26. Kapitel

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„Halt meinen Becher!" Aufgeregt drückte Ava mir ihr Getränk in die Hand, während ich mich fragte wie ich den noch zwischen zwei Prinzessinnenkleider, zwei Mickey Mouse Ohren, einem Eimer mit Süßigkeiten und unsere Reisetaschen unterkriegen sollte. Gott sei Dank hatte Amber Jamber ihren pinken Rucksack mitgenommen; den konnte ich wenigstens auf dem Rücken tragen. Amber sah schnell in die Richtung in die Ava lief, quickte einmal erfreut und schon musste ich mich fragen wie ich zwei Becher tragen konnte.

„Gar kein Problem!", rief ich ihnen hinterher, aber sie hörten mich mit Sicherheit nicht mehr, denn viel spannender schien eine Parade mit den Disney Prinzessinnen zu sein. Wir hatten noch nicht einmal unser Hotel erreicht und schon hinterfragte ich meine Idee. Noch nie habe ich Ava so, wie sollte ich das freundlich sagen, kindlich erlebt. Sie und Amber liefen von einem Punkt zum nächsten, ständig riefen sie sich zu was sie gesehen haben oder ob ich es gesehen habe. Schnell hatte ich verstanden, dass es kein Sinn machte zu versuchen ihnen zu folgen denn am Ende war ich offensichtlich ihr zentraler Ausgangspunkt. „Können wir vielleicht zuerst die Taschen wegbringen und uns dann alles ansehen?", fragte ich vergeblich.

Überraschenderweise erhielt ich keine Antwort. Seufzend suchte ich nach einer Sitzgelegenheit und fand sie in Form einer Bank auf der schon mehrere Männer mit ähnlich bepackten Armen saßen. Wir begrüßten uns, tauschten wissend mitleidige Blicke aus und versuchten unsere Frauen in dem Gewimmel nicht völlig zu verlieren. „Wenn du klug bist, kaufst du ihnen ein Heliumballon und bindest den an ihr Handgelenk; egal wo sie sind du wirst sie sofort erkennen.", riet mir der Mann neben mir und deutete mit seinem Kinn auf ein kleines Mädchen was auf den Schultern ihrer Mutter saß um fröhlich zu winken.

Das war genial! Ich bedankte mich, packte die beiden Kleider in den pinken Rucksack und steckte die Becher in den Eimer ehe ich aufstand. Der Stand war nicht weit weg und eine verkleidetes Cowgirl fragte mich begeistert was ich denn gerne hätte. Da ich keine Ahnung von diesen Sachen hatte aber wusste, dass Elsa eine Eiskönigin war und Anna die Schwester, fand ich die beiden durchaus passend für die Hastingsschwestern, a.k.a. das Fegefeuer wie ich sie liebevoll in meinen Gedanken nannte. Mit den zwei Ballons ging ich zurück zu dem Mann und gemeinsam warteten wir auf das Ende, ob das der Parade oder unsere.

*

„Oh mein Gott, da vorne ist Mickey Mouse. Liam du musst von uns ein Foto machen mit ihr! Komm Ava, das müssen wir Dad später schicken!" Oh aber das Hotel war doch schon fast da; nur noch drei Attraktionen trennten uns von unserem Ziel. Amber lief schon los, doch Ava wartete einen kurzen Moment um mit mir alleine zu sein.

„Danke. Wirklich, danke!", sagte sie und ich lächelte sie an, als ich ihre strahlenden Augen sah. Ihre Wangen waren gerötet; sie sah so entspannt und gelöst wie schon lange nicht mehr aus.

„Für dich immer Ava. Aber man könnte meinen, dass ihr noch nie in einem Freizeitpark gewesen seit, so wie ihr ausschaut.", bemerkte ich bevor ich ihren Becher wieder in meine Hand nahm.

Sie zuckte mit den Schultern. „Waren wir auch noch nie. Dad war ja meistens arbeiten oder das Geld hat nicht gereicht."

Überrascht sah ich sie an. „Dann ist das dein erstes Mal?" Sie nickte und ich zuckte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen. „Oh ich bin gerne dein erstes Mal.", hauchte ich in ihr Ohr doch Ava lachte nur, dann lief sie noch immer lachend zu Amber die bereits bei Mickey war. Ihr Ballon wehte ihr in der Luft nach, während ich alles abstellte um mein Handy zu zücken. „Alles klar, bitte Lächeln!", rief ich zu ihnen und drückte den Auslöser. Und nochmal. Und nochmal. Und nochmal, bis ich mir sicher war ein Gutes gemacht zu haben, während mir langsam klar wurde wie viel den beiden das hier bedeutete. Eigentlich hatte ich gedacht, dass es für Amber schön wäre hier zu sein wo Ava schon mal erzählt hatte wie sehr ihre Schwester einmal nach Disney World wollte. Da ich nun wusste, dass es für beide etwas vollkommen Neues war, spürte ich ein gewisses Maß an Stolz weil ich es war, mit dem sie diese Erfahrung teilten. Und ich war geduldiger was das erreichen unseres Ziels anging.

Gut, eventuell war das eine Lüge gewesen, aber zumindest drängte ich nicht mehr auf ein schnelles Weiterziehen sondern wartete auch bei dem nächsten Fahrgeschäft, was wohl Aladin darstellte (zumindest fuhr man auf etwas was wie der Teppich aussah), auf einer Bank. Es dauerte nicht lange, zumindest nicht lange genug um die verpassten Nachrichten und den Gruppen zu lesen, da standen sie schon wieder vor mir. Wie sich herausstellte, war es kein gewöhnliches Fahrgeschäft gewesen sondern etwas, was mit Wasser zu tun hatte und nicht nur ihren Ballon hatten sie währendessen verloren, nein sie waren auch noch klitsche Nass geworden.

„Vielleicht solltet ihr euch umziehen.", schlug ich lachend vor während ich insgeheim schon daran dachte endlich am Ziel anzugelangen. Entgegen meiner Befürchtung stimmten sie mir zu und dieses Mal war ich es, der fröhlich vor lief.

*

Amber zog die Chip Karte durch das elektronische Schloss und das Klicken des Gerätes verriet uns, dass es funktionierte. Kaum schwang die Tür nach innen war die kleine bereits im Inneren des Petit-Appartement verschwunden. Ich ließ Ava den vortritt, die bereits bewundern den ersten Raum begutachtete. Während wir noch dabei waren das Zimmer zu betreten, war Amber offensichtlich schon in allen Räumen gewesen; die Türen waren geöffnet und aus dem linken Zimmer erklang ein fröhliches Kichern.

„Gott sei dank habe ich ein Einzelzimmer!", rief sie lauthals. Ich runzelte die Stirn. Es gab nur eines, das andere war ein Doppelzimmer was ich ursprünglich für die beiden Schwestern gedacht hatte.

Auch Ava schien dies nach einer kurzen Begutachtung aufzufallen, denn noch als sie lief rief sie bereits nach ihrer Schwester. „Ich glaube nicht. Wir beide teilen uns ein Zimmer und Liam wird dort schlafen!" Unsicher mit dem was ich tun sollte entschied ich Ava zu folgen um zu sehen ob ich notfalls eingreifen musste.

Das was einmal ein Bett gewesen sein musste war nun ein Berg aus Kissen und Lacken die durcheinander eine Art Stuhl ergaben. Darauf thronte Amber, die mit ihren kleinen Armen verschränkt auf uns hinab sah. „Wie hast du...", fragte ich fassungslos aber sie ignorierte meine leise gehauchte Frage einfach.

„Das ist völlig inakzeptabel. Ihr beiden könnt euch doch ein Bett teilen!"

„Ich denke nicht, dass Liam damit einverstanden ist, oder Liam?", Ava drehte sich halb um, da hatte ich schon abwehrend die Hände gehoben.

„Oh nein, ihr werdet mich da nicht mit reinziehen.", antwortete ich bloß nachdem ich sicherheitshalber einen Schritt nach hinten gegangen war. Hastings Groß kniff bedrohlich ihre Augenbrauen zusammen, Hastings Klein ebenfalls.

„Avalon, ich weiß nicht ob du es gemerkt hast, aber in den letzten Wochen habe ich mich an einen gewissen Standard gewöhnt. Ich kann einfach nicht mehr ein Zimmer mit Jemanden teilen, weil das absolut meinen Schlaf stört; ich brauche einfach einen Raum für mich. Und außerdem wohnt ihr beiden zusammen, das ist doch quasi dasselbe."

„Deinen Standard also, huh?" Sie ging auf Amber zu. „Was sind auch schon Zehn Jahre in Vergleich zu einigen Monaten." Vor der Bettkante kam sie zum stehen. „Willst du mich verarschen?"

Ich für meinen Teil wäre sicher eingeschüchtert gewesen, Amber dagegen nicht. „Nein, aber du hast ein böses Wort gesagt und nun möchte ich, dass du mein Zimmer verlässt. Wenn es dir nicht passt, dann kannst du ja auch auf dem Sofa schlafen." Die Unterhaltung war für sie damit anscheinend beendet, denn sie drehte stur ihren Kopf zur Seite. Ava holte einmal tief Luft, entschied sich aber für einen Rückzug und rauschte an mir vorbei aus dem Zimmer. Amber linzte einmal in meine Richtung, dann grinste sie. „Gut, sie ist weg. Du schuldest mir etwas Liam."

„Wie bitte?", fragte ich im festen Glauben mich verhört zu haben. Was zur Hölle sollte ich ihr wofür schulden?

„Dass ich dich mit meiner Schwester verkuppel. Nur intelligente Menschen verlieben sich in meine Schwester und könnten es ohne meine Hilfe schaffen" sie sah mich von oben nach unten abschätzend an, „Na ja und dann bist da noch du. Und seien wir ehrlich: alleine kriegst du das eh nicht hin."

Moment einmal, hatte sie mich gerade als Dumm bezeichnet?

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