Kapitel 3

2.7K 84 7
                                    

Als Gus und ich die Mensa betreten, ist so unglaublich voll.
"Genau deswegen wollte ich eigentlich früher gehen.", murmelt er und hält nach einem freien Tisch Ausschau, den er aber nicht zu finden scheint. Er seufzt.
"Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich hätte einen Plan B."
Ich schaue ihn an.
"Ach ja? Das wäre mehr als perfekt, ich bin nämlich halb am Verhungern." "Dachte ich mir. In der Straße gibt es ein chinesisches Restaurant, was meinst du?"
Ich beiße mir auf die Unterlippe.
"Bist du dir sicher? Ich habe nur eine Stunde."
Augustus lächelt.
"Die Leute sind schnell dort und es ist gleich um die Ecke. Zur Not schiebe ich mich vor und erkläre es Erich. So hart, wie er manchmal gern tut, ist er nämlich gar nicht."

Wir laufen nebeneinander her zum Restaurant und ich muss zugeben, Gus ist wirklich ein sehr sympathischer Typ. Er ist witzig und einfach nur nett.
"Okay, da sind wir."
Augustus hält mir die Tür auf und wir betreten das kleine Restaurant. Es ist süß, scheint aber um diese Zeit nicht wirklich so besucht zu sein.
"Was hältst du davon, wenn wir den Tisch da hinten am Fenster nehmen?"
Ich nicke lächelnd und als ich ihm gesagt habe, was ich gerne hätte, darf ich mich schon an den Tisch setzen. Nach ein paar Minuten kommt er mit einem Tablett wieder und stellt mir meine Nudelbox vor die Nase.
"Hier Court. Mit crispy chicken, wie du wolltest."
"Danke Gus, wie viel schulde ich dir?" Er wedelt lachend mit der Hand.
"Ach Courtney, das geht heute auf mich! Sozusagen als eine 'Willkommen in der Firma'-Geste."
Ich hebe lächelnd die Brauen. "Machst du das etwa für alle neuen Angestellten von Erich?"
Er grinst. "Kommt drauf an."
"Echt? Und worauf?"
"Ob ich merke, dass sie es von Anfang an weit bringen können und dass ich einen guten Draht zu ihnen haben werde."

Gus und ich essen für eine Weile schweigend. Ich bewundere ihn heimlich für seine Fähigkeit, mit Stäbchen umgehen zu können.
"Jetzt bin ich aber echt neugierig", sagt er irgendwann plötzlich, "Was ist deine Geschichte?" 
Ich sehe ihn fragend an.
"Meine Geschichte?"
"Wo kommst du her? Familie? Freunde?"
Ich lächle.
"Ach, da gibt es eigentlich so gut wie nichts Besonderes. Außerdem hast du doch meinen Lebenslauf gelesen. Da steht doch alles Relevante."
"Das sind nur Eckdaten. Ich meine, deine richtige Geschichte. Wie bist du aufgewachsen?"
Also fange ich an zu erzählen: Ich erzähle ihm von meinen Eltern, meinem bisherigen Leben in Los Angeles. Dass ich Literatur studieren wollte, es dann aber doch abgebrochen habe.
"Das ist ja echt schade, wäre sicherlich cool geworden. Warum hast du es nicht gemacht? Was hat dich aufgehalten?"
Ich lächle nervös. "Es hatte persönliche Gründe." Dann sehe ich auf meine Uhr und werde innerlich leicht panisch. "Wir sollten zurückgehen, die Stunde ist in zehn Minuten um."

"Ich habe im Restaurant ziemlich viel über mich erzählt. Aber ich möchte auch etwas über dich erfahren, Gus." Er lächelt ein wenig und hat die Hände in seiner schwarzen Jeans vergraben.
"Also, was möchtest du denn wissen?" "Alles, was du erwähnenswert findest."
"Da gibt es viel. Frage mich etwas Spezifisches, das macht es vielleicht einfacher."
Ich lache. "Na gut. Okay. Woher kommst du? Bist du hier in San Francisco geboren?"
"Warum habe ich geahnt, dass du das zuerst fragen, würdest? Nein, ich komme ursprünglich aus New Jersey. Ich bin am 30. September geboren und bin 24 Jahre alt. Noch was?"
Ich überlege. "Wie hast du Erich kennengelernt?"
Augustus sieht in die Ferne, als würde er sich in diese Zeit zurückversetzen.
"Ich kam vor fünf Jahren nach San Fran, um etwas aus meinem Leben zu machen. Ich will ja nicht angeben oder so, aber ich war wirklich überdurchschnittlich im Studium, was auch der Grund dafür war, dass ich so schnell damit fertig geworden bin. Jedenfalls waren meine Eltern nie begeistert von meiner Entscheidung IT zu studieren, und sind es bis heute nicht. Sie wollten schon immer, dass ich im Familienbetrieb anfange. In ihrer Kanzlei anfange. Seit ich die ersten Schritte machen konnte, hatten sie mich darauf vorbereiten wollen, weshalb ich vermutlich auch sämtliche Gesetzestexte runterbeten kann, als handle es sich um das 1x1." Ich muss lachen. "Das ist nicht dein Ernst."
"Doch, ehrlich. Jedenfalls ging es ihnen ziemlich gegen den Strich, als ich von dem einen Tag auf den anderen verkündete, dass ich nach San Francisco gehen würde, um dort etwas in meiner Branche zu finden. Eines Tages, ich saß gerade bei Starbucks, hörte ich zwei junge Männer an einem nicht weit entfernten Tisch darüber diskutieren, wie sie ihre Empfangshalle von APPLSN gestalten wollten und-"
"Es tut mir echt leid, dass ich dich unterbrechen muss, aber sagtest du gerade zwei junge Männer?"
Gus holt Luft, beißt sich auf die Unterlippe und atmet scharf wieder aus, als wäre ihm aufgefallen, dass er etwas gesagt hatte, was eigentlich für meine Ohren bestimmt ist.
"Ja, ich sagte zwei Männer. Aber Erich spricht nicht gern darüber, also sprich ihn auf gar keinen Fall darauf an, sonst frisst er dich vielleicht lebendig auf. Ganz kurz bevor die Firma gegründet wurde, hatte Erich noch einen Geschäftspartner. Sein Name ist Jeremy. Jeremy Lennard. Ebenfalls ein genialer Kopf, wenn du mich fragst, aber erwähne das bloß nicht vor Erich, sonst bin ich Fischfutter. Sie haben zusammen den Code für die grundlegende Technologie von APPLSN entwickelt. Naja, so lautet jedenfalls Jeremys Version der Dinge. Erich ist da komplett anderer Ansicht. Kurz gesagt, heftiger Rechtsstreit. Mir fällt gerade auf, dass ich schon wieder vom Thema abgekommen bin. Während sich diese zwei immer noch bei ihrem Streit über Mamor oder teurem Holz beobachtete, schien Erich mich irgendwann bemerkt zu haben und fragte mich, was ich denn besser für die Eingangshalle einer IT-Firma halten würde. Ich bin natürlich hellhörig geworden, kam mit beiden ins Gespräch und erfuhr, dass sie neben Ivana nach einem Entwickler suchten. Und tadaa, hier bin ich jetzt!" Ich nicke lächelnd und betrete mit ihm die Firma.

"Okay, dann lass ich dich jetzt hier allein. Ich muss wieder zur Entwicklungsabteilung, oder Ivana hält mir wieder einen Vortrag zum Thema Pünktlichkeit."
Damit legt er mir noch kurz die Hand auf die Schulter und verschwindet dann um die Ecke.
Ich klopfe an und betrete nach einer kurzen Aufforderung Erichs Büro. Er sitzt an seinem Schreibtisch, umgeben von unglaublich vielen Papieren. Er sieht leicht verzweifelt aus, als er zu mir aufschaut.
"Wie gut, dass du wieder da bist, Court. Wie war das Mittagessen?"
"Sehr gut, aber ehrlich gesagt waren wir nicht in der Mensa. Es war echt voll, also hat mich Gus in ein chinesisches Restaurant eingeladen."
Erich nickt bloß, nun wieder total auf seine Unterlagen konzentriert. Ich trete hinter ihn.
"Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich könnte bei dieser Unordnung nicht arbeiten."
Er dreht sich um und lächelt mich plötzlich an.
"Weißt du was? Ich muss mal schnell zum Flugteam, das heißt, ich bin für eine halbe Stunde nicht hier. Wenn du solange mein Büro ein bisschen aufräumen könntest, wäre ich dir sehr verbunden. Danke Court, du bist die Beste."
Noch bevor ich noch irgendwas hätte sagen können, ist Erich schon aus der Tür gerauscht.

Und wieder ein neues Kapitel, Cookies! ❤
Wie findet ihr Gus? Ich persönlich muss sagen, ich freue mich wahnsinnig über seine Besetzung, denn Ezra passt ganz genau in den Charakter unseres lieben Augustus :)
Was meint ihr, wie wird es weitergehen? ;)
Außerdem muss ich euch vorwarnen: Ich bin die nächsten drei Wochen auf Kur mit Mum und meinem Bruder, deshalb weiß ich nicht, wie schnell wieder ein Kapitel kommen wird. Zwar habe ich morgen im Auto wahrscheinlich genügend Zeit, das nächste Kapitel zu beenden, aber ich wollte trotzdem, dass ihr es wisst.
Read you next time ;*
Momofelton ❤

Dark Secrets ✅Where stories live. Discover now