9.0: Ein alter Freund

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9: Mein Tag mit einem Larry-Shipper

Leahs Geburtstag verging schneller als erwartet, denn wir hatten viele helfende Hände, sodass das Aufräumen nur einen Bruchteil der eingeplanten Zeit einnahm. Zudem war Monica ein Genie darin, Platz für Dinge zu schaffen, von deren Existenz ich bislang nicht einmal etwas gewusst hatte, die sich aber plötzlich als großes Hindernis entpuppten.

Irgendwie war die Sache zwischen Louis und mir geklärt, besser gesagt: Wir redeten nicht darüber. Unser Verhältnis war das gleiche wie immer und von außen hätte man sicher niemals Verdacht geschöpft, dass ein Streit zwischen uns überhaupt existiert hatte.

Wir befanden uns nun auf dem Heimweg. Ich hatte das Radio angedreht und ein wenig in den Sendern hin und her gezappt, weil zur Zeit fast alle die tolle Idee hatten, Nachrichten statt Musik zu senden. Es interessierte mich allerdings nicht im Geringsten, auf welcher Autobahn nun Stau oder was die momentane politische Lage in Südafrika war.

"Kannst du mir einen Gefallen tun?", unterbrach Louis meine Suche nach einem tauglichen Sender irgendwann und ich stoppte in der Bewegung.

"Wenn's um's Radio geht, nein, sonst gerne", gab ich zurück und er schnaubte halb belustigt, halb entgeistert.

"Nein, es geht nicht um's Radio", beruhigte er mich dann. "Es geht um das Wochenende. Ich muss ohnehin noch ein paar Erledigungen für unsere Aktion machen, bei denen du mir nicht helfen kannst und deshalb wollte ich dich fragen, ob du nicht vielleicht mal einen Tag mit Harry unterwegs sein willst?"

Entgeistert blickte ich ihn an. Er hatte jetzt nicht ernsthaft vor, mich zu verleihen, oder?

"Wofür das?", fragte ich wachsam.

Louis winkte beiläufig ab.

"Ach, für alles Mögliche, weißt du? Ich muss eh noch ein bisschen organisieren und du würdest garantiert im Weg herum stehen ..."

Wieso konnte er mir dann nicht einfach freigeben? Aber nun gut, es war Louis Tomlinson mit dem ich sprach, er musste keinen Grund für sinnlose Dinge haben. Zudem hatte ich so eine vage Vermutung, dass er und Hannah ihre Verkupplungspläne trotz allem noch nicht ganz aufgegeben hatten.

Da er mich so treuherzig ansah, konnte ich gar nicht anders, als mit einem 'Na gut' einzuwilligen und so kam es, dass ich mich einige Tage später in Harrys Wohnung wiederfand - ohne Karly, da er das seiner Mieze nicht antun wollte. Das Katzenvieh hatte ich bisher allerdings noch nie gesehen.

Harry hatte zwar kein eigenes Haus - besser gesagt, er wohnte momentan in keinem eigenen Haus, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich von seinen ganzen Millionen keine Villa irgendwo hier in der Gegend gekauft hatte -, aber er besaß eine luxuriöse Wohnung im obersten Geschoss eines Hochhauses mitten in London, die mit riesigen Fenstern ausgestattet war und einen herrlichen Blick auf die Skyline erlaubte.

"Ist deine Katze eigentlich unsichtbar?", fragte ich den Lockenkopf nach einer Weile und sah mich beiläufig um.

"Also ich habe sie bisher immer sehen können", antwortete dieser mit einer hochgezogenen Braue.

Ich zog nun ebenfalls eine in die Höhe, um zu überspielen, dass ich mich ohne Louis in so einer fremden Umgebung etwas unsicher fühlte.

"Ja?", murmelte ich ungläubig. "Hast du davor irgendetwas gemacht? Geraucht? Dir eine Spritze in den Arm gerammt? Tabletten genommen? Sonst was?"

Er grinste nur verschwörerisch.

Bei einem Blick auf seine Kleidung fiel mir auf, dass diese ziemlich ungewöhnlich war. Ein rosaner Anzug mit Blümchen, dazu etliche Ringe an seinen Händen. Und weil ich Mia und deshalb nicht gerade sozial war, konnte ich mir folgenden Kommentar nicht verkneifen:

"Ist doch ziemich praktisch für deine Fans, diese Spendenaktion. Die ganzen Mädels können deine Klamotten ja ohne Weiteres auch tragen."

Einen Moment lang konnte er eine beleidigte Fassade aufrecht erhalten, dann fing diese an zu bröckeln und er musste gegen seinen Willen anfangen zu lachen.

"Da hast du Recht", stimmte er mir zu und strich sein Hemd glatt.

Und noch einmal kam mir die Frage auf, die ich Louis zu Anfang auch schon mal gestellt hatte.

"Sag mal, bist du eigentlich schwul?", fragte ich ihn ohne jegliche Scheu und legte dabei den Kopf schief.

Er hielt in der Bewegung inne und kniff die grünen Augen prüfend zusammen.

"Hat ein Klatschmagazin dir das zugeflüstert oder woher nimmst du diese Vermutug?", stellte er eine Gegenfrage.

Ich musterte ihn mit einem langen Blick.

"Ich kenne nur keinen anderen Mann, der rosafarbene Blumenanzüge und mindestens vier Ringe an jeder Hand trägt", antwortete ich dann.

Er sah an sich herab und schließlich wieder zu mir.

"Ist es dir so unglaublich wichtig, über meine Sexualität zu reden?", murmelte er. "Eigentlich dürfte es dir doch egal sein."

"Das stimmt", pflichtete ich ihm bei, "ich bin einfach neugierig. Aber im Grunde hast du Recht, ja. Es ist mir relativ egal, ob du schwul, bi, hetero oder was auch immer es alles noch gibt, bist."

Er schaute mir noch einen Moment in die Augen, nickte dann knapp und sah weg.

"Was machen wir hier eigentlich die ganze Zeit?", fragte ich, weil es wieder still geworden war. "Also ich bin jedenfalls zum Arbeiten hier. Ich könnte mir auch Besseres an einem Samstagnachmittag vorstellen, als hier mit dir in deiner Bude zu hocken und an die Wand zu starren. Hoffentlich bekomme ich die Überstunden wenigstens gezahlt."

Nun ja, genau genommen machte ich gar keine Überstunden, denn in meinem Vertrag stand unter anderem auch etwas von flexiblen Arbeitszeiten und ich hatte schon öfter mal am Wochenende gearbeitet, das musste Harry allerdings nicht unbedingt wissen. Vielleicht fühlte er sich ja richtig schön mies und erlaubte mir, nach Hause zu gehen ...

"Glaub mir, die Stunden lohnen sich", versicherte er mir mit einem unbestimmten, verschmitzten Grinsen, das ich nicht deuten konnte und das für einen kurzen Moment der Verwirrung meinerseits sorgte.

"Um dir aber eine Antwort auf deine Frage zu geben", fuhr er fort und ich war zu abgelenkt, um mir weitere Gedanken über das zuvor Gesagte zu machen, "wir warten auf einen alten Freund. Es ist so eine Tradition geworden, dass wir uns ein paar Mal im Jahr treffen, uns austauschen, Tipps geben, einfach mal quatschen und so alles Mögliche machen ..."

"Aha", machte ich, nicht sehr intelligent, aber mir fiel auf die Schnelle nichts Besseres ein.

"Und wieso muss ich auch dabei sein?", nörgelte ich wie ein Kind vor dem Eisstand. Er konnte sich mit seinen Freunden doch auch wirklich ohne mich treffen, oder?

Der Lockenschopf zuckte mit den Achseln und antwortete, als wenn dieser Fakt doch auf der Hand läge: "Damit die Fanhorden uns nicht überrollen, denke ich."

Es klingelte und unsere Köpfe richteten sich zur Tür.

"Aha, das wird er wohl sein", vermutete Harry, sprang mit einer flüssigen Bewegung von seinem Sofa auf und machte sich auf den Weg zur Tür.

Schutzengel || l.t. ✓Where stories live. Discover now