10.0: Der Postbote ist da!

2.1K 115 9
                                    

10: Unsere Spendenaktion

Immer noch konnte ich mein Glück nicht fassen. Ich hatte einfach mal einen Flügel in meinem eigenen Haus stehen. Und ich war jetzt offiziell angestellt, denn die Probezeit war, jedenfalls laut Louis, wunderbar verlaufen. Ob ich wirklich in jeder Situation richtig gehandelt hatte, wagte ich zwar zu bezweifeln - ich dachte dabei an den Typen, den ich am Flughafen ausgeknockt hatte -, aber wenn er das denn so sah, würde ich ihn auf keinen Fall auf andere Gedanken bringen!

Jetzt war ich leider etwas spät dran. Das war auch eine Leistung, wenn man bedachte, dass ich lediglich die Straße runter gehen musste, um zu Louis' Haus zu gelangen, in dem sich die Ex-One-Direction-Mitglieder anlässlich der Planung unserer Spendenaktion treffen wollten.

Ich vermutete zwar, dass der größte Teil ohnehin von den Managern im Voraus geklärt worden war, aber vielleicht konnte man das Treffen heute als ein Zusammentragen der Ergebnisse bezeichnen.

Louis hatte mich gebeten, ebenfalls anwesend zu sein, offiziell, weil ich die Idee gehabt hatte, allerdings hatte ich die Vermutung, dass er einfach ein wenig unsicher allein war. Immerhin waren das die Typen, mit denen er seine Band eigentlich wiedervereinigen wollte, die aber alle nicht ganz so begeistert von dem Thema zu sein schienen.

Hektisch eilte ich zur Tür hinaus und verfiel in ein joggendes Tempo.

Asoziale Freundin, wiederholte mein Kopf in Dauerschleife. Man könnte bestimmt ein gutes Lied daraus machen! Ein Ohrwurm war es immerhin. Aber es änderte ja nichts an der Tatsache, dass ich Louis gerade wirklich ein bisschen im Stich ließ, daher beeilte ich mich noch mehr, kam schließlich hechelnd an dem großen Tor seines Hauses an und klingelte.

Ein wenig erniedrigend war es schon, dass ich nach diesen vielleicht 150 Metern schon außer Atem war. Fazit: Ich sollte mal wieder öfter trainieren gehen. Dank der vielen neuen Termine war mein Trainingsprogramm von mindestens drei Stunden Judo die Woche zu höchstens einer geschrumpft. War wohl doch keine so gute Idee gewesen ...

"Wer ist da?", hörte ich eine Stimme aus der Sprechanlage sagen, die eindeutig nicht zu Louis gehörte. Aber wer verdammt war es jetzt? Niall oder Liam? Harrys Stimme traute ich mir mittlerweile sogar zu, zu erkennen, aber die anderen beiden hatte ich lediglich einmal in meinem Leben gesehen.

"Der Postbote", gab ich ironisch auf die Frage zurück.

"Louis?", hörte ich die Stimme rufen. "Post!"

Genervt seufzte ich.

"Ich bin doch nicht wirklich der Postbote. Das war ein Witz!", erklärte ich und schauderte. Ich hasste es, Witze erklären zu müssen.

"Louis?", rief die Stimme erneut. "Ein Fan hat deine Adresse herausgefunden."

Verzweifelt stöhnte ich und raufte mir die Haare.

"Ich bin Mia Gibson", grummelte ich, deutlich genervt, in die Gegensprechanlage und hämmerte gegen das Tor. "Macht das dumme Tor auf!"

"Tut mir leid, keine Autogramme!", erwiderte wer auch immer.

Halb jammernd hämmerte ich erneut gegen das Tor.

"Ich weiß doch nicht mal, ob du Niall oder Liam bist, wie kann ich da ein Fan sein?", jammerte ich entgeistert. "Wenn du Niall bist: Du hast mich gesehen, als du dich mit Louis im Flughafencafé getroffen hast. Wenn du Liam bist: Ich war die komische Blonde da, als du dich mit Lou gestritten hast, okay? Und jetzt lass mich doch endlich mal rein, ich komme mir sau blöd vor, wie ich hier vor der Pforte eines Stars stehe und nicht reingelassen werde!"

Zu meinem Erstaunen ertönte nach einiger Zeit wirklich das summende Geräusch, das mir signalisierte, dass ich das Tor durch Drücken öffnen konnte.

Eilig schlüpfte ich hindurch, hastete zur Haustür und wurde von einem mir vage bekannten jungen Mann begrüßt. Es war Niall, so viel wusste ich mittlerweile sogar, aber er hatte sich seit unserem letzten Treffen blonde Spitzen gefärbt, daher sah seine Frisur ein wenig verändert aus.

"Danke", sagte ich, nicht sehr höflich, denn ich war ziemlich genervt.

"Liam und ich haben wirklich keine ähnlichen Stimmen", brummte Niall, geleitete mich jedoch ins Wohnzimmer. Um den Tisch herum verteilt saßen zwei andere Männer, Harry und Liam. Wo war Louis?

"Und wer ist das?", fragte der Braunäugige mit den kurzen, dunklen Haaren.

"Die Eine von Louis", gab Niall nur zurück, setzte sich auf einen Stuhl, auf dem er vor meiner Ankunft wahrscheinlich auch schon einmal gesessen hatte und trank einen Schluck aus dem Wasserglas, das vor ihm stand.

"'Die Eine von Louis' hat auch einen Namen", fauchte ich und setzte mich trotzig ebenfalls hin.

"Sie heißt Mia", gab Harry seinen Freunden einen Hinweis, aber der wäre gar nicht nötig gewesen, weil Louis in diesem Augenblick den Raum betrat.

"Gut, dass du da bist, Mia", meinte er und ließ sich auf dem freien Platz neben mir nieder.

"Was macht sie hier, Lou?", wollte Liam skeptisch wissen und musterte mich prüfend. "Ich dachte, wir wollten hier etwas über deine geplante Spendenaktion besprechen."

"Es war ihre Idee", antwortete der Blauäugige schulterzuckend, "also hat sie auch ein Recht, bei der Ausführung dabei zu sein."

Die Stille, die nach dieser Aussage folgte, war höchst unangenehm und gab mir das Gefühl, ziemlich ungewollt zu sein. Hätte Louis nicht ausdrücklich um meine Anwesenheit gebeten, so hätte ich wahrscheinlich gefragt, ob ich lieber gehen sollte.

"Okay, ich hätte einige Hemden, die ich nicht mehr anziehe", versuchte Harry letztendlich die Stimmung zu lockern und rieb sich die Hände. "Aber noch mal genauer zu deinem Plan, Lou. Inwiefern soll das Zeug verkauft werden?"

"Über's Internet, wie sonst?", entgegnete der Angesprochene. "Ich möchte nicht wissen, wie voll eine Halle mit uns fünf und allen Fans, die etwas kaufen möchten, wäre. Mein Manager hat mir ein paar Interviewtermine im Laufe dieser Woche besorgt, bei denen wir das Ganze promoten werden. Ich hoffe, ihr habt alle Sachen dabei, die ihr hergeben wollt, denn - ich glaube es war Dienstag - kommt noch ein Fotograf für die ganzen Bilder."

Mir fiel etwas ein.

"Wie wäre es, wenn man auch Bilder nimmt, die von euch in diesen Sachen gemacht wurden? Ich denke, es ist vielen Fans lieber, wenn sie eine Jacke oder was weiß denn ich was haben, von der sie wissen, dass ihr Idol sie zum Beispiel auf dem Weg zu einem Konzert getragen hat, was meint ihr?"

"Gute Überlegung", pflichtete mir Louis sofort bei, "dann machen wir das so."

"Du bist ja richtig brauchbar, Gibson", grinste Harry von der anderen Seite des Tisches.

"Tjaaa", entgegnete ich, "du solltest mich also doch nicht umbringen ..."

Ich dachte zurück an unser erstes Treffen, in dem ich ihn als den Typen aus Dunkirk identifiziert hatte, der meinen Namensgefährten hatte um die Ecke bringen wollen.

"Hatte ich nie vor."

Mit einer Unschuldsmiene hob der Lockenschopf die Hände in die Höhe.

"Die Idee ist wirklich nicht übel", stimmte mir der Ire mit den blonden Haarspitzen zu und nickte anerkennend in meine Richtung.

Auch der Letzte in unserem Kreis, Liam, gab ein zustimmendes Brummen von sich, doch ich wurde das Gefühl nicht los, dass er mich nicht leiden konnte. Was hatte ich ihm denn getan?

Schutzengel || l.t. ✓Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora