Kapitel 26

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Kennt ihr das, wenn ihr das Gefühl habt, dass euch mit einem Mal der gesamte Boden unter den Füßen weggerissen wird? Wenn ihr euch auf einmal fühlt, als würdet ihr ganz tief fallen und nichts, aber auch gar nichts, kann euch davon abhalten?
Dann wisst ihr, wie es mir in diesem Moment geht, in dem ich im Wagen von Gus sitze und wir mit Ivana in Richtung Präsidium rasen. Das kann nicht wahr sein, das kann einfach nicht echt sein. Ich liege nur in meinem Bett, ich träume schlecht, und wenn ich aufwache, wird Erich neben mir liegen. Genau, so muss es sein, es gibt keine andere Erklärung dafür.
"Courtney, hey, wir sind da."
Ich spüre eine Hand auf meiner, doch ich kann nicht zuordnen, wem sie gehört, ich bin zu sehr in Trance.
"Courtney? Nein, du musst nicht weinen, wir holen ihn da raus."
Ich habe überhaupt nicht bemerkt, dass mir die Tränen wie Wasserfälle über das Gesicht strömen. Als mich jemand, vermutlich Augustus, aus dem Auto hebt, wird mir klar, dass das alles wahr ist, dass ich nicht träume. Daraufhin muss ich schluchzen und drohe das Gleichgewicht zu verlieren, sobald ich auf den Boden gesetzt werde. Wie kann so ein schöner Morgen, an dem ich dachte, ich könnte mich endlich wieder jemandem hingeben, mit solch einem Abend wie diesem hier enden? Hätte Ivana mich nicht gestützt, wäre ich vermutlich unkontrolliert durch die Gänge gestolpert und hätte mir schlussendlich vielleicht noch etwas gebrochen. Ich bemerke kaum, wie Gus an den Empfangstresen geht, um die Erlaubnis zu bekommen, Erich sehen zu dürfen. Mein Blick verschwimmt erneut und sobald ich wieder auf die Beine gezogen werde, wobei mir noch nicht einmal klar gewesen ist, dass ich überhaupt gesessen habe, werde ich einen Gang entlang geleitet, Ivana zu meiner Linken, Gus etwas voraus. Den gesamten Weg bis zu dem bestimmten Raum, nehme ich kaum wahr, es ist, als wäre ich betäubt. Ich erwache erst wieder aus meiner Starre, als ich seine Stimme höre und sie klingt keineswegs erfreut, sondern wütend:
"Ich habe dir doch ausdrücklich gesagt, dass du sie nicht hierher bringen sollst!"
Mein Blick wandert nach oben und ich sehe, wie Erich seinen besten Freund anschreit, während Detective Mulligan und Detective English ihn in seine Mitte genommen haben.
"Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen? Sie anlügen? Was für eine Ausrede hättest du gewählt, wenn du tage- oder vielleicht wochenlang weder bei der Arbeit, noch zu Hause auftauchen könntest? Was hätte ich sagen sollen, hm? Sag's mir doch, du bist schließlich das Genie und weißt ja zusätzlich auch noch, wie du sie besser zu behandeln hast als ich, also sag mir verflucht nochmal, was du gemacht hättest, wärst du an meiner Stelle gewesen, schließlich kennst du dich ja gut damit aus, wenn es darum geht, meinen Platz einzunehmen, nicht wahr?"
"Klappe halten, alle beide!"
Ich realisiere erst, was ich gesagt habe, als es meine Lippen schon verlassen hat. Erich und Gus starren mich an und ich glaube bis heute, dass ich mir das Lächeln auf Detective Mulligans Gesicht nicht eingebildet habe.
"Ist jetzt wirklich die richtige Gelegenheit, um sich darüber zu streiten, ob ich hier sein sollte oder nicht? Haltet ihr das für den richtigen Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren, ob Erich mich dir ausgespannt hat, Gus? Ihr seid beide nicht besser als kleine Kinder, ehrlich, das ist peinlich!"
Ich habe bis heute nicht verstanden, dass Ivana sich ein Lachen verkneifen musste, denn ich fand die Situation damals gar nicht lustig. Erichs Blick gilt zum ersten Mal voll und ganz mir, dann kommt er langsam auf mich zu, schlingt die Arme um mich und beginnt zu weinen.
"Court, egal was sie dir sagen, ich bin es nicht gewesen. Ich habe Cindy und mein Kind nicht umgebracht, das musst du mir glauben. Bitte, ich flehe dich an!"
Ich schiebe mich leicht von ihm weg, sodass ich sein Gesicht in meine Hände nehmen kann.
"Hey, beruhige dich, ich habe dir doch schon mal gesagt, dass ich dir glaube. Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass du Cindy überhaupt nicht umbringen könntest. Egal, was hier passieren wird, Erich, ich vertraue auf dein Wort."
Dann gebe ich ihm einen kurzen Kuss auf die Stirn und kann ihn somit ein wenig zum Lächeln bringen.
"Ich möchte diesen schönen Moment wirklich nicht unterbrechen", beginnt Detective English, wobei ich ihm allerdings anhöre, dass er es nicht wirklich ernst meint, "doch gegen Ihren Freund haben sich einige Beweise erbringen lassen. Dank einer DNA-Analyse ist es uns gelungen, das Sperma im Mund von Miss Strouds als das von Ihrem Freund zu identifizieren. Der Tatort wird noch immer untersucht, doch bis jetzt ist Mr. Blunt der Hauptverdächtige im Mordfall Ihrer Kollegin."
Ich sehe Erich an, der wieder mit dem Kopf schüttelt.
"Bewiesen ist doch noch nichts, richtig?", frage ich und verschränke meine Arme vor der Brust.
"Noch nicht zu hundert Prozent, weshalb Mr. Blunt zu seiner eigenen Gerichtsverhandlung geladen wird. Dort wird entschieden, ob er als schuldig oder unschuldig aus der Sache herauskommt. Wenn nicht, bedeutet es lebenslang."
Ich stehe da und mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Erich war es nicht, er kann es einfach nicht gewesen sein.
"Das bedeutet, dass er einen guten Anwalt braucht, richtig?"
Detective Mulligan nickt.
"Aufgrund der bis jetzt deutlich erdrückenden Beweislage gegenüber Ihrem Freund wäre es mehr als nur zu empfehlen."
Ich sehe den beiden Detectives an, dass sie wenig an Erichs Unschuld glauben und das ist auch nachvollziehbar, schließlich machen sie ihren Job, dennoch werde ich nicht zulassen, dass Erich für eine Sache ins Gefängnis kommt, die er nicht begangen hat. Und wenn er mir sagt, dass er es nicht getan hat, dann hat er es auch nicht getan, ganz einfach.
"Muss er jetzt hier bleiben?", wirft Gus ein und stellt damit die Frage, die mir schon die gesamte Zeit auf der Zunge gebrannt hat.
Gerade als einer der beiden antworten will, fliegt die Tür auf und David betritt den Raum. Seit ich ihn kenne, hat er noch nie so viel Macht und Selbstsicherheit ausgestrahlt wie in diesem Moment.
"Sie lassen ihn nicht hier, er kommt erst wieder her, sollte es noch Befragungen geben. Sie sehen ihn erst wieder, wenn er vor Gericht steht. Und bevor Sie davon anfangen, dass das nicht möglich sei, die Kaution wurde bereits bezahlt. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden? Erich, ich war in deinem Apartment und habe dir die Jacke besorgt. Ich möchte, dass du die Kapuze trägst, draußen stehen die Reporter und warten wie die Geier. Ich erwarte, dass du die Klappe hältst und keine Stellung zu all dem hier nimmst, haben wir uns verstanden? Das ist sowieso schon sehr schlechte PR."
Erich nickt und zieht die Jacke an, während David sich an uns wendet:
"Von euch dreien erwarte ich Neutralität. Ihr geht einfach durch die Presse durch und sagt kein Wort. Courtney, besonders du lässt dir nicht anmerken, was hier gerade läuft."
Ich nicke und gerade, als wir den Raum verlassen wollen, hält Detective Mulligan mich zurück: "Miss Hunter, ich würde Sie gerne noch für eine Minute sprechen. Unter vier Augen."
"Bei allem Respekt, Detective, ich glaube-"
"Ist schon okay, Erich, ich komme gleich nach. Du hast genug um die Ohren, mach dir keine Sorgen darüber." 

Kaum haben die anderen den Raum verlassen, bittet Detective Mulligan darum, dass ich mich setzen solle. Es wundert mich nicht, dass sie gleich zur Sache kommt.
"Sie lieben Erich wirklich, oder?"
Meine Antwort kommt mir schnell über die Lippen.
"Ja, ich liebe ihn. Bei allem Respekt, ich wüsste nicht, was Sie das angeht. Sind wir hier fertig? Ich muss zu ihm, bevor er durchdreht."
"Ich kenne solche Männer wie ihn durch meinen Beruf zu Genüge, Miss Hunter. Für ihn sind Sie nichts weiter als ein Spielzeug, ein Objekt, das jederzeit ersetzt werden kann, wenn ihm langweilig wird."
Das macht mich wütend. Wie kann diese Frau es nur wagen?
"Sie kennen ihn doch nicht einmal, Sie wollen nur, dass ich ihm misstraue, damit er schneller gesteht, habe ich recht?"
"Ich möchte nicht, dass er schneller gesteht, ich möchte, dass er Ihnen nicht wehtut. Wer weiß, wie viele Frauen er vor dem Opfer gehabt hat. Immerhin hat er Sie schon gewollt, als er noch ein Verhältnis mit Miss Strouds gehabt hat."
"Er ist nicht so, nicht bei mir."
Detective Mulligan lehnt sich zurück. "Nennen Sie mir einen Grund, warum Sie für ihn anders und kein Mittel zum Zweck sein sollten? Warum er das Spiel nicht auch mit Ihnen spielen könnte? Wieso sollten Sie plötzlich die Eine für ihn sein? Nennen Sie mir einen Grund und ich nehme alles zurück."
Da sitze ich nun und weiß keine Antwort darauf. Die Wut packt mich erneut und ich stehe auf. Ich sehe so etwas nicht ein.
"Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig. Noch einen schönen Abend."
Während ich aus dem Gebäude trete und mich durch die Reporter zum Wagen meines Ex kämpfe, steht mein Entschluss fest: Ich werde Erich da raus holen, ich werde seine Unschuld beweisen, egal was es mich kostet.

So, meine Cookies, hier ist ein neues Kapitel für euch! ❤️
Sagt mir doch bitte, wie ihr es fandet und welche Vermutungen ihr habt :)
Heute mal ein großes Dankeschön an Nadja_Tonks98
Du kommentierst immer, wenn nicht sogar als Einzige und gibst mir das Gefühl, dass sich das Updaten noch lohnt.
Danke, dass ich mich immer so gut auf dich verlassen kann ;)
Read you next time ;*
Momofelton ❤️

Dark Secrets ✅Where stories live. Discover now