49. Kapitel

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Ich bereute es, am Vorabend nicht meinen Rollladen heruntergelassen zu haben, denn es blendete mir geradewegs in die Fresse, als ich es wagte meine Augen zu öffnen

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Ich bereute es, am Vorabend nicht meinen Rollladen heruntergelassen zu haben, denn es blendete mir geradewegs in die Fresse, als ich es wagte meine Augen zu öffnen. Aber die Sonne wurde mir ziemlich schnell egal, denn neben mir lag mein Handy, das noch immer inmitten eines Anrufes war. 10 Stunden und 37 Minuten lief der Anruf schon. Mein Gesprächspartner: Micina.

Ich war wohl eingeschlafen und sie auch. Ich verlor ein Gähnen und erschrak mich zu Tode, als ein müdes «Dario?» ertönte. Noès Stimme. «Morgen...», grummelte ich in mein Kissen und schielte zur Uhr. «Bist du wieder okay?», fragte sie ganz leise nach und ich kapiert erst jetzt, dass wir es letzte Nacht nicht gewagt hatten, den anderen allein zu lassen.

Mein Handy war kurz davor zu sterben, weshalb ich es schnell ansteckte. «Denke schon...» Noè klang genauso müde, wie ich es tat. Die Uhr verriet mir, dass wir bereist später Vormittag hatten. «Hättest du nicht Vorlesungen?» «Schaue sie mir später online an und ich kann sicherlich, was von Wesleys Notizen übernehmen.»

Schlechtes Gewissen nahm mich ein. «Du hättest aufhängen und gehen können.» «Hätte, hätte, Fahrradkette. Ich wollte jetzt aber bei dir bleiben und für dich da sein.» «Du hättest mir echt nicht beim Schlafen zuhören müssen. Bringt dir ja nichts.»

Ihre nächsten Worte brachen mir beinahe mein zusammengeklebtes Herz. «Ich wollte dich nicht allein lassen. Was, wenn du dir etwas getan hättest?» Allein, dass sie sich solche Gedanken machen musste, zeigte, wie verkorkst ich war und wie sehr ich meine Mitmenschen kaputt machte.

«Ich hätte dich nicht angerufen, wenn ich mir etwas antun wollen hätte, Noè. Du kennst mich...» «Das beruhigt mich nicht. Ich hatte Angst um dich. Es ist auch nicht mehr so alltäglich, dass du gewalttätig wirst und auf deinen Vater einschlägst. Ich mache mir Sorgen und ich denke, ich kann das mit dieser Distanz nicht ausstehen.»

Was hieß das? Was wollte sie damit sagen? Wollte sie mich verlassen? War es das? Waren wir schon so weit? Und das nur schon nach knapp einer und einer halben Woche. «Machst du jetzt Schluss?» «Was? Nein! Niemals! Ich denke darüber nach, das hier abzubrechen.»

Nein. Nein. Nein. «Nein, Noè. Ich muss es auch so schaffen. Lex und ich fliegen bald nach LA. Bleib' an der Uni und zieh' dein Ding durch. Ich schaffe das schon irgendwie.» Und wenn nicht, war es auch nicht schlimm. Würde eh niemanden mehr interessieren. «Lio...» Mein Blick sank, denn sie wusste es genauso sehr wie ich es tat.

Ich befand mich auf der Kippe. Entweder würde ich es schaffen und auf die richtige Seite kippen oder hinter mir den Abgrund begrüßen. Und im Moment balancierte ich wackelig auf der Mittellinie. Aber Noè sollte sich nicht davor stoppen lassen. «Du kannst das Wochenende, wo ich LA bin, einen Flug nach zu mir buchen. Das haben wir so abgemacht, oder?» Sie bejahte und verlor ein Seufzen.

Ihre Gedanken lagen woanders. «Tust du mir ein Gefallen?» «Was denn?» «Gib deine Beziehung mit deinem Vater nicht auf. Es ist eine miese Situation, aber wir haben schon mieseres hinter uns und ich finde nicht, dass das hier eine gute Entscheidung wäre. Ich weiß, du gibst es nicht gerne zu, aber du brauchst ihn. Du brauchst deinen Vater. Vielleicht nicht so, wie es andere tun, aber du brauchst ihn.»

Painkiller 2.0Where stories live. Discover now