Kapitel 1

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Endlich Sommerferinen!

Heute fliegen meine Eltern mit meinem Bruder Dominik für ganze fünf Wochen weg. Das heißt ich habe ganze fünf Wochen Strumfrei und kann tun und lassen was mir gefällt. Natürlich hätte ich mitkommen können, doch da es schon das vierte mal hintereinander gewesen wäre, habe ich dankend abgelehnt.

Erst war meine Mutter skeptisch, doch dank meiner Überredungskünste konnte ich sie davon überzeugen alleine zu bleiben und mich selbst zu Versorgen. Nun muss ich mich jeden zweiten Abend melden, damit sie weiß, dass alles in Ordnung ist.

Vater: Michelle würdest du uns bitte helfen die Koffer ins Auto zu laden, du bist hier schließlich nicht zum rumstehen.

Ja, typisch mein Dad, er hat eine harte Schale, regt sich schnell auf und ist auch manchmal sehr aggressiv, doch ich denke, dass er wie alle Eltern nur das Beste für mich will.

Ich: Jahaaaaaa sofort!

Um ehrlich zu sein, es nervt mich maximal an, dass ich immer die Drecksarbeit machen muss, ich meine, wieso muss ich die sau schweren Koffer tragen und nicht mein Bruder?

Damit will ich nicht sagen, dass ich schwach bin, im Gegenteil für ein Mädchen habe ich ganz schön Kraft, jedoch finde ich es Unfähr. Dominik sitzt drinnen und zockt an seinem Handy.

Aber besser ich sage nichts sonst krieg ich noch ne Ansage. Mein Vater hasst es wenn ich rebelliere und respecktlos werde.

So helfe ich einfach ohne zu meckern das Gepäck einzuladen.

Wenn ich so darüber nachdenke sind die drei die letzten, die ich auf der Welt noch habe an Verwandtschaft seit dem Tod meiner Großeltern letztes Jahr. Ich habe sie über alles geliebt, war fast jede freie Minute bei ihnen und vermisse sie nun so sehr, immerhin habe ich mit ihnen über alles geredet, sie haben mir alles beigebracht und mich von Allen am Besten verstanden.

Ich darf gar nicht über sie nachdenken, sonst kommen mir wieder die Tränen und das will ich absolut nicht jetzt. Eigentlich will ich die drei nur mit wegbringen und dann einen schönen Gruselfilm schauen oder sowas in der Art. Vielleicht rufe ich dazu auch meine beide Freunde Michi und Franzi an, aber da bin ich mir nicht so sicher.

Am liebsten hätte ich es jetzt eh wenn Jan bei mir wäre. Aber da ich ja abgelehnt habe mit zufliegen, werde ich meinen norwegischen Freund wohl dieses Jahr nicht sehen, dass tut mir weh, aber irgendwie auch nicht, da ich genau weiß, dass er mich versteht. Ich bin einfah weder der Stadt- noch der Inseltyp. Auch wenn man auf der Insel sehr viel Freiraum hat und er meine Ferien sicher interessant gemacht hätte. Das meine ich jetzt nicht im sexuellen Sinne, zwischen uns wird nie etwas laufen doch er ist ein sehr lustiger, aufgeschlossener Mensch mit ziemlich guten Ideen.

Ihn zähle ich also noch zu meinen Freunden und damit wäre die Runde auch komplett. Ja, ich habe nur drei richtige Freunde und manche würden sagen, dass es zu wenig ist, aber es reicht mir völlig, denn bei den Dreien bin ich mir absolut sicher dass sie mich weder hintergehen, noch ausnutzen würden (auch wenn ich nicht genau weiß, was man bei mir ausnutzen könnte, denn ich habe auch nicht sehr viel Geld).

Auf dem Weg zum Flughafen denke ich viel an Jan und zweifel fast an meiner Entscheidung hier zu bleiben, doch es ist nun eh zu spät. Nachher werden wir wieder Schreiben, dass weiß ich genau denn wir tun es jeden Tag, auch wenn es nur auf Englisch ist.

Mama: Steigst du auch aus oder willst du die nächsten drei Wochen hier im Auto verbringen Michelle?

Ich erwache aus meinem Tagtraum. Sind wir etwa schon da? Scheint so, denn sonst würde mich ja keiner so anstacheln.

Schnell steige ich aus und gehe nach hinten zum Kofferraum. Wo meine Mutter schon ungeduldig wartet und mir sogleich einen Koffer in die Hand drückt.

Mama: Wo warst du denn wieder mit deinem Kopf?

Ich: Ach, ich habe nur ein bisschen geträumt. Bin gestern zu spät ins Bett.

Mutter: Na ist ja nichts Neues bei dir.

Sie grinst und bedeutet mir dass ich meinem Bruder und meinem Vater in den Flughafen folgen kann und sie den Rest nimmt. Drinnen gehen wir sofort zum Checkpoint und danach zur Gepäckabgabe...nun heißt es Abschied nehmen denke ich.

Vater: So, hier ist Endstation für dich. Findest du allein zurück? Ja oder?

Ich: Klar, so schwer ist es ja nicht.

Er nimmt mich kurz in den Arm, wobei ich auf den Zehenspitzen stehe, weil ich so klein bin, und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

Vater: Du kannst uns immer anrufen, wenn was ist, dass weißt du.

Ich: Ja ich weiß. Meldet euch sobald ihr gelandet seid. Hab dich lieb.

Als nächstes ist mein Bruder dran, ich gehe einen Schritt auf ihn zu und will ihn umarmen, doch er weicht mir aus. Das wundert mich nicht, unser Verhältnis ist seit dem Tod unseres Opas schlechter denn je.

Er meint immer, dass ich eiskalt bin, weil ich keine Emotionen zeige. Dabei fällt es mir sehr schwer vor anderen Menschen zu weinen. Ich will einfach nicht, dass jemand sieht wie verletzlich ich wirklich bin. Das bin nun mal ich und ich kann mich nicht ändern. Es macht mich traurig, trotzdem sage ich ihm, dass ich ihn lieb hab und wünsche ihm einen tollen Urlaub.

Dominik: Ja ja, dir auch.

Das ist alles was ich von ihm noch höre.

Zum Schluss ist meine Mutter dran, sie kommt auf mich zu, gibt mir ein bisschen Geld und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

Mama: Pass gut auf dich auf und wenn irgendwas ist kannst du zu Holger gehen, er ist informiert und wird auch ein bis zwei mal die Woche vorbei schauen.

Holger ist mein Nachbar, ungefähr mitte 30 und wir verstehen uns eigentlich sehr gut, doch ich will absolut nicht, dass er nach mir sieht wie nach einem Kleinkind.

Ich: Ohh Mama, das muss doch nicht sein, ich bin 16 Jahre alt und kann alles was ich zum Überleben brauche.

Sie nickt.

Mama: Trotzdem wird er nach dir sehen. Hab dich lieb kleine Maus.

Ich: Ich dich auch und grüß Jan lieb von mir.

Mama: Ja mach ich. Er war überigens wirklich enttäuscht als er erfahren hat, dass du nicht mitkommst.

Ich: Ja, ich weiß, unser Chat war danach mehr als überfüllt.

Nun müssen wir beide Lachen und sie drückt mich nochmal ehe ihr Flug aufgerufen wird und gehen.

Alle: Tschau, viel Spaß!!!!

Ich winke noch zum Abschied, aber sobald sie nicht mehr zu sehen sind drehe ich mich um, stecke das Geld von meiner Mutter in die Tasche und gehe zum Ausgang. Dort orientiere ich mich erstmal bevor ich mit Kopfhörern und somit Musik in den Ohren zum Bahnhof laufe und meine Bahn gerade noch so erwische.

Nun fahre ich eine kleine Ewigkeit zurück nach Birkenwerder und laufe den Weg runter nach Hause.

War of Hormone [Wird Überarbeitet]Where stories live. Discover now