The Games We Play (BoyxBoy)

Aufrüsten

Leute beruhigen war anstrengend. Nero wusste das bereits – irgendwo, ausgehend aus den Erfahrungen, die er bislang hatte machen müssen – und für Leute, die man sehr gut leiden konnte (er schubste das Wort 'lieben' von sich, in seinem eigenen Kopf kam es ihm größer und gewichtiger vor als außerhalb, vor allem, wenn er allein saß) galt das anscheinend immer noch. Bei ihnen tat man es nur trotzdem. Weil sowas Dinge waren, auf die man sich einließ beim Verliebt-Sein.

Er hatte viel zu viel Zeit darauf verwendet, einem schluchzenden, Unsinn brabbelnden Ace den Rücken zu streicheln und ihm zu sagen, dass er sich mehr Kopf machte, als der Weltuntergang erfordern würde, geschweige denn so eine Nichtigkeit. Es war keineswegs so, dass die Angelegenheit Nero egal war – sie war nur verkraftbar. Man würde etwas Anstrengung auf sie verwenden müssen, doch dann ließ sie sich in Schach halten, und Ace war nicht derjenige, an dem dieser Job hängenbleiben würde... Nicht, dass er überhaupt die notwendigen Fähigkeiten dafür hatte.

Irgendwann hatte der Junge eine Nachricht an seine Eltern geschickt und war unruhig in Neros Armen eingeschlafen. Nero, der weder anfällig war für Trauer noch für Entsetzen, hatte das Gefühl genossen und als Entschädigung für das vorherige Drama hingenommen, ehe auch er irgendwann in durchwachsenen Schlaf abgedriftet war.

Nun saß er in der Küche des Wohnheims, vor sich eine Schale Müsli mit Milch und Kakao, während um ihn herum vollkommene Stille herrschte. Die Uhr hatte vor kurzem fünf Uhr morgens geschlagen, und er ging davon aus, dass man ihn noch eine Weile ungestört lassen würde und sein spontaner Zimmernachbar keinesfalls vor sechs aufwachte, wenn überhaupt. Wahrscheinlich würde er Ace ohnehin irgendwann aus dem Bett jagen müssen. Der Junge schien fest überzeugt, heute blau zu machen, und auch wenn Nero Schulschwänzen generell unterstützte, gab es doch Tage, an denen es sinnvoll war, einen Auftritt zu machen. Unglücklicherweise war heute einer davon.

Ein paar Nachrichten waren in die Welt hinausgesandt worden, und die erste Antwort, die er erhielt, stammte von Angel.

Engelchen: OMG

Engelchen: endlich, ich dachte, du ignorierst mich schon absichtlich >.<

Engelchen: vc?

Es war selten, dass sie nach Videochat fragte zu einer Uhrzeit, zu der noch gar kein Make-Up aufgetragen sein konnte. Musste wohl wichtig sein.

RX_Nero: komm ran

Und er öffnete das Übertragungsfenster und fuhr sich durch die Haare, leise ächzend. Zeit, das nächste aufgebrachte Häschen zu beruhigen.

„So, wie du schweigst, glaube ich, dass es wahr ist.", waren die grüßenden Worte einer übernächtigten Angel. Hinter ihr – vermutlich aufs selbe Bett gedrückt – sah eine verschlafene Quinn ins Bild. Ihre Augen wirkten ein wenig geschwollen, und ein Teil von Nero registrierte es und fragte sich, ob sie geheult hatte.

„Häh? ... Ich rede doch. Und erzähl mir nichts, als ob Quinn nicht lang und breit geplaudert hat."

„Wir haben auch andere Gesprächsthemen als dich, Junge!", wurde sich echauffiert, aber ihr Gesichtsausdruck sah nicht nach 'nein' aus. „Und ich rede von gestern, als wir versucht haben, dich zu erreichen."

„Entschuldige, dass ich ein Leben neben euch habe? ... Hatte zu tun."

„Klar. Zu tun." Angel grinste, als sie die Gänsefüßchen in der Luft formte, aber ein Blick zu Quinns Miene reichte, damit sie sich wieder besann. „Du weißt, dass ich ganz schön sauer bin, dass ich nichts davon wusste, ja?"

„Angel, Darling, bleiben wir mal realistisch. Hätte ich dir ein Wort gesagt, hätte es am nächsten Tag die halbe Schule gewusst."

„Gar nicht war!", wurde lautstark protestiert, ehe sie von Quinn in die Seite gestoßen wurde und die Hände vor den Mund schlug, kurz um sich blickend. Leiser fuhr sie fort: „Aber ich werd das hoffentlich noch alles erfahren, ja? Ich meine – seit wann Kerle, warum der, was ist da los bei dir?" Himmel, Nero war müde und Menschen anstrengend. Aber jetzt gerade wollte er Leute nicht mehr vor den Kopf stoßen als nötig, und er senkte seine Stimme zu einem weicheren Ton mit einer Note von Charme.