#17 Der dritte Fehler

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Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum.

~ Albert Einstein

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Geweckt wird Kazumi von einer lauten Stimme.
"Das ist lächerlich, danna!"
Verschlafen sieht sie sich um. Inzwischen ist es Morgen, warme Sonnenstrahlen dringen durch das saftig grüne Blattwerk der hohen Bäume und das Feuer vor ihr ist anscheinend schon länger erloschen, da die verbrannten Holzreste nicht einmal mehr glühen. Weder Sasori noch Deidara sind zu sehen, doch als sie sich über die Augen reibt und in den Wald hinein lauscht, kann sie leise die Stimme des Rotschopfs hören, der gedämpft mit dem anderen Mann redet.
"Du musst es ja wissen. Du hast die Lächerlichkeiten erfunden. Jetzt hör endlich auf zu diskutieren und tu was ich dir sage, Balg."
"Tse, ganz wie du willst. Dann gehe ich erst einmal allein zurück. Aber schieb es ja nicht auf mich, wenn der Boss deswegen Stress macht, un."
Verwirrt runzelt Kazumi die Stirn und erhebt sich langsam vom Boden, reibt sich noch inmer müde über die Augen. Während sie anschließend über den Stoff ihrer Kleidung fährt, um sie vom Schmutz der Erde zu befreien, tritt Sasori zwischen den Bäumen hervor.
"Guten Morgen.", begrüßt sie ihn lächelnd, doch er antwortet nicht darauf, was das Mädchen verstimmt die Augenbrauen zusammenziehen lässt.
Völlig ungerührt streift er sie lediglich kurz mit seinen Augen bevor der Rotschopf an ihr vorbei auf die Reste des Lagerfeuers zu geht und diese mit einem Fuß auf dem Boden verteilt.
"Guten Morgen.", wiederholt Kazumi etwas lauter, während sie die Aktion beobachtet und sich fragt, wieso er das tut.
"Ich habe dich gehört.", meint Sasori ruhig und begegnet ihrem forschenden Blick absolut gleichgültig.
Kalt und in so extremem Kontrast zu der Wärme, die gestern durch das Feuer in ihnen zu sehen war, dass Kazumi augenblicklich ein Schauder über den Rücken jagt.
"Das macht es nicht besser.", flüstert sie eher zu sich selbst und fährt sich seufzend mit den Fingern durch ihre blonden Locken.
"Lass uns gehen, du kannst unterwegs etwas essen.", bestimmt der Rotschopf, ignoriert ihre Bemerkung gekonnt.
"Was ist mit Deidara-san?"
"Er ist beschäftigt. Wir gehen ohne ihn weiter."
Sasori hofft sehr, dass sich die Fragen über den Verbleib des Blonden in Grenzen halten werden, da er keine Lust hat dem Mädchen zu erklären, dass der andere auf dem Weg ist, um ihre Mission als erfüllt zu melden. Dann nämlich müsste er auch über seine Art von Arbeit reden und er bezweifelt sehr, dass Kazumi ihn weiterhin begleiten würde, wenn sie davon wüsste.
"Ähm... Okay?"
Verwirrt nimmt die Blonde ihren Rucksack und schultert ihn bevor sie Sasori weiter in den Wald hinein folgt.
Sie hat keine Ahnung was hier genau vor sich geht, doch ihre Neugierde zwingt sie fast schon dazu, Sasori mit Fragen zu löchern. Ihr Verstand jedoch sagt ihr, dass sie definitiv keine Antworten bekommen wird, wenn sie einfach so darauf los fragt. Sie muss es vorsichtig angehen lassen, geschickt schon fast, um überhaupt irgendetwas zu erfahren. Nach einer kurzen Pause räuspert Kazumi sich leise und mustert den jungen Mann neben sich aufmerksam, der sich seinerseits jedoch nur auf den Trampelpfad vor ihnen konzentriert, welcher sie durch den Wald führt.
"Deidara-san musste also weg.", stellt das Mädchen fest, beobachtet genau jede Regung im Gesicht des jungen Mannes, die eventuell dort zu sehen sein könnte.
"Ja.", antwortet der Rotschopf knapp und vollkommen gleichgültig.
"Wird sich euer Boss nicht fragen wo du bleibst, wenn er allein zurück kehrt?"
Sofort begegnet Sasori ihrem Blick, verlangsamt seine Schritte ein wenig. Viel kann sie nicht aus seinem Gesicht lesen, welches kaum eine Reaktion zeigt. Lediglich die Augenbrauen hat er fast schon missbilligend ein wenig zusammen gezogen, die zart geschwungenen Lippen streng fest aufeinander gedrückt bevor er eine Gegenfrage stellt.
"Wie viel hast du gehört?"
Seine Stimme klingt fordernd und schulterzuckend wendet Kazumi ihren Blick wieder nach vorne.
"Genug."
Sie versucht sicher zu klingen, überzeugend, und glücklicherweise gelingt ihr das. Während Kazumi damit beschäftigt ist ihren Gesichtsausdruck möglichst gelassen zu halten versucht Sasori nun in ihrer Mimik zu lesen.
Er hat sich vorhin mit Deidara über die Mission unterhalten, über die gesammelten Informationen und darüber, dass es Pain nicht gefallen wird, wenn sie zusätzliche Zeit verlieren, weil er beschlossen hat ein Mädchen aus dessen Dorf zu bringen. Deshalb und weil der Puppenspieler es nicht leiden kann andere warten zu lassen, hat er Deidara zurück zu ihrem Anführer geschickt, um Bericht zu erstatten, während er sich um Kazumi kümmert.
Die Frage ist nur: Wie viel hat sie wirklich mit angehört?
Genug, um sein Geheimnis zu lüften? Um ihn als den Verbrecher zu erkennen, der er ist?
Um ihn mit Akatsuki in Verbindung zu bringen?
"Tatsächlich?", entgegnet der Ninja aus Suna-Gakure prüfend, lässt das Mädchen dabei nicht aus den Augen.
"Ja. Dennoch hätte ich gerne eine Erklärung."
Noch ein wenig mehr zieht Sasori seine Augenbrauen zusammen, mustert die Blonde eingehend. Normalerweise fällt es ihm leicht die Emotionen und Gedanken anhand der Mimik bei eigentlich jedem Menschen zu lesen. Sie sind so leicht zu durchschauen, wenn man weiß, worauf man achten muss. Doch momentan ist Sasori sich nicht sicher, was in dem Mädchen vor sich geht. Er weiß nur, dass sie viel zu ruhig ist, um wirklich alles mitangehört haben zu können, denn schließlich hat Deidara mehr als einmal betont, dass es leichter wäre sie einfach verschwinden zu lassen. Er beschließt also, dass ihr die wichtigsten Sachen wohl entgangen sein müssen. Dass sie keine Gefahr darstellt weder für die Mission noch für Akatsuki, weil sie nicht genug weiß.
"Meine Angelegenheiten sind nichts, worüber du dir den Kopf zerbrechen musst."
Kazumi begegnet seinem Blick, der Ausdruck ihrer blauen Augen ungläubig und zeitgleich kann Sasori ein herausforderndes Glitzern in ihnen sehen, was seine Theorie bestätigt.
"Ach wirklich? Aber es ist okay, dass du gerade mein ganzes Leben auf den Kopf stellst? Mich durch die Gegend führst ohne mir von einem Ziel zu erzählen obwohl ich fast gar nichts von dir weiß? Dass ich dir blind vertraue und du mich noch nicht einmal eines guten Morgen würdigst?"
Kurz überlegt der junge Mann bevor er seinen Blick von ihr abwendet. Für ein paar Sekunden breitet sich Stille zwischen ihnen aus und Kazumi befürchtet schon mit ihren Bemerkungen zu weit gegangen zu sein. Schließlich wollte sie ihn ja begleiten und ist wirklich dankbar, dass er ihr hilft. Allein könnte sie das niemals durchziehen, da ist sich Kazumi inzwischen sicher. Allein hätte sie es nicht einmal aus ihrem Elternhaus heraus geschafft.
Sie will bereits den Mund öffnen und sich kleinlaut entschuldigen, hat sich die Worte schon zurecht gelegt, da erklingt Sasori's Stimme neben ihr.
"Yu-Gakure."
"B-bitte?"
"Unser Ziel. Damit ist eine deiner Fragen beantwortet."
"Wieso dort?"
Leise seufzt Sasori bevor er antwortet.
So viel zu reden, zu erklären, ist er einfach nicht gewohnt und es widerstrebt ihm, sich mit diesem Mädchen zu unterhalten. Und dennoch ist es leichter als mit Deidara oder einem anderen der Akatsuki.
Es ist unkomplizierter und trotz des Aufwandes einer Konversation irgendwie angenehm.
"Früher war es ein Ninjadorf, doch inzwischen hat es sich auf heiße Quellen und Tourismus spezialisiert. Dort kannst du fürs Erste bleiben."
Er hat lange darüber nachgedacht, wollte Kazumi eigentlich nur im nächstbesten Dorf absetzen, doch da Deidara nun schon auf dem Rückweg ist und ihm so einiges an Zeitdruck genommen wurde, hat er beschlossen sie dort hin zu bringen. Er selbst hält nicht viel von diesem Ort, vor allem nicht bei dem Gedanken, dass jemand wie Hidan von dort stammt, doch die Menschen in Yu-Gakure sind Fremden gegenüber stets aufgeschlossen und Arbeit gibt es in diesem Dorf ebenfalls genug.
Es wird ihr gut gehen.
"Danke.", murmelt Kazumi neben ihm und der Rotschopf nickt lediglich ohne sie anzusehen.

Dieser Plan hat ihn letzte Nacht davon abgehalten an seinen Giften weiter zu arbeiten. Selten hat er sich so viele Gedanken für jemand anderen gemacht, hat das Wohl eines Menschen über seine Arbeit, über die Verwirklichung seiner Kunst gestellt.
Eigentlich sogar noch nie, wenn er recht darüber nachdenkt.

Wieso dann für sie?

Was unterscheidet dieses Mädchen von dem Rest der Menschheit? Was lässt ihn alles andere aufschieben, um ihr zu helfen? Um dafür zu sorgen, dass es ihr gut geht?

Sasori beschließt, dass diese Fragen sinnlos sind.
Dass es keine Rolle spielt und er sich mit dieser Aktion wahrscheinlich nur selbst beweisen will, dass er der Perfektion näher ist als je zuvor.

Denn was sind schon ein paar Tage, wenn einem die Ewigkeit gehört?

完璧 Perfektion - Denn Puppen lieben nicht (Sasori FF)Where stories live. Discover now