39. Kapitel

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Ich konnte nicht einmal für meine Schwester da sein, weil ich vor lauter Eile und Panik meine Medikamente in New York liegenlassen hatte

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Ich konnte nicht einmal für meine Schwester da sein, weil ich vor lauter Eile und Panik meine Medikamente in New York liegenlassen hatte. Ich musste meine Schwester im Stich lassen, weil ich ein vergesslicher Vollidiot war. Und Noè opferte ihr Studium, um das nun mit Gio zu klären, obwohl ich derjenige sein müsste, der dabei sein sollte. Ich. Der Bruder. Gios Familie

Aber nein. Ich hatte es verkackt. Standard bei mir, was? Schließlich konnte ich ja nichts, außer vielleicht ein bisschen singen. Mehr hatte ich aber nicht auf Lager. Zwischenmenschlich war ich nichts wert. Und Noè hatte inzwischen zu Gesicht bekommen, dass ich noch genauso ein Opfer war, wie vor unserer Trennung. Ich hatte mich kein bisschen verbessert, weder noch Stabilität gefunden. Ich hatte bloß gelernt, es besser zu vertuschen. 

Aus dem Flugzeugfenster blickend, sah ich, wie der Jet langsam einfuhr. Ich durfte mich wieder abschnallen und zog mir meine Stoffmaske an. Lex hatte mir versichert, er würde mich mit Kelly hier holen kommen, doch ich wollte gar nicht mehr aussteigen. Mir die Augen reibend, packte ich mein Handgepäck zusammen und hievte mich schwer seufzend aus dem Sitz. 

Gerade bei so einem intimen und emotionalem Thema wie einer Abtreibung brauchte man doch Unterstützung. Gio brauchte mich und ich musste sie wegen paar Tabletten zurücklassen, weil ich ohne die nicht leben konnte. Kapuze hoch und durch, dachte ich mir, als ich den Jet verließ und vom Personal in eine abweichende Abzweigung geführt wurde, damit ich nicht von Fremden und Paparazzi erkannt werden konnte. 

Beim privaten Gepäckabholpunkt stand schon Lex. Das glaubte ich, zumindest. Ich sah alles verschwommen und wollte meinen Kopf nicht weiter anheben. Die Umgebung rauschte und ich hatte Mühe, mich zu orientieren, doch Lex kam auf mich zu. Seine Stimme kam dumpf zu mir hindurch. Ich sah vorsichtig auf. «Hey, wie war der Flug?» Ich zuckte mit den Schultern. 

Mein Betreuer und mittlerweile großer Bruder musterte mich einige Sekunden, bis er mich bloß fest in die Arme zog. «Das wird wieder, ja?» Darauf hatte ich keine Antwort. Und als mich Lex losließ, stand Kelly auf einmal neben uns. Sie hatte meine Reisetasche bereits geholt. «Und Capo? Alles geregelt in Chicago?» Wieder nur ein Schulterzucken. 

«Dein Vater wartet im Auto. Er hat Roxy dabei. Kopf runter, ja? Wir müssen schauen, dass du unbemerkt bleibst.» Ich nickte und griff mich am Strang meines Rucksacks fest. Ich blieb gebückt und folgte Lex, der mich etwas abschirmte. Kellys Hand auf meiner Schulter spürte ich kaum und draußen beim Auto würde ich direkt auf die Rückbank geschoben. 

Roxys Winseln kam vom Kofferraum aus und sie wollte sich über die Rücksitze nach vorne quetschen, als sie mich riechen konnte. «Dario?» Ich sah auf. Santiago saß hinter dem Steuer. Was machte er hier in New York? Seine Augen lauerten auf mir und während Lex sich neben mich setzte, schwang Kelly sich vorne in den Beifahrersitz. 

Die Welt zog an mir vorbei und ich schaffte es nicht, wahrzunehmen, was genau abging. Ich hatte das Gefühl festzusitzen. Meine Füße waren schwer. Meine Hände und Fingerspitzen taten weh. «Wir sollten direkt zum Arzt mit ihm.» «Denkst du, Tiago?» Ich hörte nur verschwommene Stimmen. «Ja, er sieht nicht gut aus. Ich kenn' den Blick. Und er hat die Medikamente bald 5 Tage nicht genommen.» 

Painkiller 2.0Where stories live. Discover now