Geheime Gefühle

136 17 66
                                    

Drei Jahre zuvor - Biancas Sicht:

Oops! This image does not follow our content guidelines. To continue publishing, please remove it or upload a different image.

Drei Jahre zuvor - Biancas Sicht:

,,Die nächste Person auf die unsere Flasche zeigen wird, muss Aubry küssen'', verkündete Riley, als sie der Flasche einen leichten Stups gab.

Gespannt beobachteten wir die Flasche, bis sie immer langsamer wurde und nach ein paar Sekunden auf einmal bei mir stehen blieb. Schwer schluckend blickte ich zu Aubry, die mich nun mit großen Augen ansah. In meinem Magen fand ein komplettes Gefühlschaos statt.

Aubry Collins war ein wunderschönes Mädchen. Ihre blasse Haut harmonierte unbeschreiblich gut zu ihrem vollem kastanienbraunes Haar und ihren ozeanblauen Augen.

Ihre Lippen hatten die perfekte Form und waren meistens rosig von dem Lipglos, den sie nur allzu gerne benutzte. Ihre kleine Zahnlücke war ihr einmaliges Markenzeichen. Ich hatte außer ihr noch keinen Menschen getroffen, dem Makel so gut stand wie ihr.

Ihr Lachen war hell und ihrer honigsüßen Stimme hätte ich bestimmt den ganzen Tag einfach nur zuhören können. Ich hatte sie schon so oft heimlich beobachtet, wann immer sich die Möglichkeit geboten hatte. Sie kriegte kleine Lachfältchen, wenn sie stark grinste oder lachte und biss sich auf die Unterlippe, wenn sie nervös war.

Sie gestikulierte immer sehr stark mit den Händen, wenn sie etwas begeisterte und verzog meistens wütend ihren süßen Mund, wenn sie etwas furchtbar aufregte. Ich wusste, dass sie gerne lange Pullis und weite Hosen trug, wenn sie sich vor der Welt verstecken wollte und enganliegende, wenn sie sich wohl in ihrer Haut und selbstbewusst fühlte. Ich kannte sie und ihre Verhaltensweisen mittlerweile in und auswendig.

Wie in Zeitlupe bekam ich mit, wie Aubry von ihrem Platz aufstand und auf mich zukam. Etwas zaghaft erhob ich mich und stand ihr nun nur eine Nasenspitze entfernt direkt gegenüber.

,,Na komm schon, Bianca. Ich verspreche dir, dass ich dich nicht beißen werde'', gab sie lachend von sich und hatte dabei gar keine Ahnung, was für Heidenängste mir gerade durch den Kopf gingen.

Was ist, wenn ich nach diesem Kuss nicht mehr in der Lage war, mit ihr befreundet zu sein, ohne daran zu denken, ihren Mund wieder auf meinen spüren zu wollen?

Was ist, wenn ich mich nicht unter Kontrolle hatte, etwas falsch machte und damit unsere Freundschaft aufs Spiel setzte?

Was ist, wenn damit rauskam, dass Bianca Robinson Mädchen sehr attraktiv und begehrenswert fand?

Aubry gab mir gar nicht erst die Zeit mich all diesen Fragen zu widmen, weil sie einfach mein Gesicht zu ihrem zog und mich in einen atemberaubenden Kuss verwickelte. Ihre Lippen streiften meine und es war das schönste Gefühl, das ich in meinem Leben jemals gespürt hatte. Ich nahm sie währenddessen mit jedem meiner Sinne wahr.

Ihren betörenden Duft nach ihrem Lancôme-Parfüm. Ihren heißen Atem, der nah dem Glühwein roch, den wir vorhin noch getrunken hatten. Die weiche Haut ihre Hände, weil sie mein Gesicht in ihren Händen hielt. Ihr braunes Haar, welches ihr leicht ins Gesicht fiel und mich auf meiner Wange kitzelte.

Das Einzige, was ich in diesem Augenblick wahrnahm, war sie. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich jemanden geküsst hatte, bei dem es sich so unglaublich gut und intensiv angefühlt hatte. Ich schloss unwillkürlich die Augen und wollte einfach nur für immer in diesem großartigen Moment bleiben und ihn genießen.

Am liebsten hätte ich gar nicht mehr damit aufgehört, sie zu küssen. Aber gleichzeitig war ich mir vollkommen bewusst, dass es nicht richtig wäre diesen Kuss noch weiter groß hinauszuzögern. Als würde es Aubry genauso gehen, ließ sie von mir ab und grinste breit, als die Leute um uns herum aus Spaß zu johlen begannen.

Sie war eine gute Freundin, das hier hätte also absolut nichts in mir auslösen sollen. Denn es war ja schließlich nichts dabei, eine gute Freundin zu küssen. Aber für mich war das hier wie ein wahrgenommener Traum, wenn man davon absah, dass ich ein Mädchen war und mich deshalb eigentlich nicht anderen Mädchen gegenüber hingezogen fühlen sollte. Schon gar nicht, wenn ich mit ihnen befreundet war.

Der Gedanke, dass andere über mich reden würden, nur weil ich Mädchen irgendwie anziehender fand als Jungs, machte mir Angst. Niemand durfte davon wissen. Ich schämte mich regelrecht dafür, dass ich zu solchen Gedanken überhaupt fähig war. Niemand würde die richtige Bianca Robinson, so wie sie in Wirklichkeit war, akzeptieren. Nicht diesen Teil von mir.

Das Verlangen nach jemanden mit dem gleichen Geschlecht war nicht normal. Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Irgendetwas in mir musste einfach komplett defekt sein. Vielleicht musste ich einfach den richtigen Typen finden, damit die Anziehungskraft gegenüber Aubry endlich wegging.

Eventuell musste ich meine eigenen Gefühle nur lange genug unterdrücken, um diesem Gefühlschaos endlich ein Ende zu bereiten. Die Entscheidung das starke Kribbeln, das mich nach dieser unvergesslichen Erfahrung einnahm, vehement zu ignorieren, stand fest. Am besten ich vergaß diese Nacht und tat so, als wäre es niemals zu diesem Kuss gekommen.

,,Dann wollen wir mal sehen, wer als nächstes dran ist'', gab ich selbstischer von mir, als ich die Flasche anstieß und eine neue Runde anfing.

Band 2 der Living Reihe - Living for the lectures you gave me ✔️Where stories live. Discover now