2. Kapitel

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„Dave!", rief ich, während ich entgegen den Schülerstrom lief. „Dave!"

Endlich hörte der Gerufene mich und drehte sich um. Sein Kumpel neben ihn sah ihn verwirrt an, ehe er mich entdeckte. Selbst aus der Entfernung sah ich, wie seine Augen sich weiteten und Dave mit den Ellenbogen anstieß. Ach komm schon Junge, als ob Davie mich nicht gesehen hatte. Das genervte Schnauben entwich mir ohne dass ich es hätte aufhalten können, aber da musste ich wohl durch.

„Dave. Hast du was von deiner Schwester gehört?"

Seine Stirn kräuselte sich und selten sah er ihr ähnlicher. Offenbar überlegte er, welche ich meinen konnte. „Amber? Ist etwas mit ihr?", fragte er alarmiert, während ich mich fragte, wer eigentlich an Ava dachte, wenn in ihrer Familie Amber immer an erster Stelle stand.

„Nein, ich meinte Ava. Tyler hat erzählt, dass sie etwas aufgelöst den Unterricht verlassen hat, weil sie nur knapp eine Prüfung bestanden hat."

Dave's Mund formte ein ‚O', dann schüttelte er den Kopf. „Tut mir leid Man, hab nichts gehört. Sehen wir uns nachher beim Training?" Er hielt mir seine Hand hin und ich schlug geistesabwesend ein. „Cool, bis nachher dann, ich muss los.", sagte er seltsam gehetzt, dann ließ er mich mit seinem stummen Freund stehen und verschwand zwischen den Menschen. Wo wollte er denn jetzt hin?

Naja, hier hatte ich nichts mehr verloren, also verschwand ich auch in Richtung in der ich meine Freunde vermutete. Sein Kumpel rief noch irgendwas, aber ich ignorierte ihn einfach, denn ganz ehrlich: Dave sollte sich Freunde suchen, die nicht mit ihm zusammen hingen weil er plötzlich Football spielte und sich mit uns verstand. Nur leider hatte man als 14-Jähriger noch kein Gefühl für diese Art von Menschen, ehrlich gesagt mit 17 Jahren fiel mir das selbst noch schwer. Man konnte nur hoffen, dass er es früh genug lernte.

Mein Plan unbeschadet zu meinen Freunden zu gelangen, erwies sich als nicht ganz so einfach. Denn die meisten der Mitschüler strebten dasselbe Ziel an und wenn es um Essen ging, war sich jeder selbst der Nächste. Es blieb mir also nichts anderes über als mich brav in die Schlange vor den Türen einzureihen. Wütend funkelte ich ein paar Juniors an, die auf Grund ihrer schmalen Statue sich mühelos vorbeischlängelten und kurz darauf hinter den Wänden verschwanden. Täuschte ich mich oder wurden die auch immer kleiner?

Erneut genervt erreichte ich den Tisch mit meinen Freunden nach gefühlter Ewigkeit, nur um festzustellen, dass meine Abwesenheit genutzt wurde um wild über mich zu tratschen. Josh berichtete gerade noch einmal haargenau wie ich die Klasse verließ und nicht wieder kam, dazwischen machte er immer wieder dramatische Pausen. Sie waren so vertieft in ihre Diskussionen, dass ihnen mein Erscheinen gar nicht auffiel. Einzig Kyle sah zurückgelehnt mit verschränkten Armen zu mir und lächelte wissend. Am liebsten hätte ich ihm dieses Grinsen aus dem Gesicht geschlagen.

„Wie lange meint ihr dauert es, bis die ganze Schule mitbekommt, dass er immer noch auf sie steht?", fragte Noah leise.

„10$, eine Woche."

Kyle beugte sich immer noch grinsend vor und hielt Tyler seiner Hand hin. „20$ und Grund ist das zusammenschlagen eines Typen der mit ihr flirtet."

Tyler kräuselte seine Stirn, nickte dann aber und schlug ein. Josh legte seine Hand ebenfalls auf, um sein Beitreten der Wette kund zu tun, während ich nach kurzem Zögern ebenfalls meine Hand auf legte. „30$ das wir noch vor dem Schulball ein Paar sind." Erschrocken fuhren meine sogenannten Freunde auseinander, allen bis auf Kyle stand die Peinlichkeit ins Gesicht geschrieben.

„Alter, wenn du Glück hast, redet sie bis dahin wieder mit dir, aber ein Paar? Niemals. Das glaube ich einfach nicht."

„Danke Noah, echt nett von dir" ich setzte mich auf den freien Platz. „und danke für deine motivierenden Worte."

Er machte eine wegwerfende Handbewegung und warf mir einen Kuss zu. „Stehe voll hinter dir Kumpel." Dramatisch fing ich ihn auf um ihn an mein Herz zu drücken. „Nein im Ernst, Josh hat schon erzählt, dass du den Unterricht verlassen hast und da du nicht sonderlich krank aussiehst gehe ich davon aus, dass du die Zeit sinnvoll genutzt hast um nach der geliebten Ava zu suchen, richtig?" Ich nickte langsam. „Hast du sie gefunden?" Ich schüttelte den Kopf. „Und es gab keine emotionale Aussprache?" Belustigt schüttelte ich erneut den Kopf. „Dann stimmt das mit dem B+ in Biologie aber auch nicht."

Statt einer Antwort zog Josh die Prüfung aus meiner Tasche und legte sie ihm schön provokant vor die Nase. Oh wundervoll, er hatte sie mitgenommen, wie bezaubernd von ihm. Kyle riss ihm diese sofort aus der Hand, seine Augen überflogen die Zettel und er drehte ihn mehrfach um. „Tatsächlich." Verblüfft legte er sie zurück auf den Tisch. „Du hast wirklich ein B+."

Und soviel zu meiner Menschkenntnis in Sachen Auswahl meiner Freunde. Vielleicht sollte ich Dave besser raten, niemals Freunde zu haben. Oder noch besser: ich würde ihm gar nichts raten, denn offensichtlich war ich nicht unbedingt das beste Medium für solche Angelegenheiten. Andrerseits: sollte er jemals solche Freunde wie die meinen finden, dann hatte er alles richtig gemacht.

„Ja und ab jetzt nennt ihr mich bitte der Allwissende Liam." Ein wunderschöner Name. Dann drehte ich mich zu Tyler. „Und nun zu dir Sportskamerad."

Bei dem Klang meiner Stimme zuckte er zusammen und hob entschuldigend seine Hände. „Liam, was sollte ich denn machen? Du musst selbst einsehen, dass mir die Möglichkeiten gefehlt haben um ihr hinterher zu laufen." Und dann sagte er etwas, was ihn möglicherweise das Genick, zumindest aber ein Arm kosten würde. „Und sind wir mal ehrlich: das hinterherlaufen ist ja auch mehr dein Metier."

Ich stand auf, gleichzeitig stützte ich meine Arme auf den Tisch ab, um mich näher zu Tyler zu beugen. „Lauf. Lauf schnell." Tyler schluckte sichtbar, sprang aber im selben Moment auf um weg zu rennen. Ich täuschte vor ihm zu folgen, blieb aber stehen als ich sah, dass er schon weiter lief ohne sich nochmal umzudrehen. Irgendwann er es schon bemerken und im Allgemeinen tat ihm Sport auch nichts Schlechtes. Zufrieden setzte ich mich wieder hin. „Findet ihr nicht auch, dass Tyler ein wenig Speck angesetzt hat?"

„Nun ja, ich denke die Festtage haben bei uns allen Spuren hinterlassen, aber viel interessanter finde ich ist das, was da gerade auf uns zu kommt." Kyle sah an mir vorbei und nachdem ich mich umdrehte sah ich Loren, die ihren Weg zu uns bahnte. Ich konnte mir ungefähr vorstellen was sie wollte, noch weniger Lust hatte ich auf dieses Gespräch. Gott, war sie schon immer so anstrengend gewesen? Ich schielte zu Josh, der sich ein wenig auf seinen Stuhl verkrampfte und erinnerte mich an dieses sehr interessanten Vormittag, wo ich in sein Haus einbrechen musste, nur um ihn nackt an sein Bett gefesselt vorzufinden.

Es schüttelte mich bei dem Gedanken an das, was ich tun musste um an den Schlüssel zu kommen. Umso froher war ich, dass wir nie wieder ein Wort darüber verlieren würden. „Lasst uns verschwinden.", murmelte Josh und nur zu gerne kam ich seinem Vorschlag nach.

Vielleicht sollte jemand Loren das Konzept des Sport Treibens genauer erklären oder die Festtage hatten entgegen Kyle's Prognose unserer Kondition nicht all zu sehr geschadet. Was es auch war: noch bevor Loren auch nur in die Nähe unseres Tisches kam, waren wir bereits durch die gegenüberliegende Tür verschwunden.

Und als wir auf den Schulhof traten, war ich froh, dass wir abgehaut waren.

Denn dieses wunderschöne, schwarzhaarige Mädchen mit den tiefblauen Augen lief geradewegs in meine Richtung.

ElysiumWhere stories live. Discover now