Verwirrende Gefühle

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Biancas Sicht:

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Biancas Sicht:

,,Hey, du."

Überrascht drehte ich mich um, und sah, dass ein unbekanntes Mädchen meinen Platz zugesteuert hatte. Sie lächelte mich freundlich an. Sie besaß kurzes dunkles Haar und hatte einen Pony, der ziemlich gut zu ihrer Gesichtsform passte.

Auf ihrer Nase befand sich ein kleines Piercing, das ihr ausgesprochen gut stand. Ihre Zähne waren schneeweiß und ihre honigbraunen Augen waren wirkten einladend und herzlich.

Ich würde es niemals laut zugeben, aber ich empfand sie als äußerst attraktiv. Und genau dafür schämte ich mich in diesem Augenblick.

,,Hi", grüßte ich sie unsicher.

Was genau wollte sie von mir?

Warum genau hatte sie meinen Tisch zugesteuert?

,,Normalerweise mache ich das eigentlich nicht. Aber du hast auf mich sehr sympathisch gewirkt und da dachte ich mir, ich spreche dich einfach an. Vielleicht wird man ja am Ende für seinen Mut belohnt. Ich heiße Valerie." Ich fand es mehr als süß, dass sie sich verlegen auf die Unterlippe biss. Irgendwie schmeichelte es mir, dass sie mich einfach angesprochen hatte, obwohl wir uns nicht kannten. ,,Wenn das irgendwie komisch finden solltest, kann ich das verstehen. Ich würde dich dennoch sehr gerne kennenlernen. Also so Datingmäßig, wenn das natürlich auch in deinem Interesse wäre."

Der hoffnungsvolle Blick den sie mir gab, versetzte mir einen Stich im Herzen. Hoffentlich würde mein Korb ihr nicht so sehr weh tun.

,,Ich danke dir für deinen Mut, Valerie. Aber du solltest wissen, dass ich weder Bi noch lesbisch bin. Ich bin bereits an einen guten Jungen vergeben. Aber ich hoffe wirklich für dich, dass du jemanden Tollen finden wirst", meinte ich zu ihr bedauernd.

Und dabei erzählte ich ihr nur die halbe Wahrheit. Wenn ich mir selbst eingestehen würde, dass ich Mädchen attraktiv fand, hätte ich sie vermutlich auch angesprochen. Sie wäre genau mein Typ.

Ich fand es mehr als mutig von ihr, dass sie mich einfach angesprochen hatte. Ich mochte Menschen mit Selbstbewusstsein. Wenn ich ehrlich zu mir selbst wäre, hätte ich sehr gerne mehr über sie erfahren.

Wenn ich der Wahrheit ins Gesicht gesehen hätte, hätte ich zugegeben, dass es in meiner Beziehung alles andere als gut lief. Vor allem gefühlstechnisch. Das galt sowohl für mich als auch für meinen Freund.

Er hatte vorhin meine Hand gehalten, aber ein inneres Gefühl sagte mir, dass er es nur getan hatte, weil man es eben in einer Beziehung so machte. Sein Herz gehörte nicht mir.

Aber ich wollte der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen und verdrängte sie so gut es ging aus meinen Gedanken.

,,Alles gut, ich verstehe. Einen Versuch war es wert."

Valerie lachte, aber ich wusste, dass sie damit innere Unsicherheit überspielen wollte.

,,Verrätst du mir wenigstens deinen Namen?"

,,Bianca", stellte ich mich ihr vor.

,,Ein hübscher Name. War nett, dich kennengelernt zu haben, Bianca", sagte sie zu mir.

,,Das fand ich auch, Valerie'', erwiderte ich.

Wir winkten uns zum Abschied noch zu und dann war sie auch schon wieder verschwunden.

Ich atmete tief durch und stand auf. Meine Füße trugen mich auf die Toilette, wo ich mein viel zu heißes Gesicht mit etwas Wasser zu kühlte.

Wenn ich ganz allein nach meinen inneren Instinkten entscheiden hätte, hätte das eine ziemlich brenzliche Situation für mich werden können. Doch zum Glück konnte ich mich noch auf meinen Verstand verlassen.

Ich wollte mich dafür verfluchen, dass ein anderer Mensch so ein Gefühl überhaupt in mir auslösen konnte. Doch gegen die eigenen Emotionen war man manchmal einfach absolut machtlos.

Als ich in den Spiegel blickte, sah ich einer jungen Frau mit rötlichen Wangen entgegen. Ihr rotes Haar war nicht so ordentlich wie das von ihren Schwestern. Einzelne Strähnchen standen ihr leicht vom Kopf ab.

Ihr Makeup sah längst nicht so perfekt aus und ihr Lippenstift saß nicht mehr so richtig wie heute Morgen, als sie diesen aufgetragen hatte. Ihre Augen waren müde, weil sie sich andauernd Gedanken darüber machte, ob sie genug war. Sie war nun einmal das schwarze Schaf und damit verdammt, immer etwas zu wenig zu sein.

Und nein, ich wollte mir die Frage nicht stellen, wer Bianca Robinson in Wirklichkeit war. Dann würden Dinge das Tageslicht erblicken, die ich zu verstecken versuchte. Ich durfte gar nicht erst über diese Frage nachdenken und sie mit einem offenen Fragezeichen stehenlassen.

Ich ermahnte mich selbst, mich zusammenzureißen und zu beruhigen. Es war alles gut so, wie es war. Ich ging aufs Klo und lief wieder zurück zu dem Tischplatz, den ich für mich und Josh ausgesucht hatte.

Mein Freund saß schon bereits an dem besagten Tisch und hatte uns beiden einen Cappuccino geholt.

,,Da bist du ja'', rief ich aus und drückte ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.

Und ich fühlte leider nichts dabei, obwohl ich es wirklich wollte. Das schlechte Gewissen saß tief in meiner Magengegend und nagte an mir.

Ob er das spüren konnte?

,,Ist etwas los, Babe?'', fragte er mich, als er mir ins Gesicht sah.

Anscheinend sah er mir an, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich hätte nein sagen sollen. Ich hätte ihm gegenüber zugeben sollen, dass die großen Gefühle bei mir einfach nicht da waren. Dass ich mich wahrscheinlich niemals in ihn verlieben könnte.

Ich hätte ihn darauf ansprechen sollen, dass mir eine innere Stimme mir sagte, dass er möglicherweise meine beste Freundin Selina um einiges mehr mochte als mich. Doch ich tat es nicht.

,,Es ist nichts, alles gut'', versicherte ich ihm.

Wir würden das hinkriegen. Ich würde mich anstrengen während der Klassenfahrt und ihm beweisen, was er an mir hatte. So schnell gab Bianca Robinson nicht auf. Und vielleicht wollte ich mir auch gerade auch einfach etwas das schlechte Gewissen abwaschen.

,,Hast du Lust, gleich mit mir den Las Vegas Strip zu erkunden? Wir könnten mit den Fahrrädern an diesem entlangfahren'', schlug ich ihm vor und versuchte so enthusiastisch wie nur möglich zu klingen.

,,Klar, warum nicht'', gab er sich einverstanden.

Wir tranken unsere heißen Getränke aus und gingen dann nach draußen. Dort fanden wir einen Ort in der Nähe, wo man sich ein Fahrrad ausleihen konnte. Es machte sehr viel Spaß, mit Josh Zeit zu verbringen. Aber es fühlte sich zu keiner Sekunde so an, als wäre er mein Freund.

Es kam mir eher so vor, als wären wir zwei gute Freunde, die sich gerade gemeinsam Las Vegas ansahen. Da waren keine rosa Herzen in die Augen geschrieben, wenn wir uns ansahen.

Keine rein zufälligen Berührungen, die signalisierten, dass wir Freund und Freundin waren.

Und ich war mehr als enttäuscht, weil ich gehofft hatte, dass wir anders füreinander empfinden, wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen würden. Dem war aber nicht so.

Band 2 der Living Reihe - Living for the lectures you gave me ✔️Where stories live. Discover now