29. Kapitel

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Es herrschte eine unangenehme Stille beim Frühstücken. Ava und ich mieden das Gespräch und wenn, dann war sie ausgesprochen freundlich. Amber dagegen schien auf jeden Fall sprechen zu wollen, scheiterte aber an unseren Unwillen dem Folge zu leisten. Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl mit einem Grinsen was sie zu unterdrücken versuchte.

„Und wie habt ihr geschlafen?", fragte sie, aber ich stocherte interessiert in meinem Omlett während Ava gar nicht zugehört zu haben schien. „Also ich habe gut geschlafen. Aber irgendwie habe ich merkwürdige Sachen geträumt." Sie sah erwartungsvoll zu uns, erhielt aber wieder keine Antwort. Trotzig schürte sie ihre Lippe. „Da ihr schon fragt: ich habe geträumt ihr beiden wärt ein Paar und-" Bevor sie zu Ende sprechen konnte, hatte sich Ava bereits an ihrem Wasser verschluckt. Zum Glück lenkte das Amber kurzzeitig ab, denn ich war mir sicher dass mein Gesicht ihr alles verraten hätte.

„Amber, du weißt doch dass du zu uns kommen kannst wenn du Alpträume hast.", antwortete ich ihr als ich Ava auf dem Rücken klopfte. Die Schlange hatte ihr Gesicht hinter der Servierte versteckt aber trotzdem konnte ich ihre roten Wangen sehen. Amber dagegen schien unzufrieden; ihre Stirn kräuselte sich verdächtig. Aber offensichtlich fiel ihr nicht ein wie sie weiter machen sollte ohne dabei noch mehr Verdacht zu erregen.

Sie verschränkte ihre kleinen Arme. „Es war kein Alptraum! Ich hab doch gehört wie du ihr gesagt hast, dass du sie liebst." Was hatte sie gerade gesagt? Wie sollte sie das denn gehört haben? „Oh, hätte ich vielleicht nicht laut sagen sollen." Kleinlaut rutschte sie in ihrem Stuhl tiefer in dem Versuch damit unsichtbar zu werden.

Zeitgleich richtete Ava sich in ihrem auf. „Hast du etwa gelauscht?", fragte sie ernst und nun gar nicht mehr rot im Gesicht.

„Ich wollte gar nicht lauschen! Wirklich!", rechtfertigte sie sich. „Aber ich hatte einen schlechten Traum und wollte zu euch weil ich so alleine war." Ihre Stimme wurde leiser und Mitleid stieg in mir auf. Die Arme, ich wusste doch dass sie nicht alleine hätte schlafen sollen. Und sie war nicht zu uns gekommen weil sie-

„Versuch es erst gar nicht Amber. Ein Alptraum? Ernsthaft? Von der ganzen Palette an Ausreden musstest du dir ausgerechnet die aussuchen, die wirklich keiner glauben kann? Ich kenne niemanden der einen festeren Schlaf hat als du. Wenn du Schmerzen gehabt hättest, okay. Wenn dir Übel gewesen wäre, keine Sache. Aber Alpträume nach deiner großen Rede wie sehr dir das Einzelzimmer gefällt?" Ava schüttelte langsam ihren Kopf. „Ah, ah, ah. Das glaubt dir keiner." Doch ich, aber das behielt ich besser für mich. Verdammt, die kleine hatte es schon wieder geschafft mich hinters Licht zu führen und schon wieder hatte ich es nicht einmal bemerkt wenn ihre Schwester sie nicht so gut gekannt hätte. Was folgte war ein stummes Blickduell zwischen den beiden was Smallie aber verlor. Schuldbewusst senkte sie ihren Blick auf den Teller vor ihr, während ich Ava nur fragend anschauen konnte. Diese schüttelte nur genervt den Kopf.

„Alles klar, wo wir das geklärt haben: sollen wir dann los und die nächsten Fahrgeschäfte abklappern?" Ich fühlte mich unwohl, wie so häufig wenn die beiden Streit hatten. Nervös stand ich auf, ignorierte die Tatsache dass noch keiner von uns fertig gegessen hatte. „Ich finde wirklich wir sollten los." Die beiden standen schweigend auf und Ava ging vor. Ich wartete auf Amber die kurz nach ihre folgte ehe ich mit ihr zusammen raus ging. Beschämt hielt sie ihren Kopf gesenkt und trotz allem hatte ich wieder Mitleid mit ihr. Wie konnte etwas so Kleines nur so viele Gefühle auslösen? Meine Güte.

„Na komm.", flüsterte ich ihr zu und hielt ihr meine Hand hin. Strahlend sah sie zu mir auf bevor sie meine Hand nahm. Ich sah schnell zu Ava, dann beugte ich mich ihr ein wenig näher. „Wir sind kein Paar." Als ich mich wieder aufrichtete sah ich ihre enttäuschten Blick und aufmuntert drückte ich ihre Hand.

*

Tatsächlich fühlte ich mich selbst besser als ich erwartet hatte. Meine Befürchtung geknickt zu sein weil sie mein Geständnis nicht erwiderte bewahrheitete sich zum Glück nicht. Im Gegenteil, ich fühlte mich seltsam entspannt. Vielleicht weil sie es endlich wusste oder weil sie nicht völlig durchgedreht war deswegen. Und sie hatte ja gesagt, dass ich ihr nicht egal war! Allerdings hatte sie auch geweint was wiederum nicht so schön war. Sie brauchte Zeit; das wusste ich ohne es von ihr gehört hatte. Und Zeit war ich breit ihr so viel zu geben wie sie es brauchte. Bereuen tat ich es nicht, denn früher oder später hätte sie es erfahren müssen. Allerdings wunderte mich warum sie es nicht schon vorher geahnt hatte. Wie konnte sie es nicht gemerkt haben?

Der zweite Tag war nicht minder anstrengend gewesen als der vorherige, aber da es zwischen uns war wie bei meinen Körperbetonten T-Shirts, nämlich zum zerreißen gespannt, wagte ich erst gar nicht mich zu beschweren. Gott sei Dank hatten wir noch eine fünf Stündige Autofahrt vor uns wo niemand dieser gesamten Situation entfliehen konnte. Mit Sicherheit würde sie einen ähnlichen Spaßfaktor haben wie ein Clown der in der Kanalisation wohnte. Trotzdem bemerkte ich die Blicke die Ava mir zu warf, auch weil ich sie die meiste Zeit anstarrte. Zwischendurch lächelte sie mich an oder musterte mich nachdenklich und während beim ersten mein Herz ungewöhnlich stolperte, fragte ich mich was sie beim zweiten überlegte.

Verflucht, sie war der Wahnsinn.

Und verflucht war ihre kleine Schwester mit ihrer unerhörten Neugier die sie sicher irgendwann noch in gehörigen Schwierigkeiten bringen würde! Noch schlimmer als ihre Neugier war allerdings ihre erklärte Mission durch möglichst viel sinnloses Gerede alles noch ein wenig unangenehmer zu machen. Ich wurde aufgezogen, vor Ava spielte sie die geläuterte. Man, warum konnte ich nicht mal die Respektsperson sein? In der Schule lief das doch auch so gut. War ja klar, kaum trug man einen pinken Rucksack und hatte einen; einen!; lackierten Fingernagel und schon war die gesamte Reputation hin fort.

Wir ließen den Eingang hinter uns als wir zum Parkplatz gingen, kurz darauf Disney World als wir auf der Interstate abbogen und entgegen meiner Befürchtung die Stimmung doch noch besser wurde. Amber saß glücklich zwischen Süßigkeiten und Einkaufstüten auf der Rückbank sowohl singen als auch Eis essend. Ihre Schwester sah aus dem Fenster, sang aber ebenfalls leise mit. Ihre Stimmte klang betörend, ich wünschte mir sie hätte lauter gesungen.

„Ava?" Amber hörte auf zu singen. „Wenn doch jetzt alles wieder gut ist, dann kommst du auch jetzt wieder nach Hause oder?"

Gespannt sah ich im Augenwinkel zu ihr. Der Gedanke war mir auch schon gekommen, allerdings hatte ich ihn verdrängt. Ich wollte nicht, dass sie schon zurück ging. Eigentlich wollte ich sie gar nicht mehr gehen lassen aber es lag nicht an mir. Leider. Nur wenn sie zurück wollte konnte ich sie nicht aufhalten.

Ava schwieg wie sie es immer tat wenn sie überlegte wie sie etwas formulieren wollte. „Ich weiß es nicht. Ich befürchte es wird sich nicht viel geändert haben, verstehst du?"

„Also bleibst du weiterhin bei Liam?"

„Ja. Ja, ich denke schon." Ihr Blick fiel auf mich und ich lächelte sie kurz an bevor ich wieder auf die Straße sah. Ja war eine gute Antwort. Eine sehr gute Antwort. 

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