Kapitel 5

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Eine Woche später laufe ich über das Rollfeld zum Privatjet von Erich. Meine Reisetasche trage ich über der Schulter und es freut mich zurück nach L.A. zu fliegen, auch wenn es nur für wenige Tage ist. Übermorgen werden wir wieder hier sein. Ich habe noch keine wirkliche Ahnung was auf mich zukommen wird, vor allem da Erich auf seinen früheren Geschäftspartner trifft, aber ich lasse mich auch gern überraschen. Ich erkenne ziemlich schnell den dunklen Haarschopf von Gus und bin froh, dass er ebenfalls dabei sein wird. Ich verstehe mich wirklich sehr gut mit ihm und auch Erich ist bis jetzt echt klasse. Es macht Spaß bei ihm zu arbeiten, auch wenn er ungelogen ein Chaot ist, wenn es um seinen Schreibtisch geht. Mit beiden kann man auch mal ein wenig lockerer arbeiten, ohne das Gefühl zu bekommen, gegen die Regeln zu verstoßen. Ivana und ich haben eher eine rein arbeitsmäßige Beziehung, damit können wir auch beide gut umgehen. Sie scheint sowieso diejenige zu sein, die die beiden Jungs ein wenig in der Realität und somit auch auf dem Boden behält. Cindy ist, um ehrlich zu sein, die Einzige, wo die Abneigung auf Gegenseitigkeit beruht. Anders als sie wiederum zeige ich das nicht so offensichtlich. Schon gar nicht vor anderen. Augustus, der innerhalb der letzten Woche mal eine kleine Zickerei zwischen uns mitbekommen hat, kommentiert Cindys Verhalten nur mit einem zu großen Ego und dass sie sich vielleicht irgendwie von irgendetwas meinerseits in die Enge getrieben oder bedroht fühle. Ich weiß es auch nicht. Ich versuche einfach ihren Sticheleien aus dem Weg zu gehen, es bringt mir eh nichts. Gus hat mich bemerkt und kommt auf mich zu, wieder mit einem strahlenden Lächeln.
"Guten Morgen, Court. Bist du bereit für Los Angeles?", nuschelt er geradeso verständlich in meine Haare, während er mich umarmt.
"Ich freue mich und bin echt gespannt auf das, was kommt. Wartet ihr schon lange?"
"Nein, natürlich nicht. Aber ich muss dich schon wieder warnen. Erich ist heute echt angespannt, wir müssen einfach versuchen, ihn von dem Kommenden abzulenken. Das macht es für uns alle einfacher, glaub mir bitte."
Angesichts der Situation, vor der die Firma und vor allem Erich selbst steht, ist das ziemlich gut nachvollziehbar. Ich steige in den Jet und Gus, Gentleman, der er nun mal ist, nimmt meine Tasche. Ivana erblicke ich zuerst und sie nickt mir mit einem kleinen Lächeln und einem Blick zu, der mich vermutlich ebenfalls warnen soll. Augustus verstaut meine Tasche und zeigt mir, dass ich neben ihm und somit gegenüber von Erich sitzen werde. Apropos: Dieser sitzt da, hat mich wahrscheinlich schon bemerkt, sagt aber keinen Ton und schaut wie versteinert aus dem Fenster. Wow, wenn das bei ihm Angespanntheit zeigt, ist es wirklich heftig. Ein wenig unsicher, ob ich ihn ansprechen soll, sehe ich zu David, einer seiner engsten Vertrauen. Dieser schüttelt nur kaum merklich mit dem Kopf und ich setze mich hin.
"Nur weil ich nicht rede, heißt das nicht, dass du mich nicht begrüßen musst, Courtney."
Erichs blaugraue Augen haben sich auf mich gerichtet und es ist das erste Mal, seit ich ihn kenne, dass eine gewisse kühle Arroganz in seiner Stimme zu hören ist.
"Jetzt komm aber mal wieder von deinem Ross runter, Mann. Court sieht dich so zum ersten-"
Ich unterbreche ihn jedoch.
"Ich kann selbst für mich sprechen, danke Gus. Erich, ich kann verstehen, dass du nervös bist, aber der Termin ist erst morgen. Entspann dich. Und kriege deine Stimmungsschwankungen in den Griff."
Ich spüre die Blicke auf mir und ich ahne zu wissen, was sie mir sagen wollen: Wie dumm bist du eigentlich?!
Meine Augen sind jedoch weiterhin auf meinen Chef gerichtet, dessen Gesichtsausdruck nun ein wenig an Kälte verliert. Ich merke, dass jetzt Gus neben mir derjenige ist, der sich anspannt und als Erich zu sprechen beginnt, habe ich schon Angst, dass er jeden Moment hyperaktiv werden könnte, um nicht mehr still sitzen zu müssen.
"Weißt du, Court, du hast recht. Der Termin ist erst morgen und warum sollte ich meine schlechte Laune an euch auslassen? Tut mir leid."
Ich lasse mich in meinen Sitz zurück sinken.
"Augustus, du kannst den Mund wieder schließen, es ist alles gut und er hat mich nicht mit Haut und Haaren gefressen."

Erich ist die ganze Zeit ziemlich ruhig, was ich wirklich ungewöhnlich finde. Gus hat mich zu einer Runde Schach überredet und als er mich doch tatsächlich platt gemacht hat, wende ich mich wieder an unseren Chef. Er sieht mich an und ich weiß, dass er sich zu entspannen versucht, aber es gelingt ihm nicht. Und als David ihn dann auch noch auf die Taktik für dieses Treffen anspricht, ist es zu spät: "Wozu brauche ich eine Taktik? Jeremy hat sowieso nichts gegen mich in der Hand, verfickt nochmal! Er kann den Code nicht bekommen, der ist nämlich hier in meinem Kopf. Er hat verloren!"
"Aber Erich", setzt David an, "wir dürfen nichts riskieren, sonst verlierst du die Firma."
Erich springt auf.
"Tu doch nicht so, als wüsste ich das nicht! Mir ist klar, was hier auf dem Spiel steht, aber ihr zweifelt anscheinend an mir! Ihr seid echt ein tolles Team! Super!"
Mit diesen Worten springt Erich auf und stürmt in das Schlafzimmer des Jets. Ich kann ihm nur hinterher starren und Gus fährt sich, eindeutig beschämt, durch die dunklen Haare.

Nach einigen Minuten landen wir und ich habe die Aufgabe bekommen, Erich aus seiner Höhle zu kommandieren. Also klopfe ich an und sage vorsichtig seinen Namen. So geladen wie er vorhin gewesen war, kann ich nicht vorsichtig genug sein.
"Erich, wir sind da. Wir müssen los."
Es dauert einen Moment, bis ich eine Antwort bekomme, außerdem ist seine Stimme eher erstickt.
"Ich bin sofort da, geh du schon mal mit Gus vor, ich komme gleich nach."
"Versprich es mir, David springt sonst im Dreieck."
Dann seufze ich und gehe zurück zu Gus, um das Flugzeug zu verlassen.
"Hast du Cindy gesehen, Court?"
"Nein, ehrlich gesagt nicht."
Augustus zuckt mit den Schultern und nimmt mich mit raus.

Während uns der Wagen zum Hotel fährt, ist mir alles so sehr bekannt, dass es sich zum einen so anfühlt, als wäre ich nicht weg gewesen, zum anderen bekomme ich mein Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht. Ich sitze zwischen Erich und Ivana.
"Also Court, die Zimmeraufteilung ist immer folgendermaßen: Ivana und David bekommen aus bestimmten Gründen immer die Einzelzimmer. Dann gibt es noch zwei Doppelzimmer für euch Mädchen und uns Jungs."
Oh nein, heißt das etwa, ich müsste mir ein Zimmer mit Cindy teilen?
Gut, ich würde mich nicht beschweren, schließlich hätte Erich mich auch nicht mitnehmen müssen. Anders denkt da anscheinend meine Zimmergenossin.
"Vergiss es, Erich, ich werde mir nicht das Zimmer mit ihr teilen!"
Ein Blick auf Gus verrät mir, dass er es bereits geahnt hat.
Unser Chef sieht uns an. Ich weiß, dass er versucht, schleunigst eine Lösung zu finden, doch ich kenne Cindy mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass sie sich nicht von ihrer Meinung abbringen lässt. Gerade komme ich mir wie ein Eindringling vor. Augustus sieht mich an und das, was er jetzt tut, hätte ich niemals erwartet: "Wenn sich Madame Ich Muss Meinen Willen Kriegen querstellt, gehe ich mit Court in ein Zimmer. Dann kann Strouds zu dir mit ins Zimmer, dagegen hat sie ganz sicher nichts, Erich."
Das erste Mal, seit ich Gus kenne, spüre ich Abneigung in seiner Stimme.
"Wäre das in Ordnung für dich, Courtney? Es gibt getrennte Betten, nur damit du es weißt."
Ich ahne bereits, dass es sonst ein riesiges Theater geben würde und so schlecht wäre es mit Augustus sicherlich nicht.
"Klar, kein Problem."
Ivana beugt sich zu mir herüber.
"Danke Hunter, du hast uns gerade den dritten Weltkrieg erspart."

Nach einem langen Abend betreten Gus und ich das Zimmer. Erich hatte uns unbedingt zu meinem Lieblingsitaliener einladen wollen und deshalb sind wir so spät. Außerdem glaube ich, dass er noch irgendwas Gutes vor morgen braucht. Wir wohnen im teuersten Hotel von Los Angeles. Die riesigen Fenster sorgen für einen wunderschönen Ausblick über die gesamte Stadt. Es ist, als würde ich auf mein altes Leben hinunter schauen.
"Die Umstände bezüglich Cindy tun mir echt leid. Ich würde sie dir echt gern ersparen."
Ich drehe mich zu Augustus um und sehe, dass er sich tatsächlich Gedanken macht. Ich lächle und mache einen Schritt auf ihn zu.
"Mach dir keine Sorgen, es ist schon okay. Schwierig, aber okay."
Als er nach draußen schaut, spiegeln sich die Lichter der Stadt in seinen braunen Augen, was wirklich schön aussieht. Plötzlich gähne ich und die Müdigkeit kommt über mich. Gus lächelt sanft.
"Wir sollten schlafen. Der Tag morgen wird schon genug an unseren Nerven ziehen. Geh du ins Bad, ich ziehe mich hier um."
Ich nicke dankbar und schließe ein paar Sekunden später die Tür hinter mir.

Als ich fertig aus dem Badezimmer komme, kann ich noch gerade so einen Blick auf den Bauch von Gus erhaschen, bevor er das T-Shirt komplett über dem Kopf hat. Ich grinse in mich hinein und setze mich im Schneidersitz auf das Bett.
Gus' Haare sind vollkommen durcheinander, aber es steht ihm. Ich werfe einen Blick in seine Tasche, in der ich ein Jackett finde.
"Warum wollte Erich überhaupt, dass wir so schickes Zeug mitnehmen?"
Mein Kollege wirft sich auf sein Bett.
"Er will mit seinem Team angeben, wenn es morgen zu Jeremy geht. Leider legt Erich viel auf Äußeres und erkennt das positive, aber manchmal auch negative Innere eines Menschen in manchen Fällen sehr spät."
Plötzlich fängt er an zu grinsen.
"Was ist?"
"Das dicke Einhorn, was auf deinem Shirt Kekse isst, ist niedlich."
Ich lache.
"In manchen Momenten beschreibt mich das Einhorn ziemlich gut."
Ich lasse mich ins Kissen fallen und ziehe mir die Decke über den Körper, sodass ich aussehe wie eine kleine Raupe. Ich höre Gus noch lachen, aber sein "Gute Nacht, du dickes Einhorn" nehme ich kaum noch wahr, denn zu diesem Zeitpunkt bin ich schon fast in meinen Träumen.

Ich habe es endlich mal wieder geschafft! ❤
Es tut mir echt leid, aber die Schule verlangt nun vor allem in den nächsten Wochen ziemlich viel von mir ab, ich hoffe, ihr versteht mich :)
Wie fandet ihr das Kapitel bis jetzt? Was sagt ihr zum bisherigen Verlauf der Geschichte?
Ich freue mich über eure Meinungen ;)
Read you next time ;*
Momofelton ❤

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