N I N E

1.2K 36 0
                                    

Nach diesem Interview wollte ich zurück zum Mercedes MotorHome. Ich wollte nicht unbedingt in mitten auf der Boxengasse stehen, wo sich gerade die ganzen Reporter und Moderatoren befanden, ich wollte lieber wieder da hin, wo es etwas ruhiger ist. Dass sich der Weg dorthin allerdings, als ziemlich turbulent und umständlich erweisen sollte, bemerkte ich wenig später auch.

Auf dem Paddock tummelten sich hunderte Menschen und ich mittendrin. Unter diesen Umständen, ist eine Panikattacke praktisch vorprogrammiert...

Mit einer gewissen Übelkeit im Magen, blickte ich auf die Menschenmenge. Um mein Ziel, das MotorHome, zu erreichen, musste ich da wohl oder übel durch. Das mobile Gebäude, musste sich natürlich auch auf der ganz anderen Seite des Paddock's befinden...

Na toll.

Um den ganzen Kameras und Moderatoren zu entgehen, zog ich mir meine Käppi tiefer ins Gesicht und die Sonnenbrille auf. Jedoch klappte dieses Versteckspiel nicht besonders gut und so wurde ich schon nach wenigen Metern erkannt. „Livia Wolff? Wollen sie uns ein kurzes Interview geben?" Fragte ein junger Mann, der mir mit dem Micro folgte. „Entschuldigung, vielleicht morgen." Ich versuchte ihn abzuschütteln, was auch funktionierte, nur hatte er meinen Namen so laut gerufen, dass nun jeder auf diesem Planeten wusste, dass ich hier bin. So wurden natürlich auch andere Menschen auf mich aufmerksam und verfolgten mich mit ihren Kameras.

„Können sie uns sagen, ob mehr dahinter steckt, dass sie jetzt erst hier sind?" Wollte eine junge Frau wissen und stellte sich mir in den Weg. Ich blieb abrupt stehen, als mir die Blondine das Microphone entgegen hielt. Die Aufschrift RTL verriet schon was das für eine war... Ich lehnte dankend ab und lief weiter, jedoch ließ sie nicht locker. „Und was ist mit den Fahrern. Können sie uns etwas über die verraten, wie sind sie privat?" Hakte sie weiter nach und folgte mir mit ihrem Team. „Wie schon gesagt, ich gebe keine Interviews mehr!" Forderte ich sie erneut auf, mich in Ruhe zu lassen. Dafür hatte sie allerdings kein Verständnis. „Sie werden uns ja wohl sagen können, wie sie in echt sind?!" Ich blieb erneut stehen und wollte gerade zum Reden ansetzten, als ein anderer, diesen Job für mich übernahm.

„Sie sagte doch bereits, dass sie keine Interviews mehr gibt?!" Lewis stellte sich zwischen die Reporterin und mich. „Lassen sie uns jetzt bitte in Ruhe." Meinte er weiter, woraufhin sie uns tatsächlich in Frieden ließen. Der Brite zog mich mit sich mit, wofür ich ihm mehr als nur dankbar war. Ich will gar nicht wissen, was passiert wäre, wenn er nicht gekommen wäre. „Danke, Lewis." Murmelte ich und lächelte den älteren kurz an. Dieser winkte dies aber als eine Selbstverständlichkeit ab und führte uns weiter durch die vielen Menschen.

Je mehr wir in den Getümmel untergingen, desto mehr stieg auch die Panik in mir. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können, als würde man mir die Kehle zuschnüren. Mein Herz klopfte, das Blut pochte in meinen Adern. Ich versuchte mir diesen Zustand so wenig wie möglich anmerken zu lassen, ich wollte morgen auf keinen Fall eine Schlagzeile über mich lesen, in der steht, was für ein Pussy ich doch bin... Aber das war gar nicht so einfach. Meine Hände zitterten wie verrückt und das bemerkte sogar Lewis, der damit beschäftigt war, uns hier irgendwie durchzubringen, ohne großartig gegen andere Menschen zu stoßen.
Bevor ich mich versah, zog er mich an meiner Gürtelschlaufe zu sich und legte dann einen Arm um meine Taille. Wir beschleunigten unseren Schritt noch weiter, bis wir schließlich unser Ziel erreichten. Wir liefen die Rampe nach oben, wo wir dann direkt ins Innere des Gebäudes verschwanden.

Ohne ein Wort zu verlieren, verzog ich mich im Badezimmer. Ich knallte die Türe hinter mir zu und lief dann auf direktestem Weg zum Waschbecken. Dort versuchte ich irgendwie meine Panik unter Kontrolle zu bekommen, indem ich mir eiskaltes Wasser ins Gesicht schaufelte, aber es brachte nichts. Gleichzeitig vernahm ich leises Klopfen an der Türe und Lewis Stimme, die mich fragte ob alles okay sei. Ich brachte kein Wort raus.

Meine Atmung wurde schnappartig und mein Herz stolperte mehrere Male. Mit einer Hand an der Wand und der anderen an meiner Brust, versuchte ich wieder zu klaren Gedanken zu kommen. Jedoch ohne Erfolg. „Livia, ist alles okay bei dir?" Fragte er erneut, woraufhin ich ein brüchiges „geh bitte" raus brachte. Wenn es eins gibt, was ich unbedingt vermeiden wollte, dann war das, dass mich Lewis so kennenlernt. Wenn er mich heulend hier sitzen sieht, wird er mich nie wieder ernst nehmen können...

„Ich gehe erst, wenn ich weiß, dass es dir gut geht!" Antwortete er und ich drehte innerlich mit den Augen. Warum musste er nur so stur sein. „Ist es okay, wenn ich rein komme?" Fuhr er fort und ich schüttelte den Kopf. Keinen Augenblick später, ging auch schon die Türe auf und der Brite stand in dessen Rahmen. So schnell wie er sie geöffnet hatte, schlug er sie auch schon wieder zu und kam dann in meine Richtung gelaufen.

„Ich habe gesagt du sollst gehen!" Fuhr ich den größeren an und drehte mich dann in Richtung des Waschbeckens. Mit den Händen, stützte ich mich an dessen Rändern ab und versuchte tief durchzuatmen, aber es wollte einfach nicht klappen.
Erst einige Momente später, als sich mein Herzschlag beruhigt - und ich mich wieder etwas gefangen hatte, konnte ich Luft in meine Lunge lassen.
Im Spiegel, der direkt über dem Waschbecken hing, sah ich Lewis. Der Brite war natürlich nicht gegangen, was hatte ich auch erwartet? Stattdessen lehnte er an der Wand hinter mir und beobachtete mich durchs Spiegelbild. Er hielt den Augenkontakt über mehrere Minuten, was mich irgendwann zum durchdrehen brachte.

„Mach dich ruhig über mich lustig..." Nuschelte ich. Innerlich schämte ich mich zu Tode, dass er mich gerade so sieht. „So denkst du also über mich..." Überlegte er laut und schubste sich von der Wand weg. „Das ist noch nett ausgedrückt..." Erwiderte ich daraufhin und hielt dann meine Hände unter den Wasserhahn. Dieser ging automatisch an und kaltes Wasser strömte über meine Handgelenke.

„Was willst du damit sagen?" Fragte er weiter und lehnte sich gegen das zweite Waschbecken. Ich seufzte und schüttelte meine Hände über dem weißen Becken ab, anschließend riss ich mir noch ein Papiertuch ab, um sie ganz trocken zu kriegen. „Dass ich dich nach wie vor für ein arrogantes Arschloch halte, was denkt, es könnte mir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe." Mit Wucht schmiss ich das zusammengeknüllte Tuch in den dafür vorgesehenen Mülleimer und wendete meinen Blick dann wieder zu Lewis. Dieser schien aber nicht besonders beeindruckt zu sein, denn er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Vielleicht kann ich das ja auch?" Mit einem genervten Seufzen ließ ich diese Aussage so im Raum stehen. „Wir sehen uns um neun bei Lando." Verabschiedete ich mich von dem Briten und verließ anschließend die Toiletten.

Wie kann man nur so eingebildet sein? Fragte ich mich, während ich den Hotelflur entlang lief. Was aber noch viel schlimmer ist, ist dass ihm das sogar ein bisschen steht. Ich meine, man kann nicht verneinen, dass er extrem heiß ist, wenn er einen seiner Egotrips fährt... Ich zwang mich selber, diese Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen, als ich mein Zimmer betrat. Ich darf so einfach nicht denken!

Toxic Love - When hate becomes Love | Lewis Hamilton FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt