Kapitel 11: schwierige Entscheidung

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Als ich aus der Dusche komme, hilft mir Mama mit dem Föhnen der Haare.

Beate: „So jetzt noch gründlich Zähne putzen und dann schauen wir zusammen, was du heute anziehen kannst."

Sie wird leiser: „Hast du schon überlegt, welche ‚Unterwäsche' du heute anziehen willst?"

Anne: „Wenn ich jetzt eine Windel anziehe, muss ich die dann den ganzen Tag tragen? Und was ist, wenn ich eine anhabe und doch lieber aufs Klo will?"

Beate: „Also wenn du die Windel anziehst, darfst du natürlich trotzdem ganz normal aufs Klo. Du darfst die auch jederzeit selbst ausziehen. Wir sind ja heute zu Hause, da wüsste ich nicht, warum das ein Problem sein sollte. Ich kann sie dir auch nach dem Klo wieder anziehen. Da kann es dann aber sein, dass du ein bisschen Geduld haben musst. Vielleicht musst du dann eine halbe Stunde oder so mit einer normalen Unterhose rum laufen. Ich will kein ‚Windel an – Windel aus' Spiel mit dir spielen."

Ich ziehe Mama ein bisschen runter und lege ihr die Arme um den Hals. So kann ich sie lieb drücken und gleichzeitig in ihr Ohr flüstern.

Anne: „Und was ist, wenn ich nicht aufs Klo gehen will?"

Beate: „Na ja, mir ist schon lieber, wenn du aufs Klo gehst. Aber ich werde nicht schimpfen. Du darfst heute die Windel auch mit Absicht benutzen, dann musst du mir aber versprechen, dass ich dir nächste Woche für die Fahrt eine Windel anziehen darf, damit wir keine Notfälle auf der Autobahn haben und du auch zumindest im Urlaub, nachts eine anziehst. Da ist es ja nicht so einfach, das Bettzeug zu waschen. Ist das okay? Auch da gilt natürlich, dass du trotzdem aufs Klo darfst."

Anne: „Ja, das mit der Autofahrt und der Nacht ist okay. Dann will ich, glaube ich, jetzt eigentlich vielleicht doch lieber wieder eine Windel anziehen. Ich will aber nicht, dass das jemand sieht!"

Beate: „Na ja, ganz geheim halten können wir das nicht. Papa und Mark bekommen das auf jeden Fall irgendwann mit und Maren sowieso, du landest dann ja immer mal auf ihrem Wickeltisch. Aber Mark hat ja gestern versprochen, dass er das niemand erzählt und er hat dich ja auch gestern nicht ausgelacht. Mit Papa habe ich gestern Abend, als ihr im Bett wart, auch noch mal gesprochen. Auch er mag lieber, wenn du kein Pipi Problem hast und aufs Klo gehst, aber er denkt auch, dass das so okay ist, wenn wir das so machen, wie ich das eben vorgeschlagen habe. Er hat sich übrigens einen neuen doofen Spruch ausgedacht: ‚Windeln saugen Pipi auf und zum Aufsaugen sind sie da.' So, genug diskutiert. Windel anziehen oder nicht?"

Ich werde ein bisschen rot und nicke langsam.

Beate: „Gut, dann geh noch mal schnell aufs Klo, die letzten Tropfen raus lassen und dann ab auf den Wickeltisch. Danach suchen wir in deinem Zimmer was zum Anziehen raus, bei dem man das nicht sieht. Eine Leggins wäre da wohl für heute nichts."

Nach dem Pipi machen, gehe ich zu Maren ins Zimmer. Maren ist schon angezogen. Das hat Mama bestimmt gemacht, als ich in der Dusche war. Maren baut gerade was aus Duplo und merkt wohl gar nicht, dass wir hier sind. Mama hebt mich hoch und packt mich ein.

Anne: „Ähm, Mama, ich will nicht nur in Windel in mein Zimmer laufen. Ich möchte nicht, das Mark oder Papa mich so sehen. Mark hat vorhin Zähne geputzt als ich nur mit Windel ins Bad gekommen bin. Da hat er ziemlich komisch geschaut."

Mama greift sich das Handtuch von Maren, das hier liegt und wickelt es um meinen Bauch.

Beate: „Besser so?"

Ich nicke. Mama nimmt mich auf den Arm und trägt mich in mein Zimmer. Sie stellt mich auf den Boden und macht die Tür zu. Dann geht sie an meinen Kleiderschrank.

Meistens suche ich mir meine Klamotten schon selbst raus. Mama mischt sich eigentlich nur ein, wenn sie meint, es ist zu dünn oder zu dick für das Wetter. Oder wenn wir einen besonderen Anlass haben. Heute ist es aber etwas mehr Beratung und dauert auch ein bisschen länger. Am Ende habe ich ein T Shirt an, das in meinem Elsa Rock steckt und unter dem Rock habe ich eine Leggins. Wir haben es vor dem Spiegel ausprobiert: Wenn der Rock beim Sitzen so liegt, dass man meine Unterhose sehen könnte, reicht die Leggins, um das zu verhindern. Nur wenn ich den Rock hoch hebe, oder Handstand mache, dann würde man meinen Po so gut sehen, dass man die Windel erkennt. Ich kann Handstand aber noch nicht alleine und will heute weder Handstand machen noch will ich den Rock hochheben.

Als wir fertig sind, verlassen wir mein Zimmer.

Beate ruft: „Mark, gehst du heute Brötchen holen?"

Mark kommt angerannt.

Mark: „Klar, darf ich mir dann beim Bäcker auch noch eine Brezel kaufen? Anne, kommst du mit?"

Ich mag meinen großen Bruder. Meistens kann man mit ihm super spielen. Okay, er spielt auch mit seinen Freunden Fußball, das mag ich nicht. Ich finde es auch nicht interessant, wenn er über Autos erzählt. Dafür mag er keine Puppen. Ich finde auch toll, dass ich mit ihm zusammen manchmal Sachen machen darf, die ich alleine noch nicht darf. Wie zum Beispiel bis in die Mitte vom Dorf laufen, um zum Bäcker zu gehen.

Anne: „Ja, ich komme mit!"

Mama schreibt uns einen Zettel, was wir alles holen sollen und gibt Mark das Geld. Mir gibt sie die Einkaufstasche.

Wir ziehen unsere Jacken an und Mama macht hinter uns die Haustür zu. Als wir durch unsere Einfahrt laufen, zögere ich plötzlich. Ich hatte irgendwie nicht daran gedacht, dass ich ja eine Pampers an habe und weiß jetzt plötzlich nicht, ob ich so wirklich durchs Dorf laufen soll. Daran hatte ich vorhin nicht gedacht, als ich ‚ja' gesagt habe.

Mark: „Warum bleibst du stehen? Musst du vorher noch mal Pipi?"

Anne: „Nein, weil, äh, du weißt schon, und ich weiß nicht ob ich mich so zum Bäcker traue."

Mark kommt näher und flüstert: „Musst du die jetzt immer anziehen?"

Anne: „Nein, das durfte ich mir aussuchen."

Mark: „Und warum traust du dich jetzt nicht zum Bäcker?"

Anne: „Na ich habe doch irgendwie ein bisschen Angst, dass es jemand sieht."

Mark: „Glaube ich nicht. Gestern hattest du keinen Rock an und ich habe es trotzdem nicht gesehen. Außerdem sieht dich dann auf keinen Fall jemand mit einer nassen Hose."

Mark streckt mir die Hand hin und ich gebe ihm meine.

Dann laufen wir Hand in Hand zum Bäcker.

Anne trägt wieder WindelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt