50.Kapitel

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Halte kurzzeitig meinen Atem an, ehe sich meine Augen weiten. Er-er hat? Hat er wirklich ein Nagellack mit meiner Augenfarbe gefunden und gekauft?
,,Du-du...wo hast du es sowas gekauft?" frage ich stotternd und kann es kaum glauben. ,,Ein Freund von mir hat's selber gemacht." ,,Wie-wie jetzt?" Er verdreht seine Augen und legt plötzlich seine Hand um meine Taille, zieht mich mit einem Ruck gegen sich. Meine Augen weiten sich ein weiteres Mal und ich gucke um mich herum. Verdammt! Was macht er da? Doch nicht in der Öffentlichkeit, wo seine Männer, andere Menschen und die Kinder uns sehen können. ,,An dem Abend als du Hakan abgeholt hast und ich dich zum ersten Mal gesehen habe, bin ich am paar Tage später in seine Firma gegangen." Er stoppt kurz, bevor er weiterredet. ,,Habe ihm deine Augenfarbe beschrieben und er hat's gemacht." Ich bin baff. Wow. 

Gucke entgeistert in seine Augen, doch wende dann den Blick ab, als ich merke, dass sich meine Augen mit Tränen füllen. Das sind aber keine Tränen, die durch Schmerz entstanden sind. Nein...ich...ich bin einfach überfordert. Er überwältigt mich. Er hat wirklich einen Nagellack mit meiner Augenfarbe gekauft?! Um sicherzugehen, das er das ernst meint, gucke ich in sein Gesicht, das mich betrachtet. Er guckt mich normal an und es sieht nicht so aus, als ob er einen Witz macht. ,,Atakan..." hauche ich und lege meine Hand zögerlich auf seine Brust ab.
Er summt nur. Oh Gott. Gucke zu meinen Fingernägeln und wieder in sein Gesicht. Wieder meine Fingernägel und in sein Gesicht. Schlucke. Ehe ich reagieren kann, spüre ich eine Träne, die ich nicht aufhalten kann, meine Wange entlang fließen. Will sie weg wischen, doch eine Hand kommt mir zuvor. Atakan wischt meine Träne weg und zum ersten Mal erkenne ich Unsicherheit in seinen dunkeln Augen. ,,Findest du es nicht schön? Sonst würdest du es doch gar nicht auf deine Nägel lackieren." ,,-Doch, doch. Ich...ich mag sie. Ich bin nur überfordert und-und überrascht."

Er soll nicht unsicher sein. Er soll nicht darüber unsicher sein, ob er etwas gutes gemacht hat. Er weiß nicht, wie sehr mich das emotional macht, zu wissen, dass jemand meine Augenfarbe beschreiben kann und wirklich nur für mich ein Nagellack in dieser Farbe erstellen lässt. Zu wissen, dass jemand, der mich nur paar Minuten gesehen hat, meine Augenfarbe so detailliert beschrieben kann. Das...das macht mich so emotional. Ich weine. Wortwörtlich. Ich weine. Ich verstecke mein Gesicht in meinen Händen und kann mit dieser plötzlichen, starken emotionalen Lage nicht umgehen. Ich will mich bedanken, doch schluchze stattdessen laut auf. Ich will ihn umarmen, doch kann mich nicht bewegen. Ich will ihn wissen lassen, wie sehr er mich damit glücklich gemacht hat, doch kein Wort verlässt meinen Mund. Ich will ihn anstrahlen, damit er sieht, wie richtig seine wunderschöne Tat ist, stattdessen weinen meine Augen. Ich weiß nicht, wie ich zu reagieren habe. Ich weiß nicht, was richtig oder falsch ist. Deshalb weine ich.

,,Efo?" höre ich plötzlich die fragende Stimme von Zeynep neben mir. Entferne mich stumm von Atakan und nehme meine Hände von meinem Gesicht weg. Lasse den Blick gesenkt, damit sie nicht sieht, das ich geweint habe. ,,Geht es dir gut?" fragt sie weiter und streichelt auf einmal meinen Oberarm. Zucke zusammen, weil ich mich erschreckt habe. Wortlos nimmt sie ihre Hand weg. Schlucke und spüre den durchdringenden Blick von Atakan auf mir. Was er wohl gerade denkt? Bestimmt denkt er, dass ich bescheuert und undankbar bin, weil ich mich nicht bedankt sondern geweint habe. Es liegt nicht in meiner Hand. Ich kann ihr nicht antworten, weshalb Atakan eingreift. ,,Wir gehen jetzt. Hol Ilyaz und setzt euch ins Auto." Sie geht wieder.
Ich atme zittrig aus und versuche mich zu beruhigen. Automatisch wandern meine Augen zu meinen Nägeln und betrachten die Farbe. Die Farbe meiner Augen. Atakan. Ach ach. Was bist du für ein Mann? Wenn du nur wusstest, was du gerade mit mir machst...

Wortlos stehe ich auf und streiche über mein Gesicht, bevor ich rüber zu sein Auto laufe. Steige ein. Schnalle mich an und lege meine Hand auf mein Bauch. Dieses...dieses Kribbeln ist schon seit Tagen in meinem Bauch, doch irgendwie wird es größer und verteilt sich überall auf meinen Körper. Komisch. Was ist das für ein komisches Kribbeln? Wenige Minuten später kommt Atakan ins Auto und startet den Motor. Sehe aus dem Augenwinkel wie er mich anguckt, doch ich lehne meine Schläfe an die Fensterscheibe und kann ihn nicht angucken. Er fragt nicht nach. Danke Atakan. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Wie soll ich etwas erklären, was ich selbst nicht verstehe?

TURKISH MAFIAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt