14.3: Stalker!

1.7K 98 2
                                    

Missmutig stapfte ich die Straße entlang. Wieso fuhr in dieser Gegend denn auch kein einziges Taxi? Das war nicht fair! Meine Kleidung klebte mir mittlerweile an der Haut und sorgte für ein ziemlich unangenehmes Gefühl, doch zurückgehen wollte ich auch nicht. Zu sehr übermannte mich soeben das Gefühl, dass alles ohnehin sinnlos war. Na und, dann kam seine dumme Band eben zurück - oder auch nicht, was ging mich das an?

Vielleicht würde es ihn ja gar nicht kümmern, dass ich ihm eine Chance gegeben hatte, unsere Beziehung ohne allzu viel Aufsehen öffentlich zu machen, schließlich waren wir ja gar nicht zusammen. Vielleicht hatte er sich ja mittlerweile eine andere gesucht?

Er hatte zwar geschrieben, dass er mich liebte, aber was waren schon ein paar Worte, wenn er doch trotzdem mit mir Schluss gemacht hatte?

Und mit einem Mal fühlte ich mich vollkommen verloren. Mein Haus war eigentlich auch nicht mehr mein Haus - nebenbei waren auch viel zu viele Erinnerungen dort -, aber ich wollte auch nicht zu meinen Eltern. Meine Mutter würde sich Sorgen machen und mir hinterher vorpredigen, dass sie doch von Anfang an schon gewusst hatte, dass Louis nicht gut für mich gewesen wäre, während mein Vater mir ganz einfach auf die Schultern klopfen und etwas wie 'Das wird schon wieder' sagen würde.

Keins von beidem konnte ich momentan gut gebrauchen. Also blieb mir wohl doch nichts anderes übrig, als zu 'meinem' Haus zurückzukehren. Wenn ich denn ein
Taxi fand.

Seufzend versuchte ich festzustellen, in welcher Richtung ich zurück ins Stadtzentrum gelangen konnte, scheiterte aber und lief schließlich einfach irgendwo lang.

Mein Handy klingelte: Es war Harry. Genervt ignorierte ich es. Gerade hatte ich echt nicht den Geist zu irgendwelchen Gesprächen.

"Taxi!"

Noch bevor die Information wirklich in meinem Gehirn angekommen war, hatte ich schon gerufen. Wild winkend bedeutete ich dem Fahrer, dass ich mitgenommen werden wollte. Dieser verstand mich glücklicherweise, denn er fuhr an die Seite und ich ging mit großen Schritten auf ihn zu, sprang hinein und nannte dem Typen atemlos meine Adresse.

"Richtiges Sauwetter heute", begann der beleibte Mann mittleren Alters schließlich und ich nickte.

"Hmmm."

Engländer redeten immer über das Wetter. Dann musste ich wohl ausländisch sein, denn diese Vorliebe hatte ich noch nie verstanden. Für mich war es doch relativ offensichtlich und nicht unbedingt ein Grund, ein ganzes Gespräch um dieses Thema kreisen zu lassen.

Er merkte wohl, dass ich lieber in Ruhe gelassen werden wollte, denn die restliche Fahrt verbrachten wir schweigend. Es tat mir ein wenig leid für ihn. Dank meiner Kleidung dürfte der Sitz, auf dem ich Platz genommen hatte, ziemlich nass sein, was ich später mit einem großzügigen Trinkgeld entschuldigte.

Zu Hause zog ich mich um, machte mir eine heiße Schokolade und kuschelte mich neben meinen Hund auf mein Sofa.

Jetzt war ich wohl doch bei dem klischeehaften, trauernden Mädchen angekommen, das ihrem Freund hinterherjammert und nur noch Süßes essen kann. Ganz große Klasse aber auch!

Wenigstens mein Hund schien die ungewohnte Aufmerksamkeit in vollen Zügen zu genießen, da er sich an mich kuschelte, den Kopf auf meinen Schoß gelegt und leise schnarchend.

Seufzend schaltete ich den Fernseher an. Vielleicht konnte die Glotze mich ja irgendwie auf andere Gedanken bringen.

Auf andere Gedanken - oder wie sich herausstellte zum Schlafen, denn die Dokumentation über Tiere der Sahara war so langweilig, dass ich tatsächlich eingenickt sein musste. Als ich aufwachte, war es jedenfalls dunkel draußen. Karly war nicht mehr neben mir, irgendwann hatte er wahrscheinlich keine Lust mehr auf mich gehabt.

Verschlafen blinzelnd rieb ich mir die Augen, gähnte herzaft und wartete darauf, dass sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten.

Hätte ich wohl lieber nicht tun sollen, denn dann wäre ich auch nicht an einem halben Herzinfarkt gestorben, als ich seine Silhouette erkannte.

"Oh mein Gott, hab ich mich erschreckt", keuchte ich und zog kurz darauf die Augenbrauen zusammen. "Was zum Teufel tust du hier?!"

Langsam kam Louis näher und nun erkannte ich sein Gesicht, das mich wütend anfunkelte.

"Dasselbe könnte ich auch dich fragen. Was machst du noch in meinem Haus? Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst ausziehen?!"

Da wären wir also ...

"Entschuldige, dass ich in der kurzen Zeit noch nichts Neues gefunden habe", fauchte ich ihn aufgebracht an. Wieso verhielt er sich auf einmal so asozial?

"Dann geh doch in deine alte Wohnung zurück oder was weiß ich", grummelte er, doch ich schnaubte als Antwort.

"Ja. Der Vermieter war nämlich so freundlich und hat mir die Wohnung für mehrere Monate freigehalten, damit ich zurück kommen kann, wenn mein Job doch nicht so schön ist, wie ich gedacht hatte."

Wir starrten uns einige Sekunden wütend an.

"Und warum zur Hölle hockst du hier im Dunkeln in meinem Wohnzimmer, während ich schlafe?", fragte ich ungläubig weiter.

"Wollte dich nicht aufwecken", nuschelte er undeutlich.

"Aha", machte ich. "Und du sitzt hier nur zum Spaß mal im Dunkeln rum und beobachtest mich beim Schlafen, ohne mich aufwecken zu wollen, einfach nur, weil du gerade nichts Besseres zu tun hast? Und wo ist Karly? Warum hat das unnütze Vieh denn nicht gebellt?"

"Er kennt mich eben", antwortete Louis schulterzuckend. "Und ich hatte eigentlich gedacht, du bist schon weg."

"Oh, Verzeihung", meinte ich sarkastisch, "das bin ich aber nicht. Und dann setzt du dich einfach mal hier hin und guckst mir beim Schlafen zu, nach dem Motto 'Na, wenn sie eh noch da ist ...', oder wie? Das ist echt gruselig."

Er blieb mir die Antwort schuldig, drehte sich um und ging langsam in Richtung Haustür. Noch bevor er diese jedoch erreicht hatte, klingelte es. Was war denn hier los? Ich konnte mich nicht daran erinnern, irgendjemanden eingeladen zu haben.

Na dann, fröhliche Teeparty!

Schutzengel || l.t. ✓Where stories live. Discover now