E I G H T E E N

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Durch die Box klang laute Musik. Der Schall verfloss sich in der weiten Wiese und war am Waldrand schon nicht mehr zu hören. Indessen war der erste Kasten Bier leer, ganz zu schweigen von dem Wein... Hannes war gerade dabei, eine Flasche Absolut zu exen. Ich hingegen hatte für heute schon genug. Mit dem Ritalin zusammen, verträgt sich der Alkohol nicht so gut und herausfordern will ich es schließlich auch nicht. Wobei - nein eigentlich nicht. Normalerweise bin ich die letzte die aufhört zu trinken, nur war mir war schlicht und ergreifend nicht danach. Zumal ich zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich angetrunken war, eine gerade Linie hätte ich jedenfalls nicht gehen können...

Meine Gedanken kreisten ununterbrochen um Lewis' Worte. Pass auf dich auf, bitte, sagte er. Normalerweise würde mich dieser Satz kalt lassen, das tut er auch wenn es mein Vater sagt, aber heute nicht. Diese ehrliche Sorge, die durch seine Augen hindurch blitzte als er das sagte, ließ mich alles andere als kalt. Es ging mir eiskalt unter die Haut. Ich meine, liegt ihm wirklich etwas daran? Wenn ja - warum? Na ja, vielleicht ist es auch nur um sein Karma Konto zu begleichen?!

So gegen zwei machte ich mich auf den Weg nachhause. Romina und Hannes sind schon vor ner halben Stunde verschwunden, als ihr Bruder angerufen hat und für mich war es auch langsam Zeit. Erstens sollte ich möglichst unbemerkt zuhause eintreffen und zweitens dreht sich alles bei mir. Mein Kopf, meine Augen, einfach alles.

Da ich keine besonders große Lust hatte, eine halbe Stunde zu laufen, entschied ich mich für eine Abkürzung. Sie führt über einen Zaun und von da aus direkt zu einer Straße in Richtung meines Zuhauses. Später wurde mir dann wieder klar, warum ich diesen Weg meide... Eigentlich.

Ich spürte wie sich meine Sicht zwei teilte, als ich auf den Zaun zu lief und dann passierte es. Ein unaufmerksamer Moment, der mich zum Fall brachte. Ich spürte den harten Boden unter meinem Körper und die feuchte Wiese an meinen Handflächen. „Verfickte scheiße!" Fluchte ich leise und versuchte wieder aufzustehen. Diese beschissenen Maulwurfshügel müssen hier aber auch überall sein, oder?!

Noch während ich irgendwie versuchte, mir den dreck von der Hose zu weisen, ertönte ein schallendes Geräusch. Bellen, laut und klar. Wie eine Bestie die seit Tagen nichts gegessen hat und jetzt darauf wartet etwas zu bekommen. Nein - sie wird nicht warten. Sie wird mich holen! Mein Kopf fuhr herum, in die Richtung aus der das Kläffen kam. Nichts. Tiefe Dunkelheit. Dann stille. War es nur eine Einbildung? Ein Streich meines Verstands?

Schleppend erreichte ich den Zaun.

Ich hielt mich an den Gitterstäben fest, um meinen Schwindelanfall zu unterdrücken, bevor ich über diese kletterte. Plötzlich war es wieder da, das bellen. Noch näher. Noch echter. Noch aggressiver. Von Panik getrieben stieg ich den ca. Zwei Meter hohen Zaun hoch und auf der anderen Seite wieder runter. So war zumindest der Plan, an dem ich elegant scheiterte. Beim runtergehen verfehlte ich einen Tritt und fiel Richtung Boden. Dass ich mich dabei noch versuchte festzuhalten, machte das ganze nur noch schlimmer. Meine Hand striff einen hochstehenden Draht. Höllischer Schmerz durchzog diese und ließ mich kurz aufwimmern. Mein Pflaster war weg, meine Finger getränkt in Blut. Tief rote Flüssigkeit tropfte aus meiner Handfläche.

Das kläffen war nicht mehr da. Stille hämmerte auf meine Trommelfelder wie ein Presslufthammer. Sie pochten als würden sie meinen Herzschlag wiedergeben. Schnell, unwillkürlich und unregelmäßig. War es doch nur eine Einbildung? Dunkle Stille war die Antwort. Ich war alleine, wieder mal.

Schwerlich kämpfte ich mich zurück auf die Beine, zum zweiten Mal in zwei Minuten. Nur diesmal hatte ich tatsächlich Schmerzen. Meine blutende Hand war Nebensache, es war meine Hüfte. Wenn das mal kein riesiger blauer Fleck wird...

Unter den dämmrigen Lichtern, welche wohl als Straßenbeleuchtung fungieren sollten, lief ich entlang. Neben mir eine Allee aus großen Bäumen. Sie trennten den Gehweg und die Straße, was im Tageslicht sicher wunderschön ist. Wenn die Sonne durch die Baumkronen scheint und einen leichten Schatten auf den Boden wirft.

Toxic Love - When hate becomes Love | Lewis Hamilton FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt