7.4: Versprechen

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Stille herrschte in Hannahs bescheidenem Wagen. Absolute Stille, denn keiner von uns sprach. Ab und zu konnte man das Ticken des Blinkers hören oder die gleichmäßigen Geräusche, die der Motor von sich gab. Es war eine höchst unangenehme Situation. Nur noch das Grillenzirpen hätte gefehlt.

Irgendwann seufzte das blonde Mädchen am Steuer.

"Ich schätze, ich frage besser gar nicht, wieso ihr an einer Autobahn mitten im Wald standet."

"Ist auch besser so", versicherte ich ihr schnell. Um mir irgendeine Beschäftigung zu suchen, kuschelte ich mit Karly, der diese Behandlung eigentlich gar nicht verdient hatte - schließlich hatte er uns kein bisschen weitergeholfen oder uns den Weg aus dem Wald gezeigt. Aber das hatte Louis auch nicht getan und daher knuddelte ich lieber mit meinem Hund als mit Louis.

"Harry hat übrigens zugestimmt", meinte dieser irgendwann kleinlaut in meine Richtung gewandt.

Ich rang mir ein Lächeln ab. Eigentlich wollte ich gerade einfach nur noch nach Hause und in mein weiches, gemütliches Bett, aber dafür konnte er ja auch nichts und theoretisch waren das großartige Neuigkeiten.

"Deshalb war bei dir also besetzt!", ging mir ein Licht auf, er hatte ja bereits auch etwas in diese Richtung erwähnt gehabt. "Ich dachte wirklich du bist eine genauso große Tratschtante wie ich!"

Er zog einen Mundwinkel nach oben.

"Nicht ganz."

Dann folgte wieder diese ungemütliche Stille, in der keiner etwas zu sagen hatte.

"Willst du noch mal mit zu mir kommen?", fragte Louis dann, "Wir könnten Simon anrufen."

Ich schüttelte mit dem Kopf.

"Weißt du eigentlich wie spät es ist?", protestierte ich.

"Ja", entgegnete er, "kurz vor zehn."

Oh. Na hoppela. Dann hatte unsere Waldwanderung anscheinend doch gar nicht so lange gedauert.

"Ist das nicht trotzdem ein bisschen spät für deinen armen Manager?", murmelte ich hoffnungsvoll. Ich wollte nicht zugeben, dass ich einfach hundemüde war, denn seinen treuherzigen Blick konnte ich kaum enttäuschen. Er war ein richtiger Dackel! Die konnten einen mit ihren Blicken auch zu allem überreden.

"Ist es nicht", erklärte er mir, "der gute alte Simon ist sowas doch schon lange gewöhnt. Ich habe ihn mal um halb drei in der Nacht besoffen angerufen und gefragt, ob es meinem Image schaden würde, wenn ich mich jetzt auf der Toilette der Disco übergebe."

Ich kicherte. Ja, das klang nach Louis wie ich ihn kennengelernt hatte.

"Und?"

Er zuckte mit den Achseln.

"Er meinte, ich soll es versuchen nicht zu tun und sonst am besten die Tür hinter mir schließen."

"Was hast du gemacht?", wollte ich wissen.

"Gekotzt", antwortete er trocken. "Auf der Toilette. Aber die Tür habe ich nicht mehr zubekommen. Ich glaube, manche Leute haben ein bisschen komisch geschaut, aber da der Großteil meiner Fans nicht auf der Herrentoilette einer Londoner Disco um halb drei Uhr morgens anzutreffen war und alle anderen um mich herum selbst schon so zugedröhnt waren, dass sie es wahrscheinlich nicht mal bemerkt hätten, wenn Barack Obama neben ihnen gereihert hätte, ist das Ganze noch ohne weitere Folgen ausgegangen. Simon hat dann ein paar Leute geschickt, die mich abgeholt haben."

"Freundlich von ihm", grinste ich. "Und ich wusste gar nicht, dass du der Typ für Komasaufen bist!"

"Bin ich nicht", versicherte er mir. Als ich ihn mit einer hochgezogenen Braue ansah, räumte er noch ein: "Es war kurz nachdem sich meine Freundin von mir getrennt hatte."

Schutzengel || l.t. ✓Where stories live. Discover now