Kapitel 9

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"Danke, dass du mich noch nach Hause gebracht hast, Gus. Es wäre trotzdem nicht nötig gewesen, schließlich hätte ich auch mit den Öffentlichen fahren können."
Er schüttelt heftig den Kopf.
"Als ob ich dich mit diesem riesigen Koffer mit der Bahn nach Hause fahren lasse, also echt."
Ich verdrehe leicht die Augen und hebe mein Gepäck aus dem Wagen meines Kollegen. Meine gesamte Stimmung ist seit der Situation im Jet total im Eimer. Augustus hat es glücklicherweise geschafft, Cindy zu beruhigen. Nachdem Erich sich seine blaue Jacke angezogen und so getan hat, als wäre nichts passiert, habe ich nicht mehr länger sitzen bleiben können. Ich bin ebenfalls zu  Cindy gegangen, um ihr Trost zu spenden und sie hat mich nicht wie Dreck behandelt, sondern meine Hilfe angenommen, indem sie sich an meiner Schulter ausweinte, während Gus Erich im Raum nebenan die Hölle heiß gemacht hat.
"Selbst wenn ich dann auch meinen Job verloren hätte, es wäre mir egal gewesen! Man behandelt Menschen einfach nicht so, schon gar nicht, wenn ich meinen Fuß in dieser Firma habe und ebenfalls Mitarbeiter bin!"
Nachdem der Jet gelandet war, hatte Erich noch mit Cindy reden wollen, doch Dank eines strafenden Blickes meinerseits, hat er es dann nicht fertiggebracht, sie in dieser Situation anzusprechen. Gus hat sie dann noch zu Ivanas Auto eskortiert, die das völlig aufgelöste Ding dann auch nach Hause gefahren hat.
"Ich hoffe echt, dass er noch zur Besinnung kommt, sonst werden die nächsten Wochen unglaublich hart", meint Gus und holt mich aus meinen Gedanken zurück.
"Ich hoffe erst einmal, dass es Cindy gut geht. Sie mag mir gegenüber zwar meistens eine Zicke gewesen sein, aber das hat sie nicht verdient. Ehrlich gesagt, weiß ich auch gar nicht wie ich mich Erich gegenüber jetzt verhalten soll. Ich meine, ich arbeite jeden Tag eng mit ihm zusammen, da muss ich die Situation doch wenigstens ein bisschen entschärfen können."
"Ob er das verstehen will oder nicht, er muss sich anpassen. Schließlich arbeitest du für ihn. Versteh mich nicht falsch, aber ich glaube, dass du dich heftiger zu wehren weißt als Cindy, sollte er dir doof kommen, was ich allerdings nicht glaube. Mach dir nicht zu viele Sorgen, du hast dich die letzten zweieinhalb Wochen wirklich hervorragend geschlagen. Krieg das bitte nicht in den falschen Hals, aber jeder weiß, dass Erich Blunt trotz seines Verstandes und seines Charismas, ein unglaublicher Stinkstiefel sein kann. Er benimmt sich wenigstens in deiner Gegenwart oder versucht es zumindest.  Du kriegst ihn schon noch in den Griff, mach dir da keine Sorgen. Sollte er dir tatsächlich blöd kommen, Iva und ich sind auch noch da."
Augustus begleitet mich wirklich noch bis zu meiner Wohnungstür, da er nicht gewollt hat, dass ich den Koffer allein nach oben trage. Ich lächle ihn an und bleibe im Türrahmen stehen.
"Ich würde dir ja noch etwas zu trinken anbieten, aber meine Wohnung ist ziemlich unaufgeräumt. Das will ich dir nicht antun, außerdem sehe ich schrecklich aus."
Er lacht und es hört sich wirklich schön an.
"Oh Court, schon klar. Du kannst ruhig sagen, dass du heute keinen Männerbesuch möchtest. Du solltest dich ausruhen, es waren anstrengende Tage. Wir sehen uns doch sowieso am Montag wieder, außerdem muss ich einkaufen gehen, mein Kühlschrank ist so gut wie leer."
Ich grinse.
"Das hat man von so einer Junggesellenbude, was?"
"Ach, um ehrlich zu sein, bin ich froh, Single zu sein. Meine letzte Beziehung ging ziemlich übel in die Brüche, deshalb ist das Leben eines Junggesellen gar nicht so schlecht."
Ich verschränke die Arme vor der Brust.
"Trotzdem wundert es mich, dass dir die Frauen nicht hinterher rennen."
Gus hebt mit glitzernden Augen die Braue.
"Ach ja? Meinst du?"
"Klar, bei deinem Charakter, deinem Aussehen und deinem Verstand würde jede Frau schwach werden."
"Echt? Jede? Also auch du, wenn ich mich nicht irre?"
Sofort schießt mir die Röte ins Gesicht und ich fange an irgendetwas zu stammeln. Mein Kollege lacht.
"Hey, das war nur ein Spaß. Aber wer weiß, vielleicht ändert sich mein Beziehungsstatus doch nochmal in nächster Zeit, ich muss nur die richtige Person finden."
Noch immer mit leicht roten Wangen werde ich von Gus in eine Umarmung gezogen, bevor er sich nochmals für die Umstände im Jet entschuldigt und mir ein schönes Wochenende gewünscht hat. Ich sehe ihm nach, dann schließe ich die Tür.

Mein Wochenende ist noch nie sonderlich spektakulär verlaufen. Ich habe es wie immer mit Aufräumen verbracht. Allerdings hat es eine Sache gegeben, die von diesem Muster abgewichen ist. Ich habe ziemlich viel mit Gus geschrieben. Ich mag ihn wirklich sehr gern. Nein, nicht auf diese Art, wenn ihr das jetzt hineininterpretiert haben solltet. Er ist einfach nur ein wirklich guter Freund, mit dem man gut seine Zeit verbringen kann. Allerdings habe ich bei seinem Angebot, mich nächstes Wochenende ins Restaurant und ins Kino einzuladen, nicht aufhören können zu lächeln. Ich habe endlich mal das Gefühl dazuzugehören, ohne dass mich jemand verurteilt. Trotz allem habe ich mich noch nicht dazu durchringen können, ihm meine Geschichte zu erzählen. Ich habe so unglaubliche Angst, dass er mich anders behandelt, nachdem er die Wahrheit kennt. Schließlich haben das alle getan, außer Patrick und meine Eltern. Ich muss mir noch darüber klar werden, doch nun ist es spät und morgen muss ich wieder zur Arbeit. Ich schreibe Gus noch eine letzte Nachricht, bevor ich das Licht ausschalte und endlich mal wieder ruhig einschlafen kann, ohne dass mich meine Albträume verfolgen.

Als ich am nächsten Morgen in die Firma gerannt komme, hält mir Augustus wie immer einen Kaffee entgegen. Ivana, die neben ihm steht, grinst mich an.
"Hat unsere Musterschülerin etwa fast verschlafen? Das ist ja mal ganz was Neues, das ich das noch erleben darf!"
"Tja, Iva, auch Miss Hunter, der Perfektionismus in Person, kann auch mal den Wecker überhören."
Wir drehen uns alle drei zu Erich um und mir wird schnell klar, dass ihm das Wochenende gut getan hat. Da ist dieses freche Lächeln auf seinen Lippen, dieses motivierende Funkeln in seinen, in diesem Licht, eisblauen Augen.
"Court, würdest du mich bitte in mein Büro begleiten? Wir müssen reden."
Gus wirft mir einen besorgten Blick zu, doch ich besänftige ihn mit einem Lächeln, während Ivana ihn am Hemd mit zur Entwicklungsabteilung zieht. Ich nehme einen weiteren Schluck Kaffee und folge meinem Chef dann in sein Büro.

"Hör zu, ich wollte mich entschuldigen", fängt er an, sobald ich die Tür geschlossen habe.
Ich lehne mich an die Wand und blicke ihn abwartend an.
"Ich wollte nicht, dass du das mitbekommen musst. Ich bin ausgerastet und das ohne Grund, ich war einfach gestresst."
"Es klang aber so, als hättest du in der Nacht davor ziemlich viel Stress abgelassen."
Diesen Kommentar habe ich mir nicht verkneifen können.
Erich erstarrt und schaut mich schockiert an. Ich wiederum muss drauf achten ernst zu bleiben.
"Fuck, du hast es gehört?"
"Erich, nicht nur ich habe es gehört. Gus hat mir einen Tipp gegeben, sodass ich das nicht mehr hören musste."
"Gott Courtney, du hättest auch klopfen können, dann hätten wir aufgehört und du hättest deinen Schlaf gehabt."
Jetzt müssen wir tatsächlich beide lachen, weil wir zwei wissen, dass Cindy eindeutig etwas dagegen gehabt hätte. Es ist schön, Erich mal richtig lachen zu hören, so vollkommen ungehalten. Plötzlich reißt uns ein Klopfen an seiner Tür aus unserem Gekicher.
"Okay, reiß dich zusammen, wir sind komplett ernst. Court, wir sind ernst!"
Wir haben uns endlich eingekriegt und ich öffne die Tür, während Erich zu seinem Schreibtisch geht. Im Türrahmen stehen eine junge, blonde Frau und ein dunkelhäutiger, junger Mann.
"Hallo, was kann ich für Sie tun?"
Beide ziehen ihre Dienstmarken hervor.
"Ich bin Hildy Mulligan und das ist mein Kollege Terry Englisch. SFPD. Wir würden gerne mit Erich Maxwell Blunt sprechen. Ist er hier?"
Mein Chef taucht sofort neben mir auf.
"Ja, ich bin hier. Erich Blunt. Gibt es ein Problem?"
Die Mienen der beiden Cops sind ausdruckslos.
"Wir würden Sie bitten uns umgehend zu begleiten."
"Ist etwas passiert?", frage ich und spüre, dass hier etwas ganz falsch läuft.
Für einen Moment scheinen die beiden zu überlegen und sehen sich nickend an, bevor sich die junge Frau uns erneut zuwendet.
"Cindy Stroud ist heute morgen tot in ihrer Wohnung gefunden worden."

Hallo Cookies ❤
Und hier ist wieder ein neues Kapitel!
Was sagt ihr dazu?
Jetzt geht es erst richtig los! :)
Wenn ich Glück habe, kann ich euch in den Ferien noch ein Kapitel liefern, aber das kann ich nicht versprechen.
Bitte lasst mich wissen, was ihr von diesem Kapitel haltet ;)
Read you next time ;*
Momofelton ❤

Dark Secrets ✅Where stories live. Discover now