32.Kapitel

6.6K 219 103
                                    

[Das kleine Mädchen, weinte auch diese Nacht, weil niemand sie lieb hat.]

Das kalte Wasser lässt mich langsam wacher werden. Puh. Ein weiterer anstrengender Tag, der endlich fast vorbei ist. Nur noch zwei Stunden bis 0 Uhr. Dann habe ich diesen Tag auch geschafft.- Ohne Schläge von meinem Vater. Es ist selten, dass ich an einem Tag keine Schmerzen von meinem Vater bekomme. Ich bin dankbar, wenn ich in der Woche mit einer Ohrfeige davon komme. Ich weiß momentan nicht wo er ist, was er macht oder mit wem er ist. Will ich auch nicht wissen. Es interessiert mich nicht. Soll er machen was er will. Ich greife nach dem kleinen Handtuch, trockene mein Gesicht ab und öffne danach meinen hohen Zopf. Aua. Ich mache immer den gleichen Fehler. Ich weiß, dass ich meine Haare nicht so fest binden soll. Ich weiß auch welche Folgen ich ertragen muss, wenn ich den ganzen taglang mit einem zu festen Zopf rumlaufe. Trotzdem mache ich es. Ich massiere meine Kopfhaut und höre schon im nächsten Moment wie sich dir Tür öffnet. Kurz denke ich, dass mein Vater genommen ist, aber höre dann die lauten Stimmen meiner Brüder. ,,Wir sind da!" Immer müssen sie so laut sein. Sie wissen doch das Mama einen leichten Schlaf hat. Seufzend bürste ich meine Haare, lasse sie offen. Danach höre ich mehrfaches Klopfen an der Tür. ,,Abla! Ich muss aufs Klo. Geh schnell raus." Halil. Mein achtjähriger Bruder. Da ich weiß, dass er sich sehr schnell in die Hose macht, öffne ich somit die Tür, sehe ihm noch kurz zu wie er hinein stürmt und mit einem lauten Knall die Tür schließt. Ich gehe ins kleine Wohnzimmer, von wo die Stimmen kommen.

Bolat und Hakan sehe ich in der offenen Küche stehen und wie sie durch die Schränke gucken. Ach verdammt. Ich wollte heute noch einkaufen gehen. Das habe ich durch den ganzen Stress vergessen. Wie kann mir das nur passieren? Was essen wir denn jetzt? Zurzeit bin ich so vergesslich geworden. Ich muss das ändern. Vielleicht haben wir ja noch paar Oliven und Weißbrot da. Würde uns das reichen? Für Mama muss ich doch auch noch kochen. Reicht das für uns alle, wenn wir überhaupt noch was zu Essen haben? ,,Abla."
nehme ich die Stimme von meinem kleinsten Bruder war. Mustafa. Ein kleines Lächeln umspielt meine trockenen Lippen, als ich seine Arme um meine Beine spüre. Meine Hände streichen durch seine Haare und ich drücke ihm einen Kuss auf den Kopf.
,,Hoşgeldiniz" begrüße ich meine Brüder und sehe zu Emirhan, der auf der Couch sitzt und auf dem kleinen Handy, das gleichzeitig auch mir gehört, rum tippt. ,,Was geht Efo? Bist früher da." sagt er ohne seinen Blick vom Handy zu nehmen. ,,Ja. Durfte heute früher gehen." erwidere ich und setze mich neben ihm. Müde lehne ich mich nach hinten und lege meine Füße auf den kleinen Couchtisch, dessen Bein vorne, rechts knackige Geräusche von sich gibt. ,,Warst du eigentlich einkaufen?" kommt mir die hungrige Stimme von Hakan ins Ohr und lässt mich zu ihm gucken. Entschuldigend schüttele ich mit meinem Kopf. ,,Haben wir noch was im Kühlschrank? Wenn nicht, gehe ich zu Hikmet Amca." Ein Kopfschütteln seinerseits, lässt mich diesmal aufstehen. Gelegentlich hat Hikmet Amca's Laden bis 21 Uhr auf, aber ab und zu Mal schliesst er den Laden früher, wenn keine Menschen mehr kommen. Ich hoffe er hat noch offen. Ich werfe einen Blick auf meine dünne Armbanduhr und presse meine Lippen zusammen. Noch 10 Minuten. Ich muss dann wohl rennen. Doch bevor ich das Wohnzimmer verlasse, ertönt Emirhans Stimme. ,,Nein man. Der hat zu. Wir sind gerade da vorbei gelaufen. Lass doch einfach Çiğ Köfte essen gehen." Oh. Schade. Eigentlich würde ich lieber was kochen, aber wegen dieser Erschöpftheit und Müdigkeit, lasse ich mir sein Vorschlag durchs Kopf gehen. Çiğ Köfte? Schon wieder? Erst vorletzten Abend haben wir das gegessen. Aber besser als nichts. Reicht das Geld überhaupt dafür?
Fragend gucke ich zu meinem großen Bruder, der sofort versteht, in seine Hosentasche greift und zwanzig Lira heraus holt. Das reicht nicht. Ich laufe in den Eingangsbereich, hole es meinem Rucksack mein Portmonee heraus und gucke kurz hinein. Da ich nicht genau weiß, wie viel es am Ende kosten wird, werfe ich es wieder in meine Tasche und schultere mir sie über die Schulter. Dann mal los.

TURKISH MAFIAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt