14.0: Berechtigte Bedenken

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14: Das letzte Bandmitglied

"So, und was machen wir jetzt?", fragte ich in die Runde und faltete die Hände auf dem Tisch, an den wir drei uns gesetzt hatten. Die Stille, die darauf folgte, war Antwort genug.

"Leute, kommt schon, irgendwelche Pläne, wie wir das mit Liam hinkriegen sollen?", versuchte ich sie zu ermutigen, aber immer noch blieb es still.

Schließlich seufzte Niall. "Was ist überhaupt sein Problem an der Sache? Wenn wir das wüssten, ginge es ja schon mal einfacher voran."

Während Harry mit den Achseln zuckte, antwortete ich: "Er denkt, es würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. So viel, dass er sich kaum mehr um seine Familie kümmern könnte. Und er hält auch nicht viel davon, dass Louis seinen Sohn so 'vernachlässigt'."

"Ganz ehrlich", grummelte der Lockenkopf, "Louis' Kind ist ja nicht sein Problem. Und eine Band macht auch nicht mehr Arbeit als eine Solokarriere. So hat er wenigstens eine Entlastung, was Songtexte schreiben und Lyrics merken angeht."

"Nun ja", warf Niall jedoch ein, "wir müssen schon zugeben, dass anfangs wahrscheinlich eine Tour von uns erwartet wird. Eine Reunion-Tour oder so. Und die würde natürlich auch voraussetzen, dass seine Familie wenigstens ein oder zwei Monate ohne ihn auskommen muss - und dann sprechen wir noch von einer kleinen Tour."

Entmutigt fuhr ich mir durch die Haare. Das sah wirklich nicht sehr vielversprechend für uns aus.

"Und wenn es nur eine ganz kleine Tour sein würde? Ein paar Konzerte in Europa und das war's?"

Der Ire zog eine Augenbraue hoch.

"Dann erklärst du aber bitte den Fans in allen Ländern, in die wir nicht gekommen sind, warum wir uns gerade ihr Land nicht ausgesucht haben."

Ich stöhnte entgeistert auf.

"Aber wie machen das denn alle anderen Stars?", jammerte ich.

"Nun ja ... entweder sie haben keine Kinder", begann Niall, "oder sie lassen sie eben zu Hause. Oder sie kommen mit auf Tour."

"Und Liams Kinder können nicht ...", meinte ich hoffnungsvoll, doch Harry unterbrach mich durch ein Lachen.

"Liams Kinder sind drei und ein Jahr alt. Seine Frau ist selbst Sängerin. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass es funktionieren könnte, sie mitzunehmen, vor allem nicht bei solchen Chaoten wie uns!"

"Aber es muss doch irgendeine Lösung geben!", klagte ich verzweifelt.

Wieder schwiegen die beiden anderen, was mir zeigte, dass sie genauso ratlos wie ich selbst waren.

"Und wenn du dafür sorgst, dass Louis noch mal mit ihm spricht?", murmelte der Braunhaarige, doch ich schüttelte sofort den Kopf.

"Warum nicht?"

Seufzend wich ich den fragenden Blicken aus.

"Na ja ...", erklärte ich dann, "Louis meint im Moment, sich unbedingt von mir trennen zu müssen, um zu verhindern, dass ich durch den Hate eingehe, obwohl ich ihm schon gefühlte tausend Mal gesagt habe, dass ich nicht so leicht kleinzukriegen bin."

"Oh", machte der Grünäugige nur, während der andere das Gesicht in den Händen vergrub und verzweifelt nuschelte: "Bitte nicht noch ein Problem, womit wir klarkommen müssen."

Dann fuhr er sich durch die Haare und musterte Harry kritisch.

"Apropos Problem, wie sieht es eigentlich bei dir aus, Hazza? Kämst du damit klar, wieder so viel Zeit mit Louis zu verbringen?"

Angesprochener nickte.

"Ich hoffe ja immer noch, dass ich halbwegs über ihn hinweg bin", sagte er, "und ich glaube, wir wären so oder so kein gutes Paar. Viel zu unterschiedlicher Kleidungsgeschmack."

Und das sagte er so selbstverständlich, wie wenn es auf der Hand läge, dass der Geschmack, der die Kleidung betraf, ein wichtiges Kriterium für eine funktionierende Beziehung war.

"Außerdem", hängte er noch an, "ist ein bisschen Herzschmerz doch immer gut für die Inspiration. Ich werde also das neue Schreiber-Talent sein und die traurigen Balladen wie am Fließband produzieren."

Er nahm es erstaunlich gelassen, was mich nun trotz allem zum Schmunzeln brachte.

"Man sieht ja an deiner Ex, dass ein gebrochenes Herz ziemlich inspirierend sein kann", stichelte Niall, worauf Harry aufstand und tat, als ob er den Raum verlassen wollen würde.

"Wovon zum Teufel redet ihr?", schaltete ich mich ein, weil ich nur noch Bahnhof verstand.

"Erzählen wir dir irgendwann, wenn du nicht vorher schon Google befragst", versprach der Lockenschopf, ließ sich wieder auf den Stuhl fallen und streckte sich.

"Aber jetzt zurück zu unserem Problem: Was machen wir mit Liam? Ich bin offen für alle Vorschläge, die ihr habt."

Ratlos sahen wir uns an. Scheinbar hatte keiner von uns die zündende Idee.

"Und wenn man alle paar Wochen einige freie Tage in der Tour lässt, in denen er zurück zu seiner Familie kann?", meinte ich irgendwann. "Damit würde sich das Ganze zwar ziemlich ziehen, aber was Besseres fällt mir momentan nicht ein."

"Könnte klappen", pflichtete Niall mir bei. "Jedenfalls ist es besser als alle Pläne, die wir davor hatten."

Ja. Davor hatten wir nämlich gar keine Pläne gehabt.

"Und wie sieht das mit Freddie aus?", fragte ich.

"Ganz ehrlich", stöhnte Harry, "Lou besucht ihn doch so oft es geht. Und solange Briana nicht nach London ziehen will, gibt es ganz einfach keine bessere Lösung für sie. Was soll er denn sonst machen? Jeden zweiten Tag in den Flieger steigen und eben rüberfliegen, um den Knirps vom Kindergarten abzuholen? Da sollte sich Liam wirklich nicht so anstellen."

"Sehe ich auch so", stimmte sein Bandkollege zu. "Und es ist ja nicht so, dass Freddie geplant war. Dafür verhält er sich doch ziemlich herzlich seinem Sohn gegenüber. Andere Stars melden sich nie wieder bei den Frauen, die sie versehentlich geschwängert haben und überweisen höchstens alle paar Jahre mal ein bisschen Geld. Dagegen verhält sich Louis ja geradezu mustergültig."

Ich nickte und sah den beiden Jungs danach lange in die Augen.

"Wie sieht's aus?", sagte ich dann, "Können wir also zu Liam gehen und unsere Vorschläge präsentieren?"

"Uns wird nichts anderes übrig bleiben", entgegnete Harry, "also können wir es auch jetzt hinter uns bringen."

Schutzengel || l.t. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt