Du bist stärker als du denkst

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Biancas Sicht:

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Biancas Sicht:

,,Jetzt mach doch nicht so ein großes Drama daraus, Bianca'', beschwerte sich meine Mutter, als ich ihr und meinen Schwestern beim Abendessen erzählte, dass es zwischen mir und Josh aus war.

Es gab mein Lieblingsessen, Offenkartoffeln mit einer Jogurtsoße. Ich hatte dennoch keinen Hunger und kriegte kaum einen Bissen runter. Der Nachmittag saß noch tief in meinen Knochen.

Ich hatte für eine ganze Weile in meinem Bett gelegen und geheult. Aber nicht, weil ich Josh vermisste oder es mir wehtat, dass er nicht mehr mein Freund sein wollte. Ich hatte geweint, weil mir mal wieder bewusst geworden war, dass Bianca Robinson nie etwas vernünftig hinbekam.

Sie war dazu verdammt, stehengelassen zu werden und zu viel zu sein. Und dabei probierte ich doch alles, damit die Dinge funktionierten. Das schien dennoch nicht genug zu sein.

,,Mama hat recht. Wir hatten um ehrlich zu sein sowieso nicht erwartet, dass es lange halten würde. Ein Junge wie er und du, das passt einfach nicht. Es ist gut, dass es zwischen euch aus ist. Er wird bestimmt ein Mädchen finden, dass ihn glücklich machen kann'', war meine Schwester Estelle überzeugt.

Dass sie das sagte, setzte nochmals einen weiteren großen Stich in mein Herz.

Du bist doch meine Schwester!

Solltest du mich nicht eigentlich bestärken und mir versichern, dass ich eines Tages mit jemandem glücklich sein kann?

Ich betrachtete Estelles perfekt Gesicht mit diesen verdammt perfekten Wangenknochen und mir war innerlich zum Kotzen. Natürlich konnte sie so etwas zu mir sagen.

Sie war nun mal perfekt und ich nicht. Und daran würde sich nie etwas ändern. Wäre ich sie, hätte Josh wahrscheinlich niemals mit mir Schluss gemacht. Das bittere Gefühl saß tief in der Magengrube und nahm mich voll und ganz für sich ein.

,,Ich sehe es genauso wie Estelle. Du kannst dich glücklich schätzen, dass ihr beide überhaupt zusammengekommen seid. Ich jedenfalls hätte nie daran geglaubt'', mischte sich nun auch meine andere Schwester Camilla ein.

Ich sah zu meiner Mutter in der Hoffnung, dass sie etwas sagen würde. Dass sie ihre Töchter zurechtweisen würde, weil man so nicht mit der jüngsten Schwester sprach. Doch sie blieb still und tat völlig gleichgütig.

Am liebsten hätte ich aus lauter Frust laut geschrien und wahrscheinlich hinterher weinend die Küche verlassen. Doch ich riss mich zusammen und zeigte keine große Reaktion, weil ich so etwas schon längst gewohnt war.

Seit Jahren schon hatte ich damit leben müssen, dass meine Schwestern nun mal auf einem höheren Podest standen als ich. Das tat zwar weh, doch ich konnte nichts dran ändern.

Und dabei hätte ich gerade eine feste Umarmung mehr als gebraucht. Ich hätte jemanden gebraucht, der mich beruhigt und versichert hätte, dass ich auch ohne Freund gut war. Dass ich dennoch liebenswert sei und es okay war, dass es eben mit dieser einen Person nicht geklappt hatte.

Mama, warum bist du so kalt mir gegenüber?

Warum nimmst du mich nicht in den Arm und versicherst mir, dass alles gut werden wird, auch wenn es zwischen mir und meinem Freund nicht geklappt hat?

Warum hast du heute nicht meine Tränen getrocknet, die ich wegen der unerwarteten Trennung vergossen habe?

Warum lässt du zu, dass sich meine Schwestern für etwas besseres halten als ich?

Es tut mir so verdammt leid, dass ich eben alles andere als perfekt bin.

,,Wenn ihr das so meint, bitte'', gab ich deprimiert von mir und senkte den Kopf. ,,Ich habe keinen Hunger mehr, ich gehe ins Bett.''

Keiner sagte etwas, als ich aufstand und die Küche verließ. Keiner rief mir nach und bat mich, zu bleiben. Als ich zurück in meinem Zimmer war, fragte ich mich, warum ich überhaupt zum Abendessen runtergegangen war.

Zum Glück war meine Austauschpartnerin Keila von ihrem Treffen mit ihren Freundinnen Kate und Louise noch nicht zurückgekommen und hatte sich das Ganze mitangehört. Das hätte mich noch mehr gedemütigt.

Toby musste recht gehabt haben, als er an dem Tag unserer Trennung gesagt hatte ,,Dich wird nie jemand lieben können, Bianca.'' Damals hatte ich ihm nicht geglaubt, doch nun hatte Josh mir die Bestätigung gegeben, dass es stimmte.

Ich hasste mich dafür, dass ich Bianca Robinson sein musste. Wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hätte ich freiwillig mein Leben gegen das von jemand anderem eingetauscht. Ich hatte so etwas von genug davon, das schwarze Schaf sein zu müssen.

Und ich konnte und wollte das nicht mehr. Doch ich wusste ich nicht, wie ich ein anderer Mensch sein konnte. Ich war verzweifelt und hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.

Vielleicht ließ sich das niemals ändern. Ich würde für immer das schwarfe Schaf und ungeliebt bleiben. Selbst meine roten Haare, mein Makeup und mein Push-Up würden das nicht ändern können.

Warum versuchte ich noch die Welt vom Gegenteil zu überzeugen?

Es brachte nichts, dass ich auf selbstbewusst tat, mit ausgestreckter Brust herumstolzierte oder wie ein Wasserfall sprach.

Ich war eine Heuchlerin, die probiert hatte, der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen zu müssen. Niemand würde sich in mich verlieben können und das musste ich akzeptieren.

Ich kauerte mich auf meinen Teppich und fühlte mich unfassbar allein. Allein mit diesen betdrückenden Gefühlen, die sich in diesem Augenblick nicht verscheuchen ließen. Ich nahm jedes davon auf und ließ sie über mich ergehen.

Ich hätte es besser wissen sollen. Niemand konnte dafür sorgen, dass ich nicht das schwarze Schaf war, nicht mal ein Josh Harrison. Ich begriff, dass ich mit ihm zusammengekommen war, weil ich nach dieser Sache mit Toby dringend jemanden gesucht hatte, der mich vom Gegenteil überzeugen konnte. Es war zwecklos. So einen Menschen gab es nicht und würde es auch nie geben.

Um mich etwas abzulenken, griff ich nach meinen Kopfhören und meinem Handy und ließ irgendeine Musik in voller Lautstärke laufen.

Dabei achtete ich nicht mal darauf, welches Lied ich da überhaupt ausgesucht hatte. Doch plötzlich sang eine Sängerin, die ich von der Stimme her nicht kannte, etwas, dass mich aufhören ließ.

Ich habe keine Angst davor, das alleine zu machen.

Ich weiß, dass es dir Angst macht, doch ich bin mein eigenes Zuhause.

Ihre Worte berührten mich und brachten mich auf den Gedanken, ob das auch für mich galt. Und auf einmal wünschte ich mir tief in mir drinnen, dass ich mein eigenes Zuhause sein konnte.

Band 2 der Living Reihe - Living for the lectures you gave me ✔️Where stories live. Discover now