Langsam begann ich meine Sachen auszupacken. Den Block. Den Laptop. Die Stifte. Es wäre bestimmt eine gute Idee die Stifte zu ordnen, oder? Kurzerhand nahm ich sie aus dem Mäppchen und legte sie auf dem Tisch ab. Stabilos auf die eine Seite. Textmarker auf die andere. Wo sollte der Kugelschreiber hin? Ich legte ihn in die Mitte.

„Was machst du da?", hörte ich Sam fragen. Es klang irgendwie weit entfernt. Ich zuckte mit den Schultern. „Siehst du doch", murmelte ich.

Als alle Stifte auf dem Tisch lagen, begann ich sie nach Farben zu sortieren. Erst kam Gelb. Dann Rot. Dann Pink.

Plötzlich hörte ich erneut Sams Stimme. „Du weißt, dass die Vorlesung schon angefangen hat?"

Ich zuckte zusammen und hob meinen Blick. Tatsächlich stand die Professorin schon vor uns und redete. Ich nickte Sam kurz zu und wandte meinen Blick von den Stiften ab und unserer Lehrerin zu. Tief atmete ich durch und versuchte mich auf den Vortrag zu konzentrieren.

Ich kniff die Augen zusammen. Die Professorin redete. Das war eindeutig. Ihre Lippen bewegten sich. Doch irgendwie kam nichts davon bei mir an. Über was redete sie? Mein Kopf schien wie benebelt. Ich nahm ihre Stimme nur wie durch einen Trichter wahr. Ich krallte meine Hände in den Tisch. Ich musste mich konzentrieren.

Irgendwann fühlte ich, wie Sam meine Finger von der Tischkannte löste. „Erde an Lindsay!", hörte ich ihn sagen. Ich zuckte zusammen. „Willst du nicht in die Mensa?"

Verwirrt sah ich ihn an.

„Die Vorlesung ist vorbei!"

Ich schaute mich um. Er hatte Recht. Inzwischen war die Professorin verschwunden und auch die meisten unserer Mitstudenten waren bereits gegangen.

„Ja, lass uns gehen", seufzte ich. Sams Augen verengten sich. „Okaaay", machte er und wartete, bis ich all meine Sachen wieder in meine Tasche gestopft hatte.

Kurze Zeit später ging ich mit ihm den Gang hinab. Wieder blendete ich die Stimmen der anderen Studenten aus und achtete auf das stetige Geräusch meiner Schritte auf dem Boden. Es war irgendwie beruhigend.

Kato & LindsayWhere stories live. Discover now