#16 Konversation bei Nacht

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An einem Verrückten erschreckt uns am meisten die vernünftige Art, auf die er sich unterhält.

~ Anatole France

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Leise knistert das Lagerfeuer und einzelne Rauchschwaden bahnen sich ihren Weg nach oben in den finsteren Himmel. Während Deidara neben dem Feuer in der Reichweite des spärlichen Lichtes auf dem Boden liegt und schläft sitzt Kazumi an einen Baum gelehnt einfach nur da und beobachtet die Flammen. Immer wieder fallen ihr müde die Augen zu, doch wirklich einschlafen kann sie nicht. Vorsichtig wirft das Mädchen einen verstohlenen Seitenblick zu Sasori, der etwas entfernt von ihr ebenfalls auf dem Boden sitzt und durch die Seiten eines kleinen Buches blättert. Sein Gesicht zeigt nicht die geringste Emotion während die Flammen des Feuers Schatten auf seiner makellosen Haut tanzen lassen.
Er ist unfassbar schön.

Zu schön, für einen Menschen.

Nur zu gut erinnert sich Kazumi daran, wie er ihr erzählt hat, dass er eine Puppe ist, und je länger sie ihn so betrachtet, desto mehr werden auch die letzten Zweifel in ihr zerstört.
"Was?", erklingt Sasori's ruhige Stimme leise.
Für einen Moment begegnet sie dem Blick seiner braunen Augen bevor sie ertappt zurück ins Feuer sieht und sich eine leichte Röte auf ihre Wangen legt.
"Nichts..."
"Dann schlaf. Es ist spät."
"Was ist mit dir?", will Kazumi flüsternd wissen und könnte sich gleich darauf für diese Frage ohrfeigen.
Wenn Sasori eine Puppe ist, dann wird er wohl kaum Schlaf brauchen. Nun, offensichtlich nicht.
"Ich schlafe nicht."
Das hat sie sich schon gedacht. Dennoch kommt sie nicht umhin sich zu fragen, wie eine lebendige Puppe überhaupt existieren kann.
"Nie?", fragt das Mädchen nach und kann seinen Blick auf sich spüren während sie jedoch nur weiterhin stur ins Lagerfeuer sieht.
"Nie."
Eine Weile ist es still, doch noch immer kann Kazumi nicht einschlafen. Viel zu viele Gedanken, zu viele Ereignisse der letzten Tage, gehen ihr durch den Kopf, überschlagen sich und bilden ein einziges Chaos. Seufzend massiert sie sich den Nasenrücken bevor sie über ihre Augen reibt.
"Was liest du da?", will sie von Sasori wissen, der gerade eine Seite weiter blättert und sich ansonsten keinen Zentimeter bewegt.
"Ein Buch, offensichtlich."
"Worum geht es?"
Auch, wenn es ihm nicht anzumerken ist, so findet der Rotschopf diese Fragen furchtbar ermüdend und definitiv nervtötend. Eigentlich sind gerade die Nächte für ihn eine willkommene Abwechslung zu der ewig scheinenden Präsenz seines Teampartners. In diesen paar Stunden, in denen Deidara schläft, hat er normalerweise Zeit für sich selbst und seine Pläne. Er wird von niemandem gestört und genießt eigentlich diese in seinen Augen wohl verdiente Pause vor den Lächerlichkeiten des Menschseins.
Nicht jedoch heute Nacht wie es scheint.
"

Gift.", antwortet er knapp und ungläubig zieht Kazumi eine Augenbraue nach oben.
"Bitte?"
Langsam lässt Sasori sein Buch sinken, begegnet dem verwirrten Blick des Mädchens und zieht fragend eine Augenbraue nach oben.
"Was soll das werden?"
"Konversation?", entgegnet sie leise und eher verwirrt, nicht sicher worauf der Rotschopf hinaus will.
"Offensichtlich. Aber wieso?"
"Ich kann nicht einschlafen.", antwortet Kazumi wahrheitsgemäß.
Ein paar Sekunden lang ist es still und Sasori begegnet ihrem Blick einfach nur ohne etwas dazu zu sagen, doch dann seufzt er leise und schüttelt den Kopf bevor er das Buch in seinen Händen zusammen klappt und beiseite legt.
Es war seine Entscheidung das Mädchen mitzunehmen. Sie ist seine Verantwortung bis sie das nächste größere Dorf erreichen und wenn sie nicht bald einschläft, wird der morgige Fußmarsch gespickt sein von unnötigen Äußerungen und Gejammer darüber, dass sie müde ist. Das will Sasori auf jeden Fall vermeiden, denn gerade genannte Phänomene kennt er zu genügend von seinem so genannten Teampartner, der das nur dazu benutzen wird, um sich bei ihm über das Mädchen zu beschweren.
Zwei nörgelnde Menschen? Darauf kann Sasori verzichten.
"Was kann ich tun damit du endlich schläfst?"
"Ähm... K-keine Ahnung..."
Eingehend mustert er Kazumi bevor er den Kopf leicht schief legt.
"Ein leichtes Hypnotika wäre die beste Lösung. Ich habe genug-"
"Was? Nein.", unterbricht Kazumi den anderen, jedoch ein wenig lauter als geplant und sofort wirft sie einen schnellen Blick zu Deidara, der sich jedoch nur murmelnd ein wenig von der Geräuschquelle weg dreht.
"Nein?"
"Nein. Du setzt mich nicht unter Drogen."
Beinahe schon amüsiert über ihr offensichtliches Entsetzen schnaubt Sasori leise bevor er den Kopf schüttelt.
"Das ist keine Droge. Es ist ein Schlafmittel und liegt irgendwo zwischen Sedativa und Narkotika. Völlig harmlos."
"Nichts für ungut aber ich lasse mir nichts von jemandem verabreichen, der ein Buch über Gifte liest. Egal wie harmlos es sein soll."
"Kluges Mädchen."
Verstimmt zieht Kazumi die Augenbrauen zusammen.
"Lob mich nicht als wäre ich dein Haustier."
"Meinetwegen."
Wieder ist es still und seufzend lehnt Kazumi ihren Kopf an die Rinde des Baumes hinter sich während sie die Augen schließt. Dieser Mann ist definitiv wenigstens ein bisschen verrückt. Schon allein die Tatsache, dass er alles so nüchtern betrachtet.
Als würde er über allem schweben, was auch nur in geringster Weise menschlich ist.
Das ist nicht normal.
"Als ich klein war und nicht schlafen konnte hat mein Papa mir immer etwas vorgesungen.", murmelt das Mädchen beinahe lautlos und obwohl sie keine Antwort darauf erwartet, erklingt Sasori's ruhige Stimme leise.
"Ich singe nicht."
"Hatte ich auch nicht erwartet."
"Hmm... Nur Konversation also.", bemerkt der Rotschopf und ein kleines Grinsen kann sich die Blonde nicht verkneifen.
Vorsichtig öffnet sie ihre Augen, sieht zu Sasori hinüber, dessen Blick auf das Feuer gerichtet ist.
Der Schein der Flammen bringt etwas Wärme in die sonst so kalten Augen des jungen Mannes und Kazumi kommt nicht umhin sich zu fragen, wie er wohl als Mensch wäre. Ob er auch so trocken und distanziert oder vielleicht sogar in der Lage wäre ihr ein ehrliches Lächeln zu schenken und zu sagen, dass alles gut werden wird. Dass ihre Sorgen und Zweifel unbegründet sind und sie beruhigt schlafen könne, da er dafür sorgen wird, dass am Ende alles gut ausgeht.
"Du bist offensichtlich müde und trotzdem willst du nicht schlafen. Das ist verrückt."
"Du bist verrückt.", antwortet Kazumi murmelnd und unterdrückt ein Gähnen.
"Mag sein. Aber ich weiß mit meinem Wahnsinn umzugehen."
"Touché."
Fast ist ihr als würde so etwas wie ein kleines Grinsen an Sasori's Mundwinkel zupfen bevor er sich leise räuspert und sein Gesicht wieder den selben ausdruckslosen Anschein macht wie zuvor.
Doch dieser Augenblick, diese Sekunde, die so schnell wieder vorbei ist wie er kam, reicht für das Mädchen vollkommen aus, um erneut entspannt die Augen zu schließen.
Es reicht aus, damit die Blonde sich sofort sicher fühlt, denn sie weiß, dass er nicht immer so ist wie er tut.
Dass er menschlich ist, obwohl er das wohl als Fehler bezeichnen würde.
Und damit hat er in ihren Augen einen großen Schritt in Richtung der Perfektion getan.
Das ist ihr letzter Gedanke, bevor sie endlich ins Land der Träume gleitet.

完璧 Perfektion - Denn Puppen lieben nicht (Sasori FF)حيث تعيش القصص. اكتشف الآن