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Heute kommt das Update für Samstag, aber da die meisten ja Ferien haben oder wie ich Urlaub, fühlt sich ja jeder Tag wie ein Samstag an 😊
Was habt ihr von dem Kapitel aus Jeffreys Sicht gehalten? Soll ich sowas öfter einbringen oder lieber nicht?
Allen ein schönes Wochenende!
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Ich fand es merkwürdig wie einfach es für mich war mich dem Leben hier anzupassen und integrieren. Zwar dauerte es ein paar Tage mich daran zu gewöhnen keine Verantwortung zu tragen und trotzdem genoss ich jetzt schon diese Ruhe die mein neues Übergangsheim bot. Sie alle ließen mich lernen ohne sich dauernd über meine Anwesenheit aufzuregen oder zu schreien weil irgendetwas verschwunden war. Auch hätte ich nicht gedacht mich so gut mit Sibyl zu verstehen, doch sie schaffte es mir ein Stück weit das Verantwortungsgefühl zu nehmen. Ich musste nicht einkaufen gehen, kochen oder mich um die anderen zu kümmern; stattdessen gab es jeden Tag nach der Schule warmes Essen und die ehrliche Nachfrage wie es mir ging.

Arthur nutzte meine Anwesenheit um über politische Themen zu diskutieren, was aber immer wieder damit endete, dass er meinte die Princeton könne froh über meine Person sein. Allerdings fühlte ich mich immer ein wenig unwohl dabei wenn er sagte wie beeindruckend er mich fand weil er häufig darüber hinaus Noah und Liam vergaß. Den beiden schien das wenig auszumachen, denn für Noah schien ich eine gute Ergänzung seiner Lernlücken zu sein, was zur Folge hatte, dass ich mich weiterhin um die Hausaufgaben von anderen kümmerte. Es wäre gelogen gewesen zu behaupten wir würden uns nicht gut verstehen und erstaunlicherweise fiel es mir leicht in Noahs Nähe zu sein. Überhaupt war ich überrascht wie gut ich mich mit Liams Freunden verstand. Mittlerweile saß ich in den Pausen bei ihnen weil Liam nicht noch so einen Auftritt von Dave wollte und wo ich also auch hinging, einer von ihnen war immer dabei. Mit Kyle hatte ich mich vorher ja schon verstanden, zu Tyler und Josh hatte ich auch schnell einen Zugang gefunden.

Anders als bei Liam, was zu dem einzigen Knackpunkt führte: ich wusste nicht wo wir standen. Es war ein merkwürdiges Zwischending von Freundschaft, Gleichgültigkeit und irgendetwas anderes. Ich hätte nie erwartet noch einmal mit ihm reden zu können ohne dabei etwas anderes als Ablehnung zu fühlen. Und auch er schien sich nicht sicher zu sein wie er mit mir umgehen sollte. Manchmal zog er mich spöttisch auf, manchmal verschwand er mitten im Gespräch wenn wir über andere Themen wie Schule sprachen. Sein Verhalten machte es mir also nicht leicht zu entscheiden und keine Klarheit zu haben war etwas mit dem ich nicht gut umgehen konnte.

Seufzend sah ich von dem Schreibtisch aus durch das Fenster. Wie stand ich also zu ihm? War ich immer noch sauer auf ihn wegen seinem verkorksten Verhalten? Wenn ich ehrlich wahr nein. Es war mehr die Enttäuschung und mein verletzter Stolz. Waren wir also Freunde? Vielleicht. Nein eigentlich nicht, dafür war zu viel zwischen uns passiert und dafür waren zu viele Gefühle im Spiel gewesen. Gott, mein Kopf machte mich verwirrt!

Zufall oder nicht fing mein Handy an zu vibrieren und froh über die Ablenken warf ich es im Eifer des Gefechts vom Schreibtisch. Innerlich fluchte ich, äußerlich verdrehte ich die Augen als ich es aufhob und Jules lachendes Gesicht mich darüber in Kenntnis setzte, dass sie ein Gespräch wünschte. Ich konnte mir schon denken was sie wollte und trotzdem drückte ich auch Annehmen. Ironie des Schicksals, dass ich an einer Elite Uni studierte und gleichzeitig so dumm war. „Hallo Jules."

Ich lehnte mich entspannt zurück mit dem Hörer auf einen Sicherheitsabstand von einem Meter zu meinem Ohr. Meine weise Voraussicht zahlte sich bereits nach den ersten Worten, oder vielmehr akustischen lauten, aus. Wie nicht anders zu erwarten: sie schrie. „Wie kann es sein, dass Mike- Mike!- noch vor mir weiß, dass du zu dem schnuckeligen Quarterback gezogen bist?!" Es war eine rhetorische Frage; sie erwartete keine Antwort, beziehungsweise ließ sie mir keine Zeit dafür. „Und die ganze Zeit wo wir am arbeiten waren hast du nicht ein Wort gesagt! Und ich hab dich gestern sogar noch gefragt wie es zu Hause ist und du hattest wirklich die Frechheit mich anzulügen und zu behaupten gut? Gut?! Steht gut für irgendein Synonym was ich nicht kenne? Wie Scheiße oder Abgefuckt? Also wirklich, ich hätte von dir als Freundin mehr erwartet." Sie machte eine dramatische Pause und ich versuchte das Lachen in meiner Kehle zurück zu halten. Man konnte vieles über Jules behaupten, das meiste stimmte eh, aber ihren Hang zum Drama war nicht zu verstecken. Ich konnte sie tief Luftholen hören. „Aber in meinem unfassbaren Großmut werde ich dir verzeihen unter ein paar Bedingungen die ich im Laufe deines Lebens noch einfordern werde."

„Das klingt fair und der Situation angemessen." Man sollte mir an dieser Stelle zu Gute halten, dass ich mich wirklich bemüht hatte ernst zu sein. Klappte leider nicht. „Desweiteren würde ich eine variable Anzahl an Bedingungen vorschlafen die sich nach deinem ermessen richten."

„Ganz Recht. Die erste von vielen ist das trinken von Alkohol heute Abend mit Tia und mir und Mike, weil er eh kein eigenes Zuhause hat, im Sage. Micheal weiß Bescheid. Er fragte nach dem Unterschied zu sonst. Kannst du dir das vorstellen?"

„Nein wirklich? Das ist ja unerhört! Spott und Hohn sollen über ihn ergehen."

„Vollkommen richtig, wir werden ihn mit der notwendigen Verachtung strafen müssen. Also bis nachher dann!" Sie wartete auf keine Erwiderung, sondern legte einfach auf. Seufzend wie grinsend legte ich das Handy zur Seite und sah erneut aus dem Fenster.

*

„Wo willst du denn hin?", fragte Noah überrascht als er mir auf dem Flur entgegen kam.

Ich grinste ihn verschmitzt an. „Mit Freunden etwas trinken. Was machst du heute so?" Er musterte mich argwöhnisch und ich fing an mich zu fragen ob ich irgendwie sonderbar aussah. Zur Vorsicht sah ich an mir hinab, konnte aber nichts komischen feststellen. „Ist irgendwas?"

Sein Kopf zuckte kurz, dann sah er wieder in mein Gesicht. „Und das ziehst du dafür an?" Als er mein fragenden Blick sah, seufzte er. „Es sieht eben gewöhnlich aus, so als würdest du zur Schule gehen. Aber trotzdem bist du natürlich wunderschön und ich finde dein Understatement super! Also dann, lass dich nicht aufhalten." Er winkte mir läppisch zu, dann verschwand er in seinem Zimmer. Er war ein komischer Junge, dachte ich erneut bevor ich weiter meines Weges ging. Was zur Hölle war denn mit meiner Kleidung nicht richtig?

Das Sage war zwar nur zwei Meilen von der Jefferson Pension entfernt, aber da ich kein Führerschien besaß bestand Sibyl darauf mich immer zu fahren um sicher zu gehen, dass ich auch gut dort ankam. Sie fand es zwar nicht gut wenn ich in der Woche länger arbeitete und ihrer Meinung nach zu wenig schlief, trotzdem versuchte sie es nicht mir auszureden was ich ihr hoch anrechnete. Da Dad schon seit fast einem halben Jahr den Job in Arthurs Firma hatte und durch seine Beförderung deutlich besser verdiente als zuvor, war es eigentlich nicht mehr so wichtig dass ich noch in Sage arbeitete. Allerdings wusste ich nur zu gut wie es gewesen war als wir kein warmes Wasser mehr gehabt hatten und Abends im Kerzenlicht saßen weil der Strom abgestellt worden war. Zu sparen, worauf auch immer, erschien mir klug und abgesehen davon arbeitete ich wirklich gerne dort. Jules, Tia, Mike und auch Michael waren ein erweiterter Teil meiner Familie, der Teil quasi der tatsächlich hinter mir stand. Nicht so wie Dave, der-

Ich unterbrach meine Gedanken und tat was ich in letzter Zeit immer tat wenn es um meine Familie ging: ich verdränge sie ganz weit weg, zwang mich dazu eine andere Richtung zu denken. Manchmal funktionierte das, manchmal nicht. „Wie kommst du denn heute nach Hause Ava?", unterbrach Sibyl mich.

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich denke Mike oder seine Freundin wird mich fahren."

Sie schien von meiner Antwort nicht begeistert zu sein, was ich aus ihrer Perspektive durchaus nachvollziehen konnte. Niemand hörte es gerne wenn eine Minderjährige bei einem, in dem Fall einen ihr fremdem Mann nach Hause gebracht wurde. „Du kannst sonst auch anrufen wenn du nicht weg kommst. Die Jungs sind heute ja auch bei uns, ich werde so oder so kein Auge zubekommen." Ich bedankte mich und versprach mich zu melden, was ich insgeheim so wie so nicht machen würde aber es freute mich, dass sie so an mich dachte. Auf dem Parkplatz angekommen verabschiedeten wir uns, während sie wendete, lief ich zu dem Eingang als ich die Motorräder bemerkte. Gut, hier standen immer welche aber es war ein bestimmtes dabei was mir nach wie vor ein mulmiges Gefühl beriet; ich hatte Jake zwar schon einige Male seit unserem Date und seiner Wir-sind-noch-nicht-einmal-zusammen-aber-ich-mache-trotzdem-schonmal-Schluß SMS gesehen, dennoch war es jedes Mal aufs neue merkwürdig. Egal, dachte ich mir als ich durch die Tür trat und von zwei jubelten Frauen begrüßt wurde die ich meine Freundinnen nannte, heute war es egal und wenn es das nicht war, so könnte der Alkohol sicher nachhelfen.

Dass ich am Ende mit Liam betrunken und gefesselt in einem Bett landen würde, hatte ich so allerdings nicht geplant.

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