#50 Der letzte Fehler

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Fehler sind immer zu verzeihen, wenn man den Mut hat diese auch zuzugeben. 
- Bruce Lee

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Stumm lauscht Deidara den Erzählungen des Älteren. Hört eine Geschichte von Experimenten und über Unsterblichkeit.
Erfährt Geheimnisse, die Sasori noch nie zuvor jemand anderem anvertraut hat. Geheimnisse, die er nicht einmal gewagt hat irgendwo zu notieren aus Sorge, sie könnten in die falschen Hände geraten - letztendlich alles zerstören, wofür er so hart gearbeitet hat.
Und mit jedem einzelnen Wort, welches Sasori' s Mund verlässt, scheint diese Geschichte in Deidara' s Ohren noch verrückter zu klingen.
Mehr Fiktion als Realität. 
Ein Märchen, gespickt mit so viel unsagbarem Wahnsinn, dass es schon fast wieder an Genialität grenzt.

Eine Seele, ein Herz, ein Bewusstsein.
All das versiegelt in einer eigentlich leblosen Gestalt - einer Marionette nach Sasori' s Abbild - um dieser Leben einzuhauchen. Um das, was unter normalen Umständen vergänglich sein sollte, für die Ewigkeit zu erhalten: Ein Leben.

Als Sasori mit seiner Geschichte fertig ist, legt sich erneut drückende Stille über die beiden Männer.

Unfähig etwas zu sagen rasen Deidara' s Gedanken, versuchen zu verstehen, was der Rotschopf ihm gerade eröffnet hat. 

Nämlich nicht nur das was war, sondern auch das, was er vor hat.

Ein Plan, so absurd, dass Deidara dem Drang widerstehen muss, sich in den Arm zu kneifen. Er könnte genauso träumen, doch er weiß auch nur zu gut, dass er sich diese Verrücktheit selbst nicht einmal im Traum einfallen lassen könnte!

Denn Sasori will zurück. 

Zurück zu seinem menschlichen Körper und einem Leben in Sterblichkeit. Einem Leben in Vergänglichkeit.

Gerade er! Gerade der Mann, der seit dem Moment ihrer ersten Begegnung geradezu darauf versessen war, Perfektion in der Ewigkeit zu finden. Und nicht zum ersten Mal fragt sich Deidara unwillkürlich was in Sasori gefahren ist, dass dieser all seine Prinzipien über den Haufen wirft.

Dass er diesem Wahnsinn verfällt, der ihn alles kostet, was er sich über die letzten Jahre - Jahrzehnte - hart erarbeitet hat. Alles, wofür er gelebt hat.

"Warum erzählst du mir das alles, un?"

Deidara' s Stimme ist leise und rauh, schwer schluckt er und schüttelt ungläubig den Kopf.
Der Blonde kann es nicht glauben, doch sein Gegenüber ist von seinem offensichtlichen Schock ungerührt. Vollkommen ruhig und bedacht antwortet der Puppenspieler seinem langjährigen Partner.

"Ich kann das nicht allein durchziehen, Deidara. Ich brauche deine Hilfe."

"Aber warum ich? Verflucht, wieso erzählst du das ausgerechnet mir, un?! Ich... Warum?"

Noch immer verwirrt stammelt Deidara vor sich hin während Sasori' s Worte sich in seinem Kopf langsam zu einem Bild zusammen fügen.
Einem großen Ganzen. Und als ihn die Erkenntnis trifft läuft dem jüngeren ein kalter Schauer über den Rücken, der ihn augenblicklich erschaudern lässt.

"Du willst, dass ich dich töte, un?"

Langsam nickt Sasori bevor er den Blick abwendet, um in die Ferne zu sehen. Er wirkt ruhig wie immer. Ohne Emotion. Ohne Leid. 
Doch Deidara weiß nicht wie sehr Sasori bereits gelitten hat, bis er schlussendlich auf diesen Plan gekommen ist. Der einzige Plan, der es ermöglicht, Akatsuki zu entkommen und neu zu beginnen. 
Niemand wird ihn suchen, wenn er tot ist. Wenn der Sasori, den die Welt kennt, für immer verschwindet. 
Und er aufersteht wie ein Phönix aus seiner eigenen Asche. 

"Es geht nur so. Und nur du kannst das tun. Verstehst du nicht? Ich muss sterben, um neu zu beginnen in meinem alten Ich. Wie damals, als Orochimaru mein Bewusstsein in diese Marionette transferiert hat. Nur dieses Mal wird es anders. Dieses Mal muss ich in meinen menschlichen Körper zurück, was nicht ganz unkompliziert wird."
"Jetzt hast du komplett den Verstand verloren oder? Du weißt, dass ich nicht wie Orochimaru bin oder? Ich bin kein Wissenschaftler! Ich bin kein Mediziner! Warum verflucht sollte ausgerechnet ich dir dabei helfen können, un?" 

Er, der mit einem unbedachten Handgriff den Älteren für immer verschwinden lassen könnte. 

Als Sasori dem fast schon verzweifelten Blick seines Teampartners begegnet, wirkt der Ausdruck seiner eigenen Augen weicher als sonst, ja fast schon freundlich. Verständnisvoll. Ein kleines Schmunzeln schleicht sich auf die Lippen des Rothaarigen, das für Deidara so fehl am Platz scheint und doch irgendwie genau richtig.

"Weil ich dir vertraue, Deidara. Du bist mein Freund und kann mich nur auf dich verlassen in dieser Sache. Ich weiß, dass du mich nicht hintergehst und ich vertraue darauf, dass du das schaffst. Ich hab keinen sonst, an den ich mich wenden kann. Keiner kennt mich so gut wie du und niemandem sonst traue ich diese Aufgabe zu."

Vertrauen.
In einer Welt voller Hass und Angst, voll Verrat und Verbrechen ist dies doch das wertvollste Gut, das man seinem Gegenüber schenken kann.
Und genau dieses Geschenk ist es, was viele zu Fall bringt. 

Falsch platziertes Vertrauen hat Länder vernichtet, Anführer in die Knie gezwungen. 
Kriege wurden verloren, Kämpfer haben ihr Leben gelassen. 

Vertrauen. 

Sasori weiß, dass dies etwas ist, was Menschen tun. Sie schließen Freundschaften, vertrauen aufeinander. Lächerlich und einfältig. Gefährlich. 
Doch Sasori weiß auch, dass ihm das alles egal ist. 
Er kennt Deidara seit Jahren, niemals zuvor hatte er sich auf jemanden verlassen können, doch immer, wenn er den Blonden gebraucht hat, war dieser zur Stelle. 
Ausnahmslos. 
Und wenn dieses platzierte Vertrauen ein Fehler ist, dann wohl sein letzter... 

"Sasori, ich...", beginnt der Jüngere leise, bricht jedoch ab und lässt seinen Blick schweifen bevor er den seines Gegenüber sucht. 

"Ich tu's. Sag mir, wie ich helfen kann, un." 

Zustimmend nickt der Rotschopf. 

"Ich erkläre es dir auf dem Weg. Das hier wird unsere letzte gemeinsame Mission sein. Wir sollten unser Bestes geben." 

Die letzte Mission. 
Der letzte Kampf, den Sasori noch führen möchte bevor er sich zur Ruhe setzt. 
Irgendwie hat es etwas ironisches, dass dieses Ende dort beginnt, wo auch alles andere begann: In Suna-Gakure. 
Das Windreich hat der Puppenspieler schon lang nicht mehr als seine Heimat betrachtet und trotzdem weckt der Gedanke daran eine Melancholie, die ihm so gar nicht ähnlich sieht. 

Wie es seiner Großmutter geht? Er wird sie wohl nie wieder sehen... 
Die ganzen Marionetten, die er während seiner Zeit dort hergestellt hat. Ob sie wohl einen würdigen Besitzer gefunden haben? Er wird es nie erfahren... 


Nie im Traum hätte Sasori daran geglaubt, dass er die Antworten auf diese Fragen innerhalb der nächsten 5 Tage erfahren würde. 

Die letzten 5 Tage seines Lebens. 

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⏰ Last updated: Jul 01, 2022 ⏰

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完璧 Perfektion - Denn Puppen lieben nicht (Sasori FF)Where stories live. Discover now