F O R T Y

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Schwerelos, frei. Das ist es, wie man sich fühlt, wenn man den vielleicht besten Orgasmus seines Lebens hat. Und das war es auch, was ich fühlte, als ich mitten in der Nacht neben Lewis aufwachte. Jedoch hielt dieses Gefühl nur noch für wenige Sekunden an, bevor ich realisierte, was passiert war. Ich hatte ihn geküsst, die Wette verloren und zugelassen, dass wir miteinander geschlafen haben. Dabei wollte ich doch eigentlich nur mit ihm reden, ihm sagen, dass da etwas ist, wenn ich ihn sehe. Und jetzt liege ich hier in seinem Bett und habe nichts dergleichen getan.

Er schlief seelenruhig als ich mich hinsetzte um nach meinem Handy zu suchen. Es befand sich in der Tasche meiner Hose, die ich erstmal vom Boden aufsammeln musste, bevor ich auf die Uhr schauen konnte. Vier Uhr siebenunddreißig, strahlten mir die weißen Zahlen entgegen. Ich musste unbedingt zuhause sein, bevor meine Großeltern mitkriegen, dass ich je weg war.

Ganz leise, zog ich mich wieder an und schlich dann aus dem Zimmer. Und auch wenn es mir leid tat, jetzt einfach zu gehen ohne etwas zu sagen, wusste ich, dass es das einzig richtige war. Dies machte ich mir weiter bewusst, während ich zurück nachhause lief. Es regnete immer noch in Strömen, was aber auch nicht weiter schlimm war, da meine Klamotten nie getrocknet sind und meine Haare waren auch noch feucht von vorhin.

Fuck, was hast du nur getan, Liv? Drängte sich die Stimme meines Verstands in meinen Kopf, und sie hatte diese Frage berechtigt gestellt. Was hatte ich bloß getan? Dieser Sex ist nichts worauf ich stolz sein kann. Er hätte eigentlich gar nicht erst passieren dürfen, ganz einfach. Ich hätte mich beherrschen und verschwinden sollen, bevor es so weit kommen konnte...

*

„Du scheiss Bitch!" Ich sah auf und damit direkt in die Grünen Augen von Chanel, die sich mit den Armen auf meinem Tisch abstützte. Böse funkelte sie mich an. „Was ist dein Problem?" Seufzte ich gelangweilt, während ich den Stift zurück in die Hülle von meinem iPad steckte. „Ich weiß es..." Schnaubte sie, ich hob kritisch die Augenbrauen. „Was weißt du?" Die Zicke richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust, nur um dann ein herablassendes „alles" von sich zu geben. Um ehrlich zu sein hatte ich nicht die leiseste Ahnung, welchen Hinterhalt sie diesmal plante, doch es interessierte mich auch nicht sonderlich. Ich wollte eigentlich nur hier raus, genau wie alle anderen, die sich schon auf den Weg nachhause gemacht haben.

„Okay, cool. Und jetzt?" Ich blickte sie fragend an. „Es gibt doch bestimmt einen Grund, warum du uns verheimlich hast, wer dein Vater ist!" Prüfend flog ihr Blick an mir hinab, woraufhin ich auflachen musste. „Ich habe niemandem irgendwas verheimlicht, nur damit das klar ist. Aber ich brauche diese Aufmerksamkeit nicht und muss sowas eben nicht so groß rausschreien." Ich schenkte ihr ein aufgesetztes Lächeln, in den Augen von meinem Gegenüber flackerte Wut. „Wie ich dich kenne, bist du aber nicht deshalb hier, oder? Also, Chanel. Was willst du von mir?" Auf die Lippen der Blondine schlich sich ein dreckiges Grinsen, was bisher noch nie etwas Gutes zu bedeuten hatte. „Ich möchte wissen, was du mit den ganzen Fahrern zutun hast..."

Ich rollte mit den Augen und stand auf.
Warum war es klar, dass sie das sagen wird? „Und ich wüsste nicht, was dich das angeht." Seufzte ich schließlich. „Aber wenn es das ist was du hören möchtest. Ich habe nichts mit diesen Menschen zutun. Nicht das geringste, okay?" Innerlich musste ich mich zurückhalten, ihr nicht einfach ins Gesicht zu sagen, dass sie sich gar keine Hoffnungen machen brauch, da niemand von denen je was mit ihr zutun haben wollen würde. Denn das ist genau das, was ich jetzt gerne getan hätte. Stattdessen beharrte ich weiter auf dem, was ich von Anfang an sagte, nämlich, dass ich mit niemandem etwas zutun habe. „Ach wirklich... Und deshalb folgen dir auch die Hälfte von denen auf Instagram. Verarschen kann ich mich selber!"

„Tja, was soll ich dir sagen. Vielleicht gefällt ihnen ja mein Content..." Ich musste Lächeln, ihre Miene wurde dunkler. „Man hatte mal ein zwei nette Gespräche, nichts wildes." Gab ich ihr daraufhin zu verstehen, doch so wirklich befriedigt schien sie diese Antwort auch nicht zu haben. „Und was ist mit diesem Hamilton?" Ich erstarrte. Erinnerungen, die ich in den letzten zwei Wochen erfolgreich verdrängt habe, schossen an meinem inneren Auge vorbei. Meine weichen Lippen auf seinen. Die Art wie er mich berührte. Seine Haut auf meiner zu spüren. Ich wollte eigentlich nicht mehr daran denken. Nicht heute, nicht jetzt, am besten nie wieder! „Ich hab die Videos von euch gesehen. Scheint als würdet ihr euch gut verstehen..." Mein Brustkorb zog sich schwer zusammen, sag jetzt bloß nichts falsches!

„Ich muss dich leider enttäuschen. Wir haben nichts miteinander zutun!" Ich rang mir ein Lächeln ab, was in diesem Moment wirklich schwer war. Die Bilder von ihm wollten einfach nicht aus meinem Kopf verschwinden. Es ging einfach nicht. Jedes Mal wenn ich sie schloss, war er da. Ich roch sein Parfum, spürte seine Berührungen und sah ihn. Genau wie an diesem Abend, als ich zu ihm ging, um mit ihm zu reden. Als meine Haare vor Nässe trieften und ich nicht mehr wusste, was ich sagen sollte. Die Nacht wiederholte sich wie ein laufender Film vor meinen Augen, und ich konnte ihn nicht stoppen, egal was ich tat. „Dann macht es dir bestimmt nichts aus, wenn wir morgen zu Mercedes gehen, oder? Die Klasse freut sich nämlich schon riesig sich das Gebäude anzuschauen, und vielleicht treffen wir ja sogar jemand..." Sie zwirbelte eine blonde Haarsträhne zwischen zwei Fingern und sah dabei verträumt in die Luft. Ich hätte kotzen können.

Nicht nur wegen ihr, auch weil sie mich unbedingt daran erinnern musste, wo unser morgiger Klassenausflug hingeht... Die Besichtigung vom WembleyStadium oder irgendwelchen Museen, war mir persönlich lieber, als den Arbeitsplatz meines Vaters anschauen zu gehen. Aber mein Dad war noch das kleinste Problem. Es war Lewis. Ich wollte ihm auf keinen Fall über den Weg laufen! Ich wollte ihn weder sehen noch mit ihm reden oder mitkriegen, wir sich die Bitches aus meiner Klasse an ihn ranschmeißen. Schon bei dem alleinigen Gedanken an letzteres, kam mir die Galle hoch!
Doch ich kam nicht drum rum. Ich musste das tun und da morgen mitgehen. Ich meine, die Chance, dass Lewis überhaupt da sein wird, war so gering, da sollte ich mir eigentlich keine Sorgen machen... Eigentlich.

Toxic Love - When hate becomes Love | Lewis Hamilton FFWhere stories live. Discover now